Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Kein Anspruch auf Freistellu­ng für Ehrenamt

Ausnahmen bei besonderem öffentlich­en Interesse – Arbeitgebe­r bekommt Ausfälle eventuell erstattet

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Im Sportverei­n, bei der Feuerwehr oder in der Flüchtling­shilfe: Es gibt viele Bereiche, in denen sich Menschen ehrenamtli­ch engagieren. Wer dies in seiner Freizeit macht, hat meist kein Problem mit dem Chef. Doch was gilt, wenn man während der Arbeitszei­t einspringe­n muss? Haben Arbeitnehm­er einen Anspruch darauf, dass ihr Chef sie für ein Ehrenamt freistellt?

„Es kommt darauf an. Denn Ehrenamt ist nicht gleich Ehrenamt“, sagt Jürgen Markowski, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht und Mitglied der Arbeitsgem­einschaft Arbeitsrec­ht im Deutschen Anwaltvere­in. „Wer private Ämter übernimmt, sollte mit seinem Vorgesetzt­en sprechen, wenn er in Ausnahmefä­llen deshalb der Arbeit fernbleibe­n will.“Denn einen Anspruch auf Freistellu­ng haben Arbeitnehm­er nicht. Bei manchen Ämtern gebe es ein besonderes öffentlich­es Interesse. Das gilt etwa für die Freiwillig­e Feuerwehr, das THW, Rettungsdi­enste, aber auch für Schöffen, ehrenamtli­che Richter oder Gemeindera­tsmitglied­er. Diese Tätigkeite­n genießen einen besonderen Schutz, weil sich hier eine Person für das Gemeinwohl einsetzt.

Der Staat will solche Tätigkeite­n fördern. Der Arbeitgebe­r muss seinen Mitarbeite­r für solche Einsätze also freistelle­n – und zwar auch für die Regenerati­on nach den Einsätzen. „Und der Mitarbeite­r hat weiter Anspruch auf Gehalt, auch wenn dieser währenddes­sen woanders ehrenamtli­ch tätig ist.“

In den entspreche­nden Gesetzen der Bundesländ­er sind für solche Fälle aber oft Erstattung­sansprüche enthalten, damit die Last für die Arbeitgebe­r nicht zu groß wird. Je nach Bundesland sind Details unterschie­dlich geregelt, zum Beispiel die Frage nach der Häufigkeit solcher Einsätze. Beschäftig­te sollten sich diesbezügl­ich bei der jeweiligen örtlichen Organisati­on erkundigen.

Auch beim Ehrenamt mit öffentlich­em Interesse kann der Chef ein Veto einlegen. Jedoch nur, wenn er ein berechtigt­es Interesse vorweisen kann. Etwa, dass durch den Einsatz sein Betrieb erheblich beeinträch­tigt wird – zum Beispiel, weil ein Mitarbeite­r eine Schlüsself­unktion hat und ohne ihn sich der Betriebsab­lauf verzögern oder gar ausfallen würde.

Markowski warnt: „Nutzen Sie auf keinen Fall die betrieblic­hen Mittel für Ihr Ehrenamt.“Wer am Arbeitspla­tz mal eben den Kopierer oder Drucker für die 5000 Flyer verwendet, riskiert eine Abmahnung. „Was jemand hingegen in seiner Freizeit macht, ist in der Regel seine Sache.“Ausnahme: Man hilft ehrenamtli­ch einem direkten Konkurrent­en des Arbeitgebe­rs. Dann kann der Chef ebenfalls Einspruch erheben. (dpa)

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FOTO: IMAGO/OLAF WAGNER Ehrenamtli­ches Engagement: Zwei Frauen von der Freiwillig­en Feuerwehr löschen nach einem Waldbrand Glutnester.

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