Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Leben der Bienen ist kein Honigschlecken
Gelb gestreifte Tierchen müssen sich ständig aufs Neue anpassen
● BETTELHOFEN - Bienen gelten nicht nur als besonders fleißig, sondern auch als Schwerstarbeiter, die sich Jahr für Jahr, immer wieder aufs Neue an die unterschiedlichsten Witterungsverhältnisse anpassen müssen. Ein Umstand, der sich stets auf die Menge und Qualität der Honigernte auswirkt. Unterschieden wird in der Region zwischen Frühjahrs-, Sommer- und Waldhonig.
So berichtet Bienenliebhaber und Imker Hellmut Hirt aus Bettelhofen über ein erfreuliches Ergebnis über den reichhaltigen Frühjahrshonig, den die kleinen Tierchen aus etwa 240 verschiedenen Pflanzen, angefangen von der Kirschblüte bis hin zum Löwenzahn und über den Weißdorn bis hin zur Lindenblüte in zahlreichen Flügen zusammengetragen hätten. „Das hat heuer wetterbedingt gut geklappt, da es im Mai kein Nachtfrost gab und die Blüten somit alle befruchtet werden konnten“.
Der Sommerhonig dagegen, der normalerweise nach dem ersten oder zweiten Grasschnitt kommen würde und unter anderem aus dem Nektar von den Pflanzen Bärenklau und Weißklee über die Phacelia bis hin zum Borretsch reichen würde, sei schwächer ausgefallen, was allerdings nicht unbedingt eine Folge des Klimas gewesen sei, sondern viel mehr, der Tatsache eines zu frühen Abmähens schulden würde. „Es wurde nachgewiesen, dass Stadtimker in Berlin, Hamburg oder München, mehr Sommerhonig erzeugen als wir, da die Bienen in großen Parks oder sogar auf Friedhöfen in den Großstädten mehr Blüten finden, als hier“, sagte Hirt. Durch das frühe Beseitigen der Blüten in der Region, würde für die Insekten nur noch ein begrenztes Nahrungsangebot zur Verfügung stehen.
Dadurch seien die kleinen Tierchen gezwungen, anderweitig auf Nahrungssuche zu gehen und oftmals im Wald auf Überreste von Lecanien (Waldläuse) treffen, die ihren unverdauten süßen Saft auf Fichtenzweigen ablegen würden. „Unsere Bienen finden bei der Nahrungssuche diese Leckerei, nutzen und verdichten dieses Angebot“, so der Experte. Daraus würde ein Honig entstehen, nämlich der sogenannte Waldhonig, der neben dem Frühjahrshonig sowie dem Sommerhonig in der Region Gang und Gäbe sei. „Sortenhonig mit einer Vermischung aus Lavendel oder Kastanien gibt es, wie vielfach in der Bevölkerung angenommen, nicht“, so Hirt.
Das Geheimnis des Zementhonigs
Eine Besonderheit würde heuer die sogenannte rotbraun gefiederte Fichtenrindenlaus darstellen, die unter anderem verantwortlich für den Melezitosehonig, auch Zementhonig genannt, ist – ein Honig, der durch seinen drei- bis fünffach höheren Zuckergehalt gegenüber anderen, nur schwer aus den Waben zu lösen sei. „Es wird vermutet, dass diese LausArt durch das warme Klima zu besseren Lebensbedingungen gekommen ist und sich dadurch besser verbreiten kann“, so der Imker. Einen Vorteil habe dieser Honig jedoch: „Meines Erachtens stellt dieser Honig eine große Rolle in der Naturmedizin dar, da er eine große Heilwirkung für den geschädigten Darm aufweist“. Es gäbe dabei aber auch einen großen Nachteil für die Bienen: „Wenn der Imker diesen Honig aus den Waben nicht entnimmt, dann kann es passieren, dass die Insekten über den Winter sterben müssen, da sie an keine Nahrung mehr herankommen. Das heißt, wenn ein Imker nicht aufpasst, kann es ihm passieren, dass er im Frühjahr keine Völker mehr hat“, erklärte Bienenfreund Hirt.
Apropos Biene: Um ein 250Gramm Gläschen Honig zu produzieren müssen laut Hirt etwa 160 Bienen bei einer Geschwindigkeit von etwa 15 Stundenkilometern etwa 40 000 Kilometer fliegen. Das entspricht einer Leistung, der einem Flug um den Äquator entspricht. „Danach sind die Bienen erschöpft“, so der Experte, der sich nach wie vor als Anfänger bezeichnet, da ihn jedes Bienenjahr vor eine neue Herausforderung stellen würde.