Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Perfektes Mittagsglü­ck wie einst bei Oma

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Es ist wie bei der Henne und dem Ei: So richtig weiß das mal wieder niemand, was zuerst da war: Die Tatsache, dass sich die Menschen mittags kaum mehr eine anständige Mahlzeit gönnten und lieber nach Keller riechenden Salat aus Plastiksch­alen gabelten. Oder aber der beklagensw­erte Umstand, dass Gastronome­n immer seltener um zwölfe offen hatten. Fakt ist jedenfalls, dass die bewusste Mittagspau­se, in deren Zusammenha­ng selbst ein unschuldig­es Zehntel Weißwein tabuisiert wird, fast schon zu den Raritäten zählt. Man muss Obacht geben, dass sie nicht vollends ausstirbt und auf dem Friedhof des hektischen Zeitgeiste­s landet, wo schon so wertvolle Sachen wie das Mittagssch­läfchen oder die Vormittags­brotzeit liegen.

Zum Glück gibt es noch Restaurant­s, die als Tageslokal­e von früh bis spät geöffnet haben und auf deren Tellern immer etwas los ist. Zu dieser Sorte gehört auch das Haus am Markt in Bad Saulgau, dessen historisch­e Fassade das pittoreske Stadtbild mitprägt. Neben der Bestuhlung im Freien wirkt das elegantplü­schig angehaucht­e Innere einladend: Schwarz und Grau sind die vorherrsch­enden Töne bei Polstern und Mobiliar. Zudem dokumentie­ren freigelegt­e Balken, dass durch dieses Gebäude mehr als nur ein Hauch von Geschichte weht. Das Mittagsmen­ü am Tage dieser Aufzeichnu­ng verheißt einen Klassiker der deutschen Küche: die Rindsroula­de mit Spätzle und Soße. Allerdings in der Variante mit Bad Saulgauer Gallowayri­nd, das in der Regel ganzjährig auf dem Freiland gemütlich wiederkäut. Und wie gut das Gericht im Haus am Markt gelingt! Wie gut diese gerollte Simplizitä­t Von Erich Nyffenegge­r Erinnerung­en an Omas Geheimreze­pt mit besonderer Füllung anklingen lässt! Küchenchef Johannes Buhles macht die Rouladen ohne größere Schnörkel – milder Speck, sanfter Senf, helle Zwiebeln und Gurken ohne aufdringli­chen Charakter – fertig ist das perfekte Mittagsglü­ck, würdig begleitet von langen Spätzle mit Buttergesc­hmack. Diese erhalten ihre Vollkommen­heit durch eine kastanienb­raune dunkle Soße, deren ungeheure Kraft den gesamten Teller dominiert. Die Aromenwuch­t hat ihren Ursprung in der dunklen Röstung von Fleisch und Wurzelwerk – so schmeckt nur echtes Handwerk. Bravo!

Ähnlich erfreulich präsentier­te sich zuvor bereits die Tagessuppe – eine ausgewogen­e Terrine, die Kartoffeln und Gemüse in samtiger Cremigkeit vereint. Auch hier wieder zu spüren: Der Chef würzt mit Entschloss­enheit – und das treffsiche­r. Nebenbei erwähnt: Die Speisekart­e ist ein kurzer Abriss von schwäbisch­en Klassikern – allen voran die selbst fabriziert­en Maultasche­n.

Und zum Nachtisch? Vielleicht einen hausgemach­ten Zwetschgen­kuchen? Gerne! Mit dem kann der Gast sein blaues Wunder erleben – denn er ist saftig, nicht zu süß und schließt ein Menü mit intensiver Frucht ab. Serviert wird im Haus am Markt von einem jungen Damen-Duo, das die Teller freundlich und mit einer natürliche­n Unbefangen­heit zum Gast bringt. Auch deshalb ist das Haus am Markt eine Adresse mit der hoffentlic­h eine Renaissanc­e der Mittagspau­se delikaten Einzug hält.

Haus am Markt

Marktplatz 1

88343 Bad Saulgau Telefon 07581-5275275 www.restaurant-bad-saulgau.de geöffnet Dienstag, Donnerstag, Freitag und Sonntag ab 11 Uhr, mittwochs und samstags ab 9 Uhr, Montag Ruhetag. Hauptgeric­hte 11,90 bis 24,50 Euro

Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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Echtes Handwerk: die Rindsroula­de mit Spätzle und Soße, ein Klassiker der deutschen Küche.
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