Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Nach Odyssee eröffnet Waffenladen in Mittelurbach
Im ehemaligen Banktresor lagern nun die Waffen – Wer ein Gewehr will, muss Genehmigung vorlegen
● MITTELURBACH - Die Odyssee des Waffenladens „Western, Guns and More“hat in Mittelurbach ein Ende gefunden. Die Betreiber Gabriele Jöst und Michael Kienzle sind in das ehemalige Bankgebäude in der Burgstockstraße eingezogen. In Weißenau und Liebenau wurde das Waffengeschäft zuvor noch abgelehnt.
Kopfschüttelnd sitzen Jöst und Kienzle am Holztisch in ihrem Laden, während sie die vergangenen Monate Revue passieren lassen. Enttäuschungsbekundungen wie „nicht nachvollziehbar“, „unverständlich“und „höchst fraglich“mischen sich in den Rückblick der neuen Standortsuche. Aus ihrem Geschäft in der Höll in Ravensburg wurden sie vom Vermieter wegen Eigenbedarf gekündigt. Anschließend schienen sie in Weißenau fündig geworden zu sein. „Dort hatten wir die mündliche Zusage einer städtischen Mitarbeiterin aus Ravensburg und schon angefangen umzubauen “, berichten die Geschäftsleute. Doch dann meldete das benachbarte Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Südwürttemberg Bedenken an. Die Stadt Ravensburg und das Regierungspräsidium Tübingen erteilten dem Umzug schlussendlich eine Absage. Auch die Eröffnung in einem potenziellen Gebäude in Liebenau wurde abgelehnt – die Stadt Meckenbeuren war dagegen und das Landratsamt Bodenseekreis folgte dieser Abstimmung.
Kurz verfolgten Jöst und Kienzle den Gedanken, gegen die Entscheidung vorzugehen, wurden dann aber in Mittelurbach fündig. Die ehemaligen Bankräumlichkeiten passten sie auf die gesetzlichen Vorgaben hin an, obgleich sie wichtiges Inventar nutzen konnten. Beispielsweise den Tresorraum. Wo früher Geld sicher verwahrt wurde, lagern heute die Gewehre. Außerdem investierten die Geschäftsleute in eine Alarmanlage und Videoüberwachung. Die gesicherte Eingangstür bleibt auch während der Öffnungszeiten verschlossen. Die Kunden müssen sich also anmelden, egal ob per Telefon oder vor der Türe. Die Sicherheitsrichtlinien nehmen die Betreiber ernst. Auch einen möglichen Einbruch haben sie bedacht. „Selbst wenn hier jemand reinkommt, braucht er eine Woche, um den Tresor zu knacken“, versichert Kienzle.
Kritiker, die in dem Waffenladen eine Gefahr sehen, erklärt Kienzle, dass es nicht so einfach sei, eine Waffe bei ihnen zu kaufen: „Sie können hier nicht einfach reinkommen und eine Waffe mitnehmen. Das ist nur drei Personengruppen gestattet: Jägern, Sportschützen und Waffensammlern. Und ohne Waffenbesitzkarte oder Erwerbsberechtigung geht gar nichts.“Und wer eine solche Genehmigung haben möchte, müsse lange Verfahren und Prüfungen in Kauf nehmen. „Da wird man komplett durchleuchtet, und wer etwas auf dem Kerbholz hat, bekommt keine Genehmigung“, versichert Inhaberin Jöst, die seit mehr als 20 Jahren im Waffenhandel tätig ist.
Der Erstkauf einer Waffe bringe unter anderem Überprüfungen von der Polizei, dem Landeskriminalamt sowie dem Bundesverfassungsschutz mit sich. „Bevor man die erste Waffe kaufen kann, muss man außerdem beweisen, dass man einen Tresor zu Hause hat, und der kostet erst mal rund 800 Euro“, verdeutlicht Kienzle die Auflagen.
Im Verkaufsraum selbst sind keine Waffen ausgestellt, die Geschäftsleute holen sie nur auf Anfrage aus dem Tresorraum im Keller nach oben. Spezialisiert haben sich die 55-Jährige und der 49-Jährige auf den Westernbereich. Im Shop finden sich sogenannte Oldstyle-Bekleidung wie Kleider, Hüte und Gürtel wieder. Nicht verwunderlich, schließlich hat Jöst große Erfolge im Westernschießen gefeiert. Insgesamt acht Deutsche-Meister-Titel und sieben Europameisterschaften konnte sie bereits verbuchen – zuletzt vor zwei Wochen in Tschechien. Ihr Erfolgsgeheimnis: „Ruhe, Ruhe und noch mal Ruhe. Beim dynamischen Schießen auf dem Parcours braucht man einen kühlen Kopf.“
Über ihren Standort in Mittelurbach sind die beiden hocherfreut. Dass der Bad Waldseer Teilort nicht unbedingt den großen Frequenzbringer darstellt, ist ihnen bewusst. „Die Kunden kommen gezielt zu uns. Es gibt nicht so viele Waffengeschäfte im Umkreis“, betonen Jöst und Kienzle. Großen Dank spricht die Inhaberin der Vereinigten Schützengesellschaft Bad Waldsee aus, die vermittelten und bei der Ansiedlung unterstützten: „Ohne den Schützenverein wäre ich auf der Straße gelandet.“
Wie das etwas andere Ladengeschäft in Mittelurbach ankommt, beschreibt Ortsvorsteher Franz Spehn so: „Wir haben im Ortschaftsrat darüber diskutiert, ob man das zulassen kann – und es ist okay.“