Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Manz: „Brauchen beim Bauen mehr Gemein- und weniger Eigensinn“
Beigeordneter Thomas Manz äußert sich zur Kritik von Mittelurbachs Ortsvorsteher Franz Spehn zur schleppenden Ausweisung von Wohngebieten
BAD WALDSEE (saz) - Seinem Ärger über die schleppende Ausweisung neuer Wohngebiete und die fehlende Überbauung von Baulücken hat Stadtrat Franz Spehn in der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause Luft gemacht. Als Ortsvorsteher von Mittelurbach gerate er zunehmend zwischen die Fronten von Bauwilligen, die keinen Grund finden, und Eigentümern, die kein Land hergeben wollten, obwohl dies gesellschaftlich notwendig sei. Seiner Ansicht nach sollte die Stadtverwaltung aktuell vor allem die acht Grundstücke in Mennisweiler erschließen, die seit Jahren Thema seien. Für die SZ hakte Sabine Ziegler bei Thomas Manz nach, dem Ersten Beigeordneten der Stadt Bad Waldsee.
Ortsvorsteher Spehn kritisierte in öffentlicher Sitzung, dass es beim geplanten Wohngebiet planerisch nicht vorangehe. Woran liegt das, und wann ist mit der Erschließung zu rechnen?
Solche Klagen sind zwar öffentlichkeitswirksam, sie helfen aber in der Sache nicht weiter. Man kann auch das direkte Gespräch mit der Stadtverwaltung suchen, um Antworten zu bekommen. Das geht einfacher und schneller.
„Einfacher und schneller“wäre aus Sicht der Ortschaft auch bei der genannten Erschließung wünschenswert ...
Mit der Erschließung dieser Baugrundstücke ist in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Grund dafür ist eine notwendige Beseitigung des Regenwassers aus dem Baugebiet sowie aus den Außeneinzugsgebieten. Seit 1999 versuchen wir seitens der Stadt in Mennisweiler Flächen für diesen Zweck zu erwerben – leider erfolglos! Dies ist und war auch dem Ortsvorsteher bekannt.
Kritisiert wird, dass eine vom städtischen Tiefbauamt vor über einem Jahr anvisierte Bürgerversammlung in Mennisweiler bis dato nicht zustande gekommen sei. Wo klemmt’s da?
In Mennisweiler gab es in den letzten Jahren immer wieder Überflutungen durch Starkregenereignisse. Bereits seit 1999 gibt es eine Grobkonzeption zur gefahrlosen Ableitung und Beseitigung von Oberflächenwasser aus dem Einzugsgebiet oberhalb des Panoramaweges. Diese wurde damals auch im Ortschaftsrat vorgestellt. Aber wie bereits von mir erwähnt wurde, sind seitdem nahezu alle dafür notwendigen Grundstücksverhandlungen ergebnislos verlaufen.
Bei einer Bürgerversammlung könnten die Argumente ausgetauscht werden zwischen Bauwilligen, Grundstückseigentümern und dem zuständigen Bauamt?
Inwiefern eine solche Versammlung hier Sinn machen sollte, erschließt sich mir noch nicht. Kommunale Entwicklung erfolgt für Straßen, Bau- und Gewerbegebiete sowie für Radwege zum Teil immer über die Verfügbarkeit von Flächen. Nicht umsonst weist das Grundgesetz in Artikel 14 Absatz 2 ausdrücklich darauf hin, dass Eigentum auch verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Ich frage mich: Tut es das noch?
Wohnungsnot und überteuerte Mieten besitzen gesellschaftlichen Sprengstoff. Deshalb möchte der Ortsvorsteher den Komplex „Bauen - Wohnen - Mieten in Mittelurbach“öffentlich diskutiert haben, um den Bürgern Zugang zu Informationen zu verschaffen. Das ist doch nicht falsch, oder?
Die Ortschaft kann auch in einer öffentlichen Sitzung des Ortschaftsrates bei einer Bürgerfragestunde die Anliegen zu diesem Themenkomplex aufnehmen. Wenn einzelne Grundstückseigentümer Fragen zu Baulücken haben, können sie diese gerne an den städtischen Fachbereich Bau (Abteilung Baurecht) richten. Was soll die Diskussion in einer Bürgerversammlung bringen? Soll hier eine Front zwischen Wohnungssuchenden und Grundstückseigentümern aufgebaut werden?
Das ist sicherlich nicht das Anliegen von Franz Spehn. Aber wie könnte die Stadt Bad Waldsee tätig werden, damit zügiger gebaut und vermietet wird in der Kernstadt und den fünf Ortschaften?
Die Bereitstellung von Wohnraum hat doch eine gesamtgesellschaftliche Relevanz und kann nicht darauf verkürzt werden, was eine Kommune tun kann oder tun muss. Wir in Bad Waldsee versuchen aber, mehr Wohngebiete auszuweisen und baurechtlich nicht nur Einfamilienhäuser zuzulassen, sondern auch Bereiche zu schaffen für den Geschosswohnungsbau.
Gelingen diese „Versuche“denn auch?
Ja, aber dazu brauchen wir verfügbare Flächen, schnellere Planungsverfahren und kürzere Umsetzungszeiten, eine Reduzierung der Standards sowie mehr Gemein- und weniger Eigensinn beim Bauen.