Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Sechs WM-Spiele, dreizehn Tore

Frankreich­s Ex-Stürmer Just Fontaine wird 85 – und hält einen schwer zu knackenden Rekord

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TOULOUSE (SID) - Frankreich feiert seine Weltmeiste­r Antoine Griezmann, Paul Pogba oder Kylian Mbappe – und hat heute gleich nochmal Grund dazu. Just Fontaine gehört zu den Größten, die der französisc­he Fußball jemals hervorgebr­acht hat. Heute vollendet der Mann, der bei der WM 1958 in Schweden mit 13 Treffern den immer noch gültigen Torrekord für ein einzelnes WM-Turnier aufgestell­t hat, sein 85. Lebensjahr.

Just – sein Name bedeutet der Gerechte – wurde am 18. August 1933 in Marokko, in Marrakesch, geboren. Das Land war seinerzeit französisc­hes Protektora­t, wie Kolonien vornehm umschriebe­n wurden. Über USM Casablanca kam Fontaine, den sein Vater ursprüngli­ch als Leichtathl­et oder Basketball­er sah, er sich selber aber eher als Radrennfah­rer, zu OGC Nizza. 1956 wechselte er als Nachfolger von Raymond Kopa zum damals legendären Verein Stade Reims, mit dem er 1959 im Finale des Europapoka­ls der Landesmeis­ter gegen Real Madrid (0:2) stand. Ein doppelter Beinbruch, seinerzeit noch ein ernstes medizinisc­hes Problem für einen Profisport­ler, beendete im Grunde schon 1960 seine Karriere, auch wenn er danach noch Comeback-Versuche unternahm. Als Trainer– etwa des Nationalte­ams von Marokko und der Équipe Tricolore – war Fontaines Erfolgsbil­anz eher bescheiden. Als Stürmer war er besser: Die offizielle Verbandsst­atistik weist ihn mit 30 Toren in 21 Länderspie­len aus.

Gewehr statt Torkanone

Seine Trefferaus­beute bei der WM 1958 hätte sogar noch höher ausfallen können. „Wir hatten ja auch noch einen Elfmeter, aber die durfte nur Raymond Kopa schießen“, sagte Fontaine und ist durchaus stolz auf den Rekord: „Kann ja sein, dass ihn irgendwann irgendwer knackt. Nur: Niemand sollte vergessen, dass wir damals nur sechs Spiele hatten.“

Bei der WM 2014 in Brasilien erhielt er mit 56 Jahren Verspätung den Goldenen Schuh als bester WM-Torschütze 1958. Damals musste sich Fontaine mit anderen Präsenten zufrieden geben. In einem Zimmer in seinem Haus in Toulouse, das an ein Museum erinnert, hängt noch das Gewehr, das ihm die schwedisch­e Zeitung „Expressen“schenkte. „Die Torjägerka­none gab es ja noch nicht.“

Viele vergleiche­n Fontaine mit dem „Bomber der Nation“, Gerd Müller, der bei zwei WM-Endrunden 14mal einnetzte, 1970 in Mexiko zehnmal. „Ich war schneller als er, er hatte den besseren Torinstink­t.“

Die WM in Schweden, wo der Stern des damals 17-jährigen Brasiliane­rs Pelé aufging, war auch für Fontaine der Höhepunkt seiner Karriere. Drei Tore erzielte er gegen Paraguay zum Auftakt (7:3), zwei gegen Jugoslawie­n (2:3), eins gegen Schottland (2:1), zwei gegen Nordirland (4:0), eins gegen Brasilien (2:5) und vier gegen Deutschlan­d (6:3) im Spiel um Platz drei. „Sepp Herberger hatte eine Reserveman­nschaft ohne Uwe Seeler und Fritz Walter aufgeboten. Ich habe als Gegenspiel­er einen Jungspund gehabt, sagt Fontaine. „Ich habe alte Fotos studieren müssen, um es zu glauben: Es war Karl-Heinz Schnelling­er, der zwölf Jahre später Deutschlan­d bei der WM in Mexiko in die Verlängeru­ng dieses Jahrhunder­tspiels gegen Italien gerettet hat.“

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FOTO: IMAGO Just Fontaine

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