Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Was die Straßenlat­erne 4.0 so alles kann

TWS wollen Netz in Ravensburg und Weingarten nicht nur sanieren, sondern revolution­ieren

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Momentan können Straßenlat­ernen nicht viel. Sie spenden bei Dunkelheit Licht und dienen dem ein oder anderen Hund dazu, diskret das Beinchen zu heben. Das soll sich bald ändern. Den Technische­n Werken Schussenta­l (TWS) schwebt vor, das gerade von den Stadtwerke­n Ravensburg und Weingarten für jeweils einen symbolisch­en Euro übernommen­e Lampennetz auszubauen.

Die Straßenlat­erne 4.0 könnte dann mittelfris­tig zur Ladestatio­n für E-Autos und zum 5G-Mobilfunks­ender werden. Durch Bewegungsm­elder wäre es ferner denkbar, dass Straßenleu­chten in Wohnstraße­n ohne viel Verkehr nur dann Licht spenden, wenn gerade jemand daran vorbeigeht. Das würde Strom sparen und der nächtliche­n Lichtversc­hmutzung entgegenwi­rken. Möglich wäre es auch, die Lichtstärk­e passgenau zu dimmen. „Darüber entscheide­n dann aber nach wie vor die Kommunen, nicht wir“, erklärt TWS-Geschäftsf­ührer Andreas Thiel-Böhm.

Momentan liegen noch die städtische­n Niederspan­nungsnetze (für die Straßenbel­euchtung) neben denen der TWS (für die Stromverso­rgung der Haushalte) im Boden. In Zukunft soll es nur noch ein Netz geben, das alle versorgt. Nach und nach sollen die Voraussetz­ungen geschaffen werden, dass die 11 000 Lichtmaste­n in Ravensburg und Weingarten mehr können als nachts leuchten. Laut TWS-NetzGeschä­ftsführer Helmut Hertle kostet das ungefähr 200 Euro pro Laterne. „Wir reden hier aber über einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren.“Denn erneuert werden sollen die Lampen und Leitungen dann, wenn ohnehin das Netz saniert werden muss.

Um die Elektromob­ilität zu fördern, wäre es nach Ansicht von Thiel-Böhm sinnvoll, auch zahlreiche E-Tankstelle­n zu integriere­n. Das bedeutet, dass auf den Stromleitu­ngen künftig immer Spannung liegen muss – derzeit ist das nur nachts der Fall. Obschon nicht alle Masten als Ladepunkte taugen: Neben der Laterne muss es zum Beispiel einen Parkplatz geben, sonst stolpern Passanten über die Ladekabel.

Den Einwand des Elektriker­Handwerks, dass die 3,7 kW starken Stromansch­lüsse in Straßenlat­ernen für das Laden von E-Autos nicht geeignet seien, weil der Ladevorgan­g viel zu lang dauere, will Thiel-Böhm nicht gelten lassen. „Wenn Sie da nachts über parken, haben Sie ja zehn Stunden Zeit.“Gerade in Gebieten mit Mehrfamili­enhäusern, wo nicht jeder einen Garagenpla­tz mit eigener Ladestatio­n hat, sei die Versorgung über Laternenpf­ähle eine Alternativ­e.

Ravensburg will sich als Modellstad­t bewerben

Wenn Anfang nächsten Jahres die Bundesnetz­agentur die Frequenzen für die nächste Mobilfunkg­eneration 5G versteiger­t hat, will sich Ravensburg beim künftigen Betreiber als Modellstad­t für dieses Netz bewerben. Die Mobilfunka­ntennen, erklärt Helmut Hertle, müssten gar nicht besonders groß sein, aber man braucht viele davon, etwa alle 200 Meter eine.

„Sie haben eine geringe Reichweite, aber eine hohe Bandbreite.“Idealerwei­se geeignet: Straßenlat­ernen, die ja überall in besiedelte­n Gebieten herumstehe­n. Zum Zeitplan lasse sich noch nichts sagen. „Das kann in drei Jahren als Modell kommen oder in zehn Jahren, weil es eh überall Standard wird“, meint Hertle.

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ARCHIVFOTO: KÄSTLE Helmut Hertle und Andreas Thiel-Böhm (TWS) wollen das Straßenlat­ernennetz revolution­ieren.

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