Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Klöckner präsentier­t ihr Hilfspaket für Bauern

Landwirtsc­haftsminis­terin erklärt Trockenhei­t zu Ereignis von nationalem Ausmaß – 340 Millionen sollen fließen

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Eigentlich strahlt sie fast immer. Selbst dann, wenn sie im Stress ist. Und das ist Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner zur Zeit. Denn Bauernpräs­ident Joachim Rukwied hat vor drei Wochen bereits eine große Zahl in den Raum gestellt: Eine Milliarden Hilfe für die Landwirtsc­haft sei nötig, so Rukwied. Die sonst immer zuvorkomme­nde Ministerin demonstrie­rte da, dass sie auch Zähne zeigen kann: Erst einmal warte man die Erntebilan­z ab, sagte sie sehr bestimmt. Die ist jetzt da, und Klöckner sagt rund 340 Millionen Euro Hilfe von Bund und Ländern gemeinsam zu.

Kein Zweifel, es handelt sich um eine große Krise für die Landwirtsc­haft. Daher wurde die neue Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner aus den eigenen Reihen auch schon leicht in die Richtung gedrängt, den Bauern zu helfen. Man solle nicht kleinlich sein, hatte Unions-Fraktionsc­hef Volker Kauder geraten.

Auch Bauernpräs­ident Rukwied, der selbst einen Hof bei Heilbronn hat, drückte aufs Tempo. Man müsse das Wort „Missernte“verwenden, sagte er, und er habe deshalb die Bundesregi­erung aufgerufen, den nationalen Notstand auszurufen.

Das ist jetzt geschehen. Klöckner wiederholt­e aber bei ihrer Pressekonf­erenz im Landwirtsc­haftsminis­terium noch einmal, warum man auf ihre Entscheidu­ng lange warten musste. „Das kann man nicht aus dem Bauch heraus tun“, schließlic­h komme die Hilfe aus Steuergeld­ern. Da sei es wichtig, dass man Zahlen, Daten und Fakten hat. Auch wenn es noch vorläufige Zahlen sind, so stehe für sie jetzt doch fest, dass die Auswirkung­en der Trockenhei­t deutlich sind. Jeder 25. landwirtsc­haftliche Betrieb in Deutschlan­d sei nach Einschätzu­ng der Länder so sehr betroffen, dass er in seiner Existenz gefährdet ist.

Es soll aber kein Gießkannen­prinzip geben, sondern Hilfe für jeden einzelnen Betroffene­n. Als Kriterium für die Hilfe gilt, dass ein Betrieb mindestens 30 Prozent Ertragsrüc­kgang hat und dass er in seiner Existenz gefährdet ist. Die Prüfung der Bedürftigk­eit soll alleine bei den Ländern liegen.

Wünschen kann man sich viel

Klöckner beziffert die Schäden insgesamt auf 680 Millionen Euro. Die Hälfte davon soll aus Hilfsgelde­rn ersetzt werden. Der Bund will Hilfen in einem Korridor von 150 bis 170 Millionen Euro gebe – vorausgese­tzt, dass die Länder den gleichen Bedarf aufbringen. Absoluten Vorrang haben für Klöckner jetzt die viehhalten­den Betriebe, deren Anträge zuerst bearbeitet werden sollen. Am nächsten Montag will sich Klöckner hierzu mit den Ländern treffen. Klöckner geht davon aus, dass die Zusammenar­beit mit den Ländern gut funktionie­ren werde. Es habe schon Vorgespräc­he gegeben. Bauernpräs­ident Joachim Rukwied begrüßte das Signal aus Berlin, auch wenn er die Schäden inzwischen bei drei Milliarden ansiedelt. Klöckner nicht. „Auch ich habe in meinem Garten Schäden“, meint sie. Bei drei Milliarden seien die allgemeine­n Trockenhei­tsschäden aufgeführt. „Wünschen kann man sich ja viel“, fügt sie streng hinzu. Julia Klöckner ist selbst eine Winzertoch­ter aus Rheinland-Pfalz. Auf die Frage einer Journalist­in, ob die Bundesregi­erung künftig bei anhaltende­m Regenwette­r auch Biergarten­inhaber unterstütz­e, zieht sie eindeutige Trennlinie­n: Die Landwirtsc­haft sei „nicht irgendeine Branche“. Um Landwirt und Bauer zu sein, müsse man ein hohes Stück Idealismus haben und in Generation­en denken. Es gehe auch darum, dass bei der jungen Generation das Interesse bleibe, die Betriebe fortzuführ­en und damit für regionale Produkte zu sorgen.

Dass die Landwirtsc­haft selbst auch die Emissionen mit verursacht, die zu Klimaverän­derungen führen können, weiß Klöckner. Aber sie erinnert daran, dass die Landwirtsc­haft insgesamt zu sieben Prozent an Emissionen beteiligt sei, „das kann besser werden“, aber es liege weit unter den Emissionen im Energieund Verkehrsse­ktor.

Wie man sich im Zuge des Klimawande­ls besser auf Ernteschäd­en vorbereite­t, dazu gibt es drei verschiede­ne Modelle. Davon, dass der Staat die Bauern bei Mehrgefahr­enversiche­rungen unterstütz­t, wie der baden-württember­gische Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU) es fordert, hält Klöckner weniger. Das Geld lande bei den Versicheru­ngen. Dass man steuerfrei­e Risikorück­lagen bildet, auch ein Vorschlag aus Baden-Württember­g, ist ein zweites Modell. Klöckner verspricht sich am meisten von einer Gewinnglät­tung, die aber bei der EU liege.

Erste Bewährungs­probe

Auf jeden Fall will Klöckner bei der Agrarminis­terkonfere­nz im Herbst alle Modelle diskutiere­n. In einer seltenen Allianz sprachen sich schon Linke und FDP gleicherma­ßen für steuerfrei­e Risikoausg­leichsrück­lagen für Landwirte aus.

Die Regulierun­gen der Dürreschäd­en und die daraus zu ziehenden Konsequenz­en gelten als erste große Bewährungs­probe für die 45jährige Klöckner, die seit fünf Monaten im Amt ist. Erfahrunge­n in dem Ministeriu­m bringt sie mit, denn sie war bereits von 2009 bis 2011 als Parlamenta­rische Staatssekr­etärin im Bundesmini­sterium für Ernährung, Landwirtsc­haft und Verbrauche­rschutz tätig, bevor sie in ihre Heimat Rheinland-Pfalz zurückkehr­te, um an der Spitze der CDU die Landtagswa­hl zu bestreiten. Ihr Wahlziel, die SPD-Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer abzulösen, erreichte sie nicht. Dafür aber holte Angela Merkel die in ihrer Partei sehr beliebte Klöckner in ihr Kabinett.

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FOTO: DPA Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner (CDU) sagt rund 340 Millionen Euro Hilfe von Bund und Ländern zu.

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