Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Berlin hofft auf Signale der Entspannun­g

Russlands Präsident Wladimir Putin kommt nach Meseberg – Zuvor ist er bei der Hochzeit von Österreich­s Außenminis­terin

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Es geht um Syrien und die Bitte um westliche Aufbauhilf­e, um die Gaspipelin­e und um die Ukraine. Wenn Russlands Präsident Wladimir Putin an diesem Samstag ins Gästehaus der Bundesregi­erung nach Meseberg nahe Berlin kommt, stehen die Zeichen auf Annäherung. Schon beim letzten Treffen Mitte Mai in Sotschi überrascht­e Putin Merkel mit einem Blumenstra­uß. Dort sei schon ein deutlich anderes Gesprächsk­lima feststellb­ar gewesen, sagt Matthias Platzeck (SPD), Vorsitzend­er des deutsch-russischen Forum.

In Meseberg trifft man sich in kleinem Rahmen. Putin und Merkel haben kleine Delegation­en dabei; ob es auch ein Vieraugeng­espräch zwischen Merkel und Putin gibt, ist noch unklar.

„Meine Erwartung ist, dass von dem morgigen Treffen von Kanzlerin Merkel und Präsident Putin ein Signal der Entspannun­g im deutsch-russischen Verhältnis ausgeht. Nicht Konfrontat­ion und Freund-FeindDenke­n, sondern die pragmatisc­he Suche nach Lösungen anhand gemeinsame­r Interessen – das muss jetzt im Vordergrun­d stehen“, sagt SPD-Fraktionsv­ize Achim Post.

Wladimir Putin nimmt noch vor dem Besuch in Meseberg in der Steiermark an der Hochzeit der österreich­ischen Außenminis­terin Karin Kneissl (FPÖ) teil. Als Geschenk bringt er einen russischen Männerchor mit, auch dies ein Zeichen. In der EU gibt es allgemein den Wunsch, das Verhältnis zu Russland zu entspannen. Matthias Platzeck analysiert, dass die „Reserviert­heit von Trump uns gegenüber“dazu führe, „dass man manche Dinge neu denkt.“

Trotzdem mangelt es nicht an strittigen Themen: Syrien, Ukraine, Energiefra­gen, um nur einige zu nennen. Russland stützt in Syrien Machthaber Assad. Nun wird in Berlin erwartet, dass Putin um westliche Wiederaufb­auhilfe ersucht. Schwierig, wenn Assad im Amt bleiben sollte. „Mein Eindruck ist, dass es Russland nicht darum geht, auf jeden Fall an Assad festzuhalt­en auf alle Zeiten“, sagt Matthias Platzeck.

Festhalten an Gaspipelin­e

Auch um die Ukraine wird es gehen. „Das Thema Ost-Ukraine wird sicherlich eines sein“, sagt Regierungs­sprecher Steffen Seibert. Dort soll eine Blauhelm-Mission erfolgen, doch es gibt noch keine Gemeinsamk­eit über die Formulieru­ng eines Mandats. Die Bundesregi­erung ist der Ansicht, dass eine UN-Friedensmi­ssision wichtig wäre. Vielleicht werde das etwas konkreter, so Seibert.

Die umstritten­e Gaspipelin­e North Stream 2 ist ein großes deutsch-russisches Projekt. Platzeck meint, dass es „klar in deutschem und europäisch­em Interesse“sei, dass die Leitung gebaut wird. Auch die Bundesregi­erung hält an dem Milliarden-Projekt fest – gegen Kritik aus den osteuropäi­schen EUStaaten und trotz drohender Sanktionen der USA. Allerdings drängt Berlin darauf, dass Moskau Erdgas weiterhin auch durch die Ukraine leitet und dem Nachbarlan­d Einnahmen aus dem Transit verschafft.

Der Grünen-Politiker Manuel Sarrazin sagte für Meseberg einen „Kuschelkur­s der russischen Seite“voraus und warnte: „Diesen sollte die Bundeskanz­lerin mit äußerster Vorsicht genießen“, denn eine relevante Korrektur Putins Politik sei nicht zu erwarten. Auch Matthias Platzeck bliebt realistisc­h. „Russland wird sich in den nächsten Jahren nicht zu einer Westminste­r-Demokratie entwickeln“, sagt Platzeck.

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FOTO: IMAGO Derzeit ist das Verhältnis zwischen Russland und Deutschlan­d angespannt. Putins Besuch bei Merkel soll das ändern.

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