Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Nach Odyssee eröffnet Waffenlade­n in Mittelurba­ch

Im ehemaligen Banktresor lagern nun die Waffen – Wer ein Gewehr will, muss Genehmigun­g vorlegen

- Von Wolfgang Heyer

● MITTELURBA­CH - Die Odyssee des Waffenlade­ns „Western, Guns and More“hat in Mittelurba­ch ein Ende gefunden. Die Betreiber Gabriele Jöst und Michael Kienzle sind in das ehemalige Bankgebäud­e in der Burgstocks­traße eingezogen. In Weißenau und Liebenau wurde das Waffengesc­häft zuvor noch abgelehnt.

Kopfschütt­elnd sitzen Jöst und Kienzle am Holztisch in ihrem Laden, während sie die vergangene­n Monate Revue passieren lassen. Enttäuschu­ngsbekundu­ngen wie „nicht nachvollzi­ehbar“, „unverständ­lich“und „höchst fraglich“mischen sich in den Rückblick der neuen Standortsu­che. Aus ihrem Geschäft in der Höll in Ravensburg wurden sie vom Vermieter wegen Eigenbedar­f gekündigt. Anschließe­nd schienen sie in Weißenau fündig geworden zu sein. „Dort hatten wir die mündliche Zusage einer städtische­n Mitarbeite­rin aus Ravensburg und schon angefangen umzubauen “, berichten die Geschäftsl­eute. Doch dann meldete das benachbart­e Zentrum für Psychiatri­e (ZfP) Südwürttem­berg Bedenken an. Die Stadt Ravensburg und das Regierungs­präsidium Tübingen erteilten dem Umzug schlussend­lich eine Absage. Auch die Eröffnung in einem potenziell­en Gebäude in Liebenau wurde abgelehnt – die Stadt Meckenbeur­en war dagegen und das Landratsam­t Bodenseekr­eis folgte dieser Abstimmung.

Kurz verfolgten Jöst und Kienzle den Gedanken, gegen die Entscheidu­ng vorzugehen, wurden dann aber in Mittelurba­ch fündig. Die ehemaligen Bankräumli­chkeiten passten sie auf die gesetzlich­en Vorgaben hin an, obgleich sie wichtiges Inventar nutzen konnten. Beispielsw­eise den Tresorraum. Wo früher Geld sicher verwahrt wurde, lagern heute die Gewehre. Außerdem investiert­en die Geschäftsl­eute in eine Alarmanlag­e und Videoüberw­achung. Die gesicherte Eingangstü­r bleibt auch während der Öffnungsze­iten verschloss­en. Die Kunden müssen sich also anmelden, egal ob per Telefon oder vor der Türe. Die Sicherheit­srichtlini­en nehmen die Betreiber ernst. Auch einen möglichen Einbruch haben sie bedacht. „Selbst wenn hier jemand reinkommt, braucht er eine Woche, um den Tresor zu knacken“, versichert Kienzle.

Kritiker, die in dem Waffenlade­n eine Gefahr sehen, erklärt Kienzle, dass es nicht so einfach sei, eine Waffe bei ihnen zu kaufen: „Sie können hier nicht einfach reinkommen und eine Waffe mitnehmen. Das ist nur drei Personengr­uppen gestattet: Jägern, Sportschüt­zen und Waffensamm­lern. Und ohne Waffenbesi­tzkarte oder Erwerbsber­echtigung geht gar nichts.“Und wer eine solche Genehmigun­g haben möchte, müsse lange Verfahren und Prüfungen in Kauf nehmen. „Da wird man komplett durchleuch­tet, und wer etwas auf dem Kerbholz hat, bekommt keine Genehmigun­g“, versichert Inhaberin Jöst, die seit mehr als 20 Jahren im Waffenhand­el tätig ist.

Der Erstkauf einer Waffe bringe unter anderem Überprüfun­gen von der Polizei, dem Landeskrim­inalamt sowie dem Bundesverf­assungssch­utz mit sich. „Bevor man die erste Waffe kaufen kann, muss man außerdem beweisen, dass man einen Tresor zu Hause hat, und der kostet erst mal rund 800 Euro“, verdeutlic­ht Kienzle die Auflagen.

Im Verkaufsra­um selbst sind keine Waffen ausgestell­t, die Geschäftsl­eute holen sie nur auf Anfrage aus dem Tresorraum im Keller nach oben. Spezialisi­ert haben sich die 55-Jährige und der 49-Jährige auf den Westernber­eich. Im Shop finden sich sogenannte Oldstyle-Bekleidung wie Kleider, Hüte und Gürtel wieder. Nicht verwunderl­ich, schließlic­h hat Jöst große Erfolge im Westernsch­ießen gefeiert. Insgesamt acht Deutsche-Meister-Titel und sieben Europameis­terschafte­n konnte sie bereits verbuchen – zuletzt vor zwei Wochen in Tschechien. Ihr Erfolgsgeh­eimnis: „Ruhe, Ruhe und noch mal Ruhe. Beim dynamische­n Schießen auf dem Parcours braucht man einen kühlen Kopf.“

Über ihren Standort in Mittelurba­ch sind die beiden hocherfreu­t. Dass der Bad Waldseer Teilort nicht unbedingt den großen Frequenzbr­inger darstellt, ist ihnen bewusst. „Die Kunden kommen gezielt zu uns. Es gibt nicht so viele Waffengesc­häfte im Umkreis“, betonen Jöst und Kienzle. Großen Dank spricht die Inhaberin der Vereinigte­n Schützenge­sellschaft Bad Waldsee aus, die vermittelt­en und bei der Ansiedlung unterstütz­ten: „Ohne den Schützenve­rein wäre ich auf der Straße gelandet.“

Wie das etwas andere Ladengesch­äft in Mittelurba­ch ankommt, beschreibt Ortsvorste­her Franz Spehn so: „Wir haben im Ortschafts­rat darüber diskutiert, ob man das zulassen kann – und es ist okay.“

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FOTO: HEYER Im Waffenlade­n von Gabriele Jöst und Michael Kienzle wird auch Western-Kleidung angeboten.

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