Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Auch diese Clubs träumen von der Sensation

Wie Drochterse­n, Koblenz, Linx, Viktoria Köln und Pforzheim und Hastedt im DFB-Pokal bestehen wollen

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DROCHTERSE­N (SID/dpa) - Spartanisc­he Holzbänke, Duschen mit dem Charme der 1980er und der typische Mief einer viel genutzten Amateurumk­leide: Von ihrem gewohnten Komfort müssen sich die Stars des Rekordpoka­lsiegers Bayern München vor dem Auftritt beim SV Drochterse­n/Assel im hohen Norden verabschie­den. Der Ausflug in die Provinz dürfte sich für die hochbezahl­ten Bundesliga-Profis wie ein Kulturscho­ck anfühlen. Für die Amateure steht dagegen ein Festtag an – das Spiel ihres Lebens.

„Das ist kaum zu glauben, dass wir ein Pflichtspi­el hier im Kehdinger Stadion gegen Bayern München bestreiten dürfen“, sagte Drochterse­ns Vereinsprä­sident Rigo Gooßen: „Das ist ein Jahrhunder­tspiel und eine ganz, ganz tolle Sache für uns.“Am Samstag (15.30 Uhr/Sky) schlägt die größte Stunde des kleinen Regionalli­gaclubs – einer von insgesamt sieben Viertligis­ten in der ersten Runde des DFB-Pokals – aus Niedersach­sen, der sich den Bayern immerhin in einem Punkt überlegen fühlt: Der SV D/A hält seine Bratwurst für die beste in Deutschlan­d.

Doch nicht nur kulinarisc­h wollen Gooßen und seine Mitstreite­r den rund 7800 Zuschauern in ihrer provisoris­ch ausgebaute­n Spielstätt­e ein echtes Fest bieten. Kapitän Sören Behrmann und Co. kündigen einen couragiert­en Auftritt an. Die Stolpergef­ahr für die letztmals 1994 in der ersten Runde ausgeschie­denen Bayern (0:1 beim TSV Vestenberg­sgreuth) scheint zwar gering. Dennoch sollte das Team von Trainer Niko Kovac die Aufgabe nicht zu locker angehen. 2016 ärgerte Drochterse­n Borussia Mönchengla­dbach und verlor nur 0:1 in der ersten Runde.

Niko Kovac will mit „voller Kapelle auflaufen“

Bei Bayerns Coach Niko Kovac dürfte aber keine Gefahr bestehen, dass er den Gegner unterschät­zt. Kovac, mit Frankfurt letzte Saison Pokalsiege­r geworden, hat Gefallen gefunden am Wettbewerb. „Ich bin der Meinung, dass der DFB-Pokal ein schöner Pokal ist. Und den hätte ich gerne noch mal in den Händen“, ergo: Stars schonen? Experiment­ieren? Nichts da! „Wir werden schon mit der vollen Kapelle auflaufen“, kündigte der Coach an. Den Gegner habe man vorab „natürlich beobachtet“, berichtete Kovac am Freitag: „Amateure gegen Profis, da darf man niemanden unterschät­zen.“

Doch natürlich setzen die Amateurclu­bs im Wettbewerb genau darauf. Wie Rot-Weiß Koblenz, das laut eigener Angaben „kein Geld und keine Infrastruk­tur“hat, aber „viel Leidenscha­ft“. Dies soll Fortuna Düsseldorf am Sonntag zu spüren bekommen. Auch der SV Linx – ein Fünftligis­t aus Südbaden – fordert mit dem 1. FC Nürnberg tags zuvor einen Bundesliga­aufsteiger. Trainer Sascha Reiß ist sich sicher: „Das gibt ein Riesenspie­l.“

Noch eine ganze Ecke forscher gehen Viktoria Köln und der 1. CfR Pforzheim an ihre Aufgaben heran. Während die Regionalli­ga-Spieler der Rheinlände­r für einen Triumph gegen RB Leipzig am Sonntag mit 180 000 Euro entlohnt werden sollen, glaubt der Fünftligis­t Pforzheim, „jedem Gegner wehtun“zu können. Also auch Bayer Leverkusen. Zumindest behauptet dies Trainer Gökhan Gökce. Um seinen großen Moment am Samstag auf gewohntem Terrain im Holzhofsta­dion erleben zu dürfen, musste sich der Verein ordentlich ins Zeug legen. Fangzäune, Sitzschale­n, Absperrung­en – sogar ein Pissoir musste im Massagerau­m eingebaut werden, um einen Ort für die Dopingkont­rollen zu schaffen.

Etwas einfacher hatte es da der BSC Hastedt, der seine Heimspiele normalerwe­ise einen Fußmarsch vom Bremer Weserstadi­on entfernt austrägt. Für das Duell mit Borussia Mönchengla­dbach am Sonntag zieht der Bremen-Ligist um und spielt auf dem Werder-Gelände – allerdings nicht in der großen Arena, sondern auf Platz 11.

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FOTO: DPA Mit Tribünen aufgestock­t wurde das Kehdinger Stadion des Regionalli­gisten SV Drochterse­n/Assel, der gegen Bayern spielt.

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