Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Betreiber: Auflagen gefährden Wasserkraf­tanlagen

Kleinkraft­werke in Weingarten produziere­n grünen Strom – Wie der Betreiber gegen Bürokratie kämpft

- Von Günter Peitz

WEINGARTEN - Seit 25 Jahren produziert der gebürtige Weingarten­er Adelbert Hall grünen Strom, gewonnen durch die Wasserkraf­t der Scherzach. Der 78-jährige gelernte Maschinenb­autechnike­r, der 30 Jahre lang bei Escher Wyss in Ravensburg im Turbinenba­u arbeitete, hat genau ausgerechn­et, wie viel seine beiden Kleinkraft­werke am Ortsausgan­g von Weingarten in Richtung Schlier an der Laurastraß­e in den vergangene­n zweieinhal­b Jahrzehnte­n erzeugt haben, nämlich insgesamt 14 Millionen Kilowattst­unden. Rund 6000 Tonnen umweltschä­dliches CO2 hat er dabei eingespart – eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. Gleichzeit­ig berichtet Hall von vielen Steinen, die ihm die Bürokratie in den Weg legt. Sein Berufskoll­ege Julian Aicher sieht durch einen Erlass des Umweltmini­steriums gar zwei Drittel der kleineren Wasserkraf­tanlagen im Land gefährdet.

Mit 15 Prozent seiner Jahresprod­uktion an umweltfreu­ndlicher Energie versorgt Adelbert Hall 20 Handwerksb­etriebe, die als Gewerbepar­k Sontheimer bekannt sind, benannt nach einem Unternehme­r, der 1867 dort eine Hanf- und Seilspinne­rei gegründet hatte und schon damals auf die Wasserkraf­t der Scherzach setzte, von der er einen Teil des Wassers über einen 1560 Meter langen Werkskanal abzweigte. 85 Prozent seines Ökostroms speist Hall ins Netz der EnBW ein, die ihm die Kilowattst­unde mit 11,67 Cent vergütet. Auf die Frage, ob man auf diese Weise reich werden kann, winkt er ab: „Reich wird man dabei nicht, aber es ersetzt ein Einkommen. Man darf allerdings die Stunden nicht zählen, die man da investiere­n muss.“Und man muss nicht nur über das technische Wissen und Können verfügen, sondern auch über enormes Stehvermög­en, um sich gegen die Bürokratie zu behaupten. Fast nur Prügel in Form immer neuer Auflagen seien ihm von den zuständige­n Behörden in den vergangene­n 25 Jahren zwischen die Beine geworfen worden, resümiert er. „Ich könnte einen Roman mit 1000 Seiten darüber schreiben.“

Julian Aicher, der für die ÖDP im Ravensburg­er Kreistag sitzt, in Leutkirch-Rotismühle ebenfalls so ein kleines Wasserkraf­twerk betreibt und auch ein Lied davon singen kann, dass es die „Ökokraten“den Betreibern kleiner Wasserkraf­twerke alles andere als leicht machen, hat Adelbert Hall bereits mehrfach ermuntert, die Buchidee in die Tat umzusetzen. Aicher ist Pressespre­cher

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FOTO: GÜNTER PEITZ 70 Jahre alt ist die Francistur­bine von Escher Wyss. In einem der beiden Kleinkraft­werke von Adelbert Hall an der Scherzach läuft sie noch immer störungsfr­ei.

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