Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Empörung über Polizeieinsatz in Dresden
Politiker fordern nach Vorfall bei Pegida-Demo Konsequenzen vom Freistaat Sachsen
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DRESDEN - Im Fall des in Dresden bei einer Pegida-Demonstration gefilmten Mitarbeiters des sächsischen Landeskriminalamts häufen sich die Forderungen nach Konsequenzen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bekannte sich in einer Stellungnahme zur Pressefreiheit.
Wer auf eine Demonstration gehe, „muss damit rechnen, dass er auch durch Medien dabei aufgenommen und beobachtet wird“, sagte die Kanzlerin am Donnerstag während eines Besuchs in der georgischen Hauptstadt Tiflis. Ein Demonstrant der islamfeindlichen Pegida-Bewegung hatte sich heftig gegen ein Filmteam gewehrt und den ZDF-Reportern eine Straftat vorgeworfen, weil ihm „ins Gesicht“gefilmt wurde. Am Mittwoch wurde bekannt, dass es sich bei dem Demonstranten um einen Mitarbeiter des sächsischen Landeskriminalamts handelte. Der Mann löste eine 45 Minuten lange Polizeikontrolle gegen die Journalisten aus. „Die Vorgänge in Sachsen sind wirklich besorgniserregend und müssen dringend und umfassend durch die sächsischen Behörden aufgeklärt werden“, sagte Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD).
Andere Politiker wie Wolfgang Kubicki (FDP) äußerten sich besorgt. Er erwarte ein Disziplinarverfahren gegen den LKA-Mann, mit dem Ziel, „ihn aus dem Dienst zu entfernen“, so Kubicki zum Portal Focus Online. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckart schloss sich der Forderung nach Aufklärung an: Der Vorfall zeige erneut, „dass Sachsen ein handfestes Problem mit Rechtsextremismus hat.“Sie forderte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) auf, nicht untätig zu bleiben. Kretschmer warnte dagegen vor Vorurteilen gegenüber der Polizei. „Mir ist sehr daran gelegen, die Situation zu versachlichen und mit Ruhe zu bewerten“, sagte er. Der Ministerpräsident hatte bereits kurz nach dem Vorfall das Verhalten der Polizeibeamten im Kurznachrichtendienst Twitter verteidigt. Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sicherte am Donnerstag dem Innenausschuss des Landtags in Dresden eine schnelle Aufklärung des umstrittenen Verhaltens der Polizisten bei dem Vorfall zu.
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DRESDEN - Ein Pegida-Demonstrant mit schwarz-rot-goldenem Anglerhut hat bundesweit Aufmerksamkeit auf sich gezogen, als er ein ZDFFernsehteam vom Filmen abhalten wollte. Mit seiner Aktion am Donnerstag letzter Woche löste er eine 45-minütige Polizeimaßnahme gegen die Journalisten aus und befeuerte damit eine Diskussion um Pressefreiheit und Polizeibefugnisse. Jetzt ist klar: Der Mann namens Maik G. ist Mitarbeiter beim sächsischen Landeskriminalamt (LKA). Fotoabgleiche legen nahe, dass er schon früher in Verbindung zur fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung stand.
Das Innenministerium in Dresden hat in einer Stellungnahme bestätigt, dass der Demonstrant als Tarifangestellter beim sächsischen Landeskriminalamt arbeitet. Nach Informationen der Zeitung „Die Welt“ist Maik G. als Buchprüfer im Dezernat für Wirtschaftskriminalität tätig. Er soll außerdem als LKAGutachter bei Gerichtsprozessen ausgesagt haben. Da er kein Beamter ist, darf er keine hoheitlichen Aufgaben ausführen, könnte nach Berichten der Funke-Mediengruppe aber als Ermittlungsassistent eingesetzt werden. Anfragen zum Vorfall wies das sächsische Innenministerium mit Hinweis auf die Fürsorgepflicht für Mitarbeiter ab.
Journalisten der Online-Plattform Ruhrbarone haben derweil ein Foto ausfindig gemacht, das nach ihrer Einschätzung den LKA-Mitarbeiter auf einer Pegida-Demonstration im Mai 2018 zeigt. Auf dem Bild ist ein Mann mit Kappe im Militärdesign und Halsschmuck in Schwarz-Rot-Gold zu sehen. Sonnenbrille, Gesichtszüge, Statur und ein auffälliges Muttermal im Gesicht passen zu dem Mann, der die Frontal-21-Journalisten angegangen hatte.
Konsequenzen möglich
Obwohl Maik G. kein Beamter ist, stehen berufliche Konsequenzen im Raum. Entsprechende Arbeitsverträge enthalten üblicherweise Klauseln zur sogenannten Mäßigungspflicht. Die gebietet, sich bei einer politischen Betätigung inner- und außerhalb des Dienstes so zurückhaltend zu verhalten, wie es die besondere Stellung und die Pflichten des Amtes verlangen. Ob der LKAMitarbeiter mit seinem Verhalten eine solche Klausel verletzt hat, muss in der Aufarbeitung des Falls geklärt werden. Der sächsische Innenminister Roland Wöller (CDU) machte seine Anforderungen an Behördenangestellte in einer ersten Stellungnahme bereits deutlich: „Selbstverständlich gilt für jeden Bürger in unserem Land das Recht auf freie Meinungsäußerung. Allerdings erwarte ich von allen Bediensteten meines Ressorts jederzeit, auch wenn sie sich privat in der Öffentlichkeit aufhalten und äußern, ein korrektes Auftreten.“Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, sieht ebenfalls mögliche arbeitsrechtliche Probleme. Der Mitarbeiter dürfe „nach dem Mäßigungsgebot nicht einfach Parolen grölen oder fragwürdige Transparente hochhalten“, sagte Radek der „Rheinischen Post“. Auf dem Videomaterial, das die Frontal-21-Redaktion zu dem Vorfall veröffentlicht hat, ist neben dem LKA-Mitarbeiter Maik G. ein weiterer Mann zu erkennen, der sich mit einer Anzeige gegen das Kamerateam an die Polizei gewandt hatte. Bei ihm handelt es sich nach Angaben der „Sächsischen Zeitung“und des Frontal-21-Journalisten Ulrich Stoll offenbar um René S. aus Freital. Auch das legt ein Fotoabgleich mit den Videoaufnahmen nahe. S. ist einer der Organisatoren der Freitaler Anti-Asyl-Proteste, an denen auch die Terrorgruppe Freital beteiligt war. Im Jahr 2015 kandidierte er für die Bürgerinitiative „Freital wehrt sich“als Oberbürgermeister in der sächsischen Kleinstadt nahe Dresden. Die Bürgerinitiative entschuldigte sich am Mittwochabend auf Facebook bei Frontal-21-Journalist Arndt Ginzel für die Anzeige. Nach Ansicht des Videomaterials sei man zum Schluss gekommen, dass sich der Vorwurf der Beleidigung aufgrund einer Verwechslung fälschlicherweise gegen den Journalisten gerichtet hätte. Unterzeichnet ist der Beitrag mit den Initialen „R.S.“. Maik G. und René S. sind auf den Aufzeichnungen zu sehen, wie sie nebeneinander im Zug der Demonstranten laufen.
Immer wieder Sachsen
Ende 2017 löste ein Logo in neuen Panzerfahrzeugen der sächsischen Polizei wegen seiner Ähnlichkeit mit NS-Symbolik heftige Diskussionen aus. Wirbel verursachte auch die Ausspähung von Handydaten bei einer Großdemonstration gegen das rechte Spektrum vor sieben Jahren, in deren Folge der Dresdner Polizeichef Dieter Hanitsch seinen Hut nehmen musste. 2015 hatte ein Polizist Pegida einen „erfolgreichen Tag“gewünscht, was die Menge mit „Eins, zwei, drei, danke Polizei!“quittierte.