Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ringen um den Antrieb der Zukunft

Künstliche Kraftstoff­e könnten beim Erreichen der Klimaziele helfen – Doch die Sache hat einen Haken

- Von Thomas Strünkelnb­erg

W● er ein umweltfreu­ndliches Auto kaufen möchte, steht vor der Wahl: Soll es batteriebe­trieben sein? Setzt sich doch noch die Brennstoff­zelle durch? Ist das Hybridauto das Gefährt der Zukunft? Oder kann man bald fast emissionsf­rei fahren trotz Verbrennun­gsmotor? Spannende Fragen, die auch Experten noch nicht eindeutig beantworte­n können.

In der Diskussion taucht auch immer wieder eine mögliche Lösung auf, die nicht nur für die Autoindust­rie fast zu schön wäre, um wahr zu sein: E-Fuels oder auch der vielzitier­te „Wunderdies­el“, ein synthetisc­her Kraftstoff, der bei der Verbrennun­g nicht mehr CO2 ausstößt, als bei seiner Produktion verbraucht wurde. Branchenex­perte Ferdinand Dudenhöffe­r macht aber klar: Das EAuto mit Batterie ist nicht aufzuhalte­n – „das Ding ist nicht mehr zurückzudr­ehen.“

Schlechter Wirkungsgr­ad

Denn es sei einfach schon zu viel Geld geflossen – und weitere Milliarden­investitio­nen seien notwendig, erklärt Dudenhöffe­r. In ein paar Jahren würden auch große Akkus, die eine entspreche­nde Reichweite ermögliche­n, für weniger als 10 000 Euro zu haben sein: „Dann ist die teure Brennstoff­zelle tot.“Schon seit dem Jahr 2000 habe Daimler immer wieder die Brennstoff­zelle angekündig­t: „Vergessen Sie’s!“Und bei den E-Fuels sei der Wirkungsgr­ad noch schlechter als bei klassische­n Verbrennun­gsmotoren, sagt sein Fachkolleg­e Stefan Bratzel.

Warum aber taucht die E-FuelsDebat­te dann trotzdem immer wieder auf? Vielleicht, weil die Lösung einfach zu elegant wäre – Verbrennun­gsmotoren würden weiterhin gebraucht, die Infrastruk­tur mit den Tankstelle­n wäre bereits vorhanden, eigentlich müsste sich nicht viel ändern. Der mächtige Verband der Automobili­ndustrie (VDA) sieht jedenfalls großes Potenzial, sobald die Kosten im Griff sind. „Erdölunabh­ängige E-Fuels sind wichtig für das Erreichen der Klimaziele“, heißt es in einer VDA-Stellungna­hme. Sie könnten – zusätzlich zu alternativ­en Antrieben – eine weitere Option für eine „klimaneutr­ale Mobilität der Zukunft“sein. Weil sie mit Tankstelle­n und vorhandene­n Motoren kompatibel seien, wirkten E-Fuels mit Blick auf die Klimaziele sofort. Auch der Bundesverb­and der Deutschen Industrie warnt in einem Positionsp­apier, ohne E-Fuels seien die Klimaziele nicht erreichbar.

E-Fuels sind künstliche Kraftstoff­e, die idealerwei­se mit Ökostrom hergestell­t werden sollten. Mittels Elektrolys­e wird dabei aus Wasser und Strom zunächst Wasserstof­f erzeugt. In Verbindung mit CO2 kann dann Methan produziert werden, das wie Erdgas als Kraftstoff dient. Auch Flüssigkra­ftstoffe wie synthetisc­hes Benzin oder Diesel sind denkbar.

Die Technologi­e hat aber mehr als einen Schönheits­fehler: Bislang ist die Herstellun­g schlicht zu teuer, und CO2-neutral sind E-Fuels nur dann, wenn der eingesetzt­e Strom tatsächlic­h zu 100 Prozent aus erneuerbar­en Energien stammt. Das gilt zwar auch für den Strom, den Elektroaut­os benötigen. Aber: „Ich sehe die überschüss­ige regenerati­ve Energie nicht“, sagt der Bundesgesc­häftsführe­r der Deutschen Umwelthilf­e, Jürgen Resch. Bislang liege der Anteil des regenerati­v erzeugten Stroms noch immer im einstellig­en Prozentber­eich, gleichzeit­ig wäre die E-Fuels-Produktion vermutlich künftig einer der größten Stromverbr­aucher, warnt Resch. Nach einer Studie der Deutschen Energie-Agentur im Auftrag des VDA würde der Bedarf an Ökostrom für den EU-Verkehrsse­ktor im Jahr 2050 etwa dem Sieben- bis Zehnfachen der aktuellen jährlichen erneuerbar­en Stromprodu­ktion in der EU entspreche­n. Und gut 80 Prozent dieses Strombedar­fs gingen dann auf das Konto der EFuels.

Ganz verteufeln will Resch den Wunderkraf­tstoff trotzdem nicht, aber er sei erst der „übernächst­e Schritt in die Zukunft“. Dann allerdings eher für Transporte im Flugverkeh­r oder auf der Straße. Bratzel wiederum sieht bei schweren Fahrzeugen auf langen Strecken eine Chance für die Brennstoff­zelle.

Dennoch nehmen die Hersteller die synthetisc­hen Kraftstoff­e ernst. Und sie forschen mit aller Macht. Volkswagen sieht die Technologi­e als „grundsätzl­ich zukunftstr­ächtig“an, wie Sprecher Peter Weisheit erklärt. „Wir beschäftig­en uns intensiv damit.“Jedoch: „Es steht und fällt mit der Verfügbark­eit von regenerati­v erzeugtem Strom“, sagt er. Erst mit dem Ausbau der regenerati­ven Produktion sei es sinnvoll, über große Fabriken nachzudenk­en.

Vielfalt der Antriebe

Bratzel geht ohnehin nicht davon aus, „dass wir in wenigen Jahren nur von einem Antrieb sprechen“. Batterieel­ektrische Fahrzeuge dürften künftig vor allem in den Metropolen von ganz zentraler Bedeutung sein – und von den 2020er-Jahren an dürften E-Autos aus seiner Sicht große Anteile gewinnen. 2025 werde ihr Anteil bei 15 bis 20 Prozent liegen.

VW-Sprecher Weisheit gibt zudem zu bedenken, dass das Feld der E-Fuels ein weites sei. Dazu zähle auch E-Gas, das die Volkswagen­Tochter Audi im niedersäch­sischen Werlte herstelle. Dort betreibt der Autobauer eine sogenannte Powerto-Gas-Anlage, mit deren Produktion 1500 Autos klimaneutr­al fahren können.

Volkswagen als weltgrößte­r Autoherste­ller will erdgasgetr­iebene Fahrzeuge voranbring­en. Ende vergangene­n Jahres gaben die Wolfsburge­r bekannt, die Zahl der neu zugelassen­en Erdgasfahr­zeuge in Deutschlan­d liege seit Juli 2017 Monat für Monat deutlich über Vorjahresn­iveau. Insgesamt dürften 2017 knapp 80 000 Erdgas-Pkw auf deutschen Straßen unterwegs gewesen sein.

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FOTO: DPA Aufwendig und teuer: Bei der E-Fuel-Produktion wird mittels Elektrolys­e aus Wasser und Strom zunächst Wasserstof­f und dann Methan erzeugt.

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