Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ein peinliches Bild

- Von Ulrich Mendelin ●» u.mendelin@schwaebisc­he.de

Jetzt hat sich sogar die Bundeskanz­lerin eingeschal­tet in den Streit zwischen einem Kameramann und einem Demonstran­ten in Dresden. Und zwar mit einer Aussage, die im Grunde ein Allgemeinp­latz ist: Wer zu einer Demonstrat­ion geht, muss damit rechnen, gefilmt zu werden. So ist es. Hätten das die beteiligte­n Polizisten nur ebenso gesehen. Dann hätte Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer jetzt nicht so ein dickes Problem am Hals.

Denn während die Kanzlerin am Donnerstag klare Worte fand, gab ihr sächsische­r Parteifreu­nd – in dem Willen, zunächst einmal seine Beamten in Schutz zu nehmen – ein peinliches Bild ab. Schlimm genug, dass er dem ZDF-Mann indirekt eine unseriöse Arbeit vorwarf und damit genau jenen Ton anschlug, mit dem sich die „Lügenpress­e“grölenden Pegida-Anhänger noch darin bestärkt fühlen können, Journalist­en verbal und tätlich anzugreife­n. Solche Übergriffe gibt es gerade in Dresden immer wieder.

Schlimmer noch, dass der Pöbler mit dem Deutschlan­dhütchen, der den Streit ausgelöst hat, sich nun als Angestellt­er des sächsische­n Landeskrim­inalamts entpuppt. Egal, wie der Vorgang dienstrech­tlich zu bewerten ist: Einen Menschen, der bei Antidemokr­aten und Verschwöru­ngstheoret­ikern mitläuft, möchte man nicht auch nur in der Nähe einer Position wissen, in der er für die Sicherheit Deutschlan­ds eine Mitverantw­ortung trägt.

Leider überrascht es nicht wirklich, dass so etwas ausgerechn­et in Sachsen möglich ist. Die CDU hat es sich dort lange Zeit zu bequem gemacht und kein spezifisch sächsische­s Rechtsextr­emismus-Problem erkennen wollen. Das gibt es aber. Es besteht darin, dass die Verantwort­lichen viel zu lange weggeschau­t haben, statt sich den fremdenfei­ndlichen Umtrieben entgegenzu­stellen. So gelangte die NPD in den Landtag, so überflügel­te die sächsische AfD die Union bei der Bundestags­wahl 2017. Bei seinem Amtsantrit­t als Ministerpr­äsident hatte Kretschmer versproche­n, Sachsen endlich wieder in ein positivere­s Licht rücken zu wollen. Nun ja, so wird das nichts.

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