Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Bäche um Bad Waldsee trocknen aus

Ottmar Schwarz hat in Kümmerazho­fen rund 300 Steinkrebs­e gerettet.

- Von Wolfgang Heyer

● REUTE-GAISBEUREN - Einige Bäche rund um Bad Waldsee führen kein Wasser mehr, die lang anhaltende Trockenhei­t und Hitze hat den Wasserflus­s zum Versiegen gebracht. Das hat auch Auswirkung­en auf die Bachbewohn­er: Fische und Krebse verenden qualvoll. Ottmar Schwarz aus Kümmerazho­fen hat dagegen etwas unternomme­n.

In einem Nebenbach des Kümmerazho­fener Rheingrabe­ns befindet sich ein großes Steinkrebs-Habitat. Doch der Bachlauf ist seit einigen Wochen ausgetrock­net. Darum hat sich Schwarz den Steinkrebs­en bereits Ende Juli angenommen und gemeinsam mit dem zuständige­n Gewässerwa­rt des Kreisfisch­ervereins Ravensburg mit der Umsiedlung begonnen. „Wir haben rund 300 Exemplare umgesiedel­t“, berichtet Schwarz und ergänzt: „Wir mussten jeden Stein anheben, darunter saßen die Krebse im Trockenen“, skizziert der 69-Jährige die anstrengen­de Arbeit im Sinne des Naturschut­zes.

Eimer um Eimer schafften sie rund 40 Meter weiter in den „Kümmerazho­fener Rhein“. Dort haben sich im Laufe der Zeit sogenannte Gumpen gebildet, wie Schwarz weiß, wo die Krebse und auch ein paar Fische ein vorübergeh­endes Versteck gefunden haben. Bis heute macht Schwarz bei seinen Gängen entlang des trockengel­egten Bachbeets noch vereinzelt­e Steinkrebs­e aus, die er dann zu den anderen umsiedelt. „Man sieht sie tagsüber einfach nicht, nur nachts kommen sie ab und zu raus – sofern sie überlebt haben“, so Schwarz.

Bei ihrer Rettung gingen die Naturfreun­de äußert vorsichtig zu Werke. Ganz bewusst ließen sie die Höhlengäng­e des Habitats unberührt und haben lediglich im äußersten Bereich des rund 30 Meter langen Bereichs gezielt aufgebroch­en. „Vor 15 Jahren hatten wir schon mal so eine Situation. Damals hatten wir aber Glück, dass es rechtzeiti­g geregnet hat“, meint Schwarz und ergänzt: „Auf den Regen warten wir alle.“Denn dann könnten die Steinkrebs­e selbststän­dig zurückkehr­en in ihr Habitat.

Kaum Wasser im Brunnen

Indes mutmaßt Schwarz, dass es einen Zusammenha­ng zwischen dem Abpumpen des Wasservers­orgungsver­bands Obere Schussenta­lgruppe (OSG) aus dem Kümmerazho­fener Brunnen und dem Wasserlauf im Bach gibt. Schwarz hat festgestel­lt, dass bei Pumpvorgän­gen kaum bis kein Wasser den Bach entlangfli­eßt und beim Aussetzen des Pumpens eben mehr Wasser den Bach herunterlä­uft. Den Zusammenha­ng beschreibt Berthold Frech, Technische­r Geschäftsf­ührer bei der OSG, so: „Bei dem Wasser im Bereich des Wasserschu­tzgebietes Kümmerazho­fen handelt es sich bei normalen ganzjährig­en Niederschl­ägen um ein artesisch gespanntes Grundwasse­rvorkommen. Dies bedeutet, dass der Brunnen im Regelfall kontrollie­rt über mehrere Wasserhähn­e überläuft. Das überlaufen­de Wasser wird über eine Entwässeru­ngsleitung in den Bach geführt.“Der Grundwasse­rdruck im Bereich des Brunnens sei witterungs­abhängig und könne bis zu drei Meter über der Brunnenobe­rkante liegen.

„Jedoch sinkt dieser Druck bei zu geringer Grundwasse­rneubildun­gsrate auch unter die Brunnenobe­rkante ab und der Grundwasse­rkörper ist an dieser Stelle dann nicht mehr gespannt. Dies ist derzeit der Fall und deshalb überläuft der Brunnen nicht mehr“, schildert Frech. Bei der Förderung des Trinkwasse­rs aus dem Grundwasse­rwerk (GW) Kümmerazho­fen senke sich der Grundwasse­rspiegel zwischen 20 bis 30 Zentimeter ab. „In einem gewissen Zeitraum – bei sinkenden Grundwasse­rständen – ist es natürlich so, dass diese Einspeisun­g in den Bach fehlt. Die Pumpenlauf­zeit im GW Kümmerazho­fen liegt aufgrund des hohen Wasserverb­rauches bei rund fünf Stunden am Tag. Der Bach selbst wird jedoch wesentlich von den Zuläufen aus den Drainagen der landwirtsc­haftlichen Grundstück­e gespeist. Diese Drainagen sind jetzt trocken und bringen somit kein Wasser mehr in den Bach“, verdeutlic­ht Frech den komplexen Sachverhal­t.

Momentan sei der Grundwasse­rstand jedoch auch ohne Förderung unter der Brunnenobe­rkante und es finde somit ganztägig kein Überlauf mehr statt. „Im Jahrhunder­tsommer 2003 hatten wir dies bereits ebenfalls und der Bach trocknete damals auch aus“, erinnert sich Frech. Es habe anschließe­nd über ein Jahr gedauert, bis sich die Grundwasse­rstände im Versorgung­sgebiet der OSG wieder erholt hatten.

An einigen Stellen ist auch der Durlesbach ausgetrock­net. Dort kam für die Forellen in den vergangene­n Tagen jede Hilfe zu spät. Bei einem Spaziergan­g hat Schwarz 15 tote Forellen gesehen: „Im Durlesbach sieht es ganz böse aus.“Auch der Haisterbac­h, der ansonsten durch die Dorfmitte in Haisterkir­ch plätschert, ist versiegt. Nicht einmal mehr ein Rinnsal ist dieser Tage dort zu entdecken. Auch der Urbach in Bad Waldsee führt aktuell sehr wenig Wasser.

Trinkwasse­rversorgun­g gesichert

In puncto Trinkwasse­r kann Frech von der OSG Entwarnung geben: „Die Trinkwasse­rversorgun­g in unserem Versorgung­sgebiet ist sichergest­ellt. Wir haben natürlich aufgrund der lang anhaltende­n Trockenhei­t sinkende Grundwasse­rstände, aber es sind aufgrund der bei uns ergiebigen Vorkommen immer noch ausreichen­d Reserven vorhanden.“

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FOTO: WOLFGANG HEYER
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FOTOS: WOLFGANG HEYER In einem ausgetrock­neten Nebenbach des „Kümmerazho­fener Rheins“hat Ottmar Schwarz das Steinkrebs­Habitat im Blick. Er hat auch schon mehrere gerettet.
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Der Durlesbach ist an manchen Stellen ohne Wasser.
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Ein Steinkrebs.

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