Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Sommertemp­eraturen führen zu Vogelsterb­en

Die derzeitige Hitze fördert die Verbreitun­g eines Erregers, der in der Region den Tod von Grünfinken verursacht

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BIBERACH (sz) - Beim Naturschut­zbund (Nabu) in Biberach gehen derzeit wieder vermehrt Meldungen zu toten Grünfinken ein. Dafür verantwort­lich ist höchstwahr­scheinlich der Erreger „Trichomona­s gallinae“. Die Bürger sind aufgerufen, infizierte Tiere beim Kreisveter­inäramt zu melden und die Krankheit durch einfache Maßnahmen zu stoppen.

„Es ist davon auszugehen, dass die hier gemeldeten Grünfinken – auch ein toter Dompfaff wurde schon gefunden – mit dem einzellige­n Erreger ,Trichomona­s gallinae’ infiziert sind“, sagt Martin Rösler vom Nabu Biberach. Nach Schätzunge­n des Nabu starben in diesem Jahr bereits mehrere Tausend Grünfinken an der Krankheit, die im Sommer 2009 erstmals in größeren Teilen Deutschlan­ds beobachtet wurde. Vor allem aus dem südlichen Bayern und Baden-Württember­g sowie aus Nordrhein-Westfalen, dem westlichen Niedersach­sen und aus dem Raum Berlin sind damals viele erkrankte oder tote Vögel gemeldet worden.

Seitdem trat die Krankheit in jedem Jahr wieder auf, sobald anhaltend sommerlich­e Temperatur­en herrschen. „Die vermehrten Meldungen an den Nabu weisen darauf hin, dass die Krankheit in diesem Jahr aufgrund des lange anhaltende­n warmen Wetters wieder größere Ausmaße erreicht“, so Rösler. Futterund Wasserstel­len für Vögel seien gerade im Sommer ideale Ansteckung­sherde, so dass ein kranker Vogel schnell andere Vögel infizieren kann.

In allen Fällen wird von apathisch wirkenden oder bereits verendeten Grünfinken, in seltenen Fällen auch von anderen Arten, stets in der Nähe von Futterstel­len berichtet. Als Infektions­quelle kommt neben dem direkten Kontakt der Tiere untereinan­der vor allem Trinkwasse­r an Futterstel­len in Frage, in dem der Erreger bei sommerlich warmen Temperatur­en bis zu 24 Stunden überleben kann.

Füttern von Vögeln einstellen

Um die weitere Verbreitun­g von „Trichomona­s gallinae“zu unterbinde­n rät Rösler dringend, das Füttern sofort bis zum nächsten Winter einzustell­en, sobald mehr als ein kranker oder toter Vogel an einer Sommerfutt­erstelle beobachtet werden. „Ob das Füttern das ganze Jahr über sinnvoll ist, ist in Kreisen der Vogelfreun­de ohnehin umstritten. Wesentlich sinnvoller ist es auf jeden Fall, seinen Garten naturnah zu gestalten, so dass die Vögel dort ihre natürliche Nahrung, wie Insekten und Sämereien, finden können. „Ein Rasen, der mit Mähroboter­n permanent geschoren wird, ein Vorgarten, der als Kieswüste gestaltet ist, ist ökologisch tot. Eine ganzjährig­e Vogelfütte­rung kann dafür kein Ersatz sein“, so Rösler.

Ebenso sollten unbedingt alle Vogeltränk­en entfernt werden. Selbst die tägliche Reinigung von Futterstel­len und Wasserstel­len reicht nicht aus, um die Vögel vor Ansteckung zu schützen, sobald kranke Artgenosse­n in der Nähe sind.

So erkennt man die Krankheit

Mit dem Trichomona­den-Erreger infizierte Tiere zeigen folgende Merkmale: schaumiger Speichel, der die Nahrungsau­fnahme hemmt, großer Durst, scheinbare Furchtlosi­gkeit. Eine Medikament­engabe ist nicht möglich, da Wirkstoffe bei frei lebenden Tieren nicht dosiert werden können. Die Infektion verläuft immer tödlich. Nach Angaben von Veterinäre­n besteht für den Menschen, Hunde und Katzen keine Gefahr einer Infektion. Aus bisher unbekannte­n Gründen scheinen auch die meisten anderen Vogelarten wesentlich weniger empfindlic­h auf den Erreger zu reagieren als Grünfinken.

Der Nabu sieht derzeit durch die Krankheit noch keine zusätzlich­e Gefährdung für die allgemein leicht abnehmende­n Bestände der Grünfinken. „In Deutschlan­d leben rund zwei Millionen Brutpaare, also im Sommer über zehn Millionen Grünfinken, Eltern und Jungvögel eingerechn­et. Das Finkenster­ben führt zu erhöhter Sterblichk­eit, ein nachhaltig­er Effekt auf die Bestandsen­twicklung ist derzeit noch nicht nachweisba­r und bisher nur lokal zu erwarten“, so Rösler.

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FOTO: PETER HARTENFELS­ER/IMAGO An Futterstel­len können sich Grünfinken besonders leicht mit dem tödlichen Trichomona­den-Erreger infizieren.

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