Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Nicht die Zeit für Ressentiments
Mit Händen und Füßen haben sich die Weingartener in den 1970er-Jahren dagegen gewehrt, erneut nach Ravensburg eingemeindet zu werden. Wie schon einmal von 1939 und 1946. Zu tief verliefen die Gräben zwischen den rivalisierenden Städten. Ressentiments kochen auch im 21. Jahrhundert immer mal wieder hoch. Zuletzt, als es Anfang der 2000er die Überlegung gab, zumindest die Polizeireviere zusammenzulegen.
Dabei macht Zusammenarbeit und auch Verschmelzung kommunaler Aufgaben in vielen Bereichen Sinn. Wer bei starkem Schneefall über die alte B 30 fährt, wundert sich, wie unterschiedlich die Straßenbedingungen sind. In Ravensburg ist längst gestreut, in Weingarten kämpft man sich durch tiefen Schneematsch. Weil bislang der jeweilige Bauhof an der Stadtgrenze haltmacht. Das ist gefährlich und teuer.
In einer globalisierten Welt sollte es möglich sein, dass direkte Nachbarn ihre wichtigsten kommunalen Aufgaben bündeln. Neben ÖPNV, Energie und Wasserversorgung gibt es viele weitere Bereiche, bei denen das funktionieren sollte: Bäder und Bauhöfe sind nur zwei Beispiele. Auch die Kulturarbeit (zum Beispiel Abotheater und Volkshochschulen) würde von einer gemeinsamen Programmgestaltung profitieren. Der Weingartener bliebe Weingartener, der Ravensburger Ravensburger. Denn Identität macht sich nicht daran fest, aus welcher Stadt der Winterdienst kommt, der die Straße freiräumt. Hauptsache, man kann sicher darauf fahren.