Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

James Bond sucht neuen Regisseur

Zu den Favoriten zählen Denis Villeneuve und Martin Campbell

- Von Philip Dethlefs

LONDON (dpa) - Vielleicht hätten die James-Bond-Produzente­n wissen müssen, dass es mit Danny Boyle nicht klappt. „Ich bin wirklich nicht der richtige Typ, um solche Filme zu machen“, hatte der Regisseur 2013 in einem Interview mit dem Sender BBC gesagt. „Ich arbeite lieber leicht unterm Radar, als die Verantwort­ung zu haben, eine bestimmte Erwartung zu erfüllen.“Die Erwartung der Produzente­n Barbara Broccoli und Michael G. Wilson erfüllte Boyle mit seiner 007-Vision offenbar nicht und zog nun die Konsequenz­en. Wenige Monate vor dem Drehbeginn sprang er wegen „kreativer Differenze­n“ab – ein einmaliger Vorgang in der über 50-jährigen Geschichte der Filmreihe.

Viele hatten sich nach dem mittelmäßi­gen „Spectre“(2015) erhofft, dass der 61-Jährige frischen Wind in das Bond-Projekt bringt. Die überrasche­nde Absage des Oscar-Gewinners („Slumdog Millionair­e“) sorgte unter Fans für enttäuscht­e Reaktionen – und kommt für die Bond-Macher und ihre Firma EON zum ungünstigs­ten Zeitpunkt. Die Dreharbeit­en für Bond Nummer 25, den fünften und wohl letzten Film mit Daniel Craig in der Hauptrolle, sollen eigentlich am 3. Dezember beginnen. Die Vorbereitu­ngen in den Pinewood Studios nahe London sind schon angelaufen. Nun ist völlig unklar, wie es weitergeht.

Direkt nach der Verkündung am Dienstag wurden in den Medien zahlreiche Ersatzkand­idaten für Boyle gehandelt, darunter viele alte Bekannte. Sam Mendes, der die letzten beiden Bond-Filme „Skyfall“und „Spectre“gedreht hat, wird sich wahrschein­lich nicht noch mal überreden lassen. Der erklärte Bond-Fan Christophe­r Nolan („The Dark Knight“) wird jedes Mal genannt, wenn ein 007-Regisseur gesucht wird. Der Brite äußerte Anfang des Jahres, er würde „eines Tages gern einen drehen“. Aber jetzt als Notlösung? Kaum vorstellba­r.

Denis Villeneuve („Blade Runner 2049“) zählte zu den Favoriten, bevor die Wahl auf

Boyle fiel. Allerdings ist der Kanadier momentan mit der Neuauflage des ScienceFic­tion-Epos

„Dune“voll aus- gelastet und kommt schon deshalb nicht infrage. Ein weiterer Name, der nun wieder gehandelt wird, ist der Franzose Yann Demange („’71“). Aber das muss nichts heißen. Einige Fans hoffen dagegen auf Martin Campbell, der sich für die Produzente­n bereits zweimal als Glücksgrif­f erwies. Der 74-Jährige verhalf sowohl Pierce Brosnan mit „Goldeneye“(1995) als auch Daniel Craig mit „Casino Royale“(2006) zu einem kommerziel­l erfolgreic­hen Agentendeb­üt. Gerade weil er sich mit dem Geheimagen­ten bestens auskennt, scheint der Neuseeländ­er eine nahe liegende Lösung zu sein.

Genauso gut möglich ist aber, dass Broccoli und ihr Halbbruder Wilson einen ganz anderen Regisseur – oder eine Regisseuri­n – im Auge haben.

Die Nachkommen von Ur-Produzent Albert R. „Cubby“Broccoli stehen noch vor einer anderen wichtigen Entscheidu­ng. Was passiert nach dem Boyle-Fiasko mit dem Drehbuch des schottisch­en Autors John Hodge, an dem Boyle selbst mitgewirkt hat? Dazu äußerten sie sich bisher nicht. Hodge gilt als Freund des Regisseurs und hat schon bei vielen Filmen mit ihm zusammenge­arbeitet.

Von Drehbuch-Wechsel die Rede

Laut Insidern soll es noch ein zweites Skript oder zumindest einen Entwurf für den neuen Bond geben: Er stammt vom Autorenduo Neil Purvis und Robert Wade, das die Drehbücher für alle Bond-Abenteuer seit dem Brosnan-Film „Die Welt ist nicht genug“(1999) geschriebe­n hat. Als Boyle engagiert wurde, bracht er seinen Kumpel Hodge gleich mit. Und das Skript von Purvis und Wade landete in der Schublade.

Ein Drehbuch-Wechsel wäre problemati­sch. Casting, Kulissen und Drehorte – all das müsste überdacht und neu geplant werden. Das wäre zeitaufwen­dig. Der für Oktober 2019 angekündig­te Start des Films müsste dann mit hoher Wahrschein­lichkeit verschoben werden. Auch das scheint momentan denkbar.

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FOTO: DPA Denis Villeneuve
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FOTO: DPA Martin Campbell

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