Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Sie hat 1500 Bügelgeräte im Haus
Ilona Krambrock aus Vogt über ihre Leidenschaft und die Szene der Bügeleisensammler
●
VOGT - Manche sammeln Briefmarken, andere Münzen oder auch Fingerhüte. Ilona Krambrock sammelt Bügeleisen. 1500 hat die Vogterin bei sich zu Hause stehen. „Ich habe aber gar nicht so viele“, sagt sie bescheiden und verweist auf den Weltrekordhalter Ion Chirescu aus Bukarest. Der Rumäne hat 33 000 Bügeleisen. Besser gesagt muss man hier von Bügelgeräten sprechen, denn es sind nicht nur klassische Bügeleisen, die Ilona Krambrock sammelt. Und was man nicht vermutet: Hinter der Sammlerin verbirgt sich eine weltweite Szene.
Wenn die Vogterin von ihrer Leidenschaft spricht, leuchten ihre Augen. Sie beginnt von der Bügel- oder besser gesagt Glättkultur zu erzählen. Bügelgeräte gab es schon vor 2000 Jahren. Das heißt: Der Mensch hat schon immer Wert auf schöne, glatte Kleidung gelegt. Außerdem ist Bügelgerät ist nicht gleich Bügelgerät, wie die 76-Jährige erklärt. Einst gab es Mangeln, mit denen man die Wäsche geglättet hat. Da gibt es das ägyptische Fußbügeleisen, das auch noch heute im Einsatz ist. Es gibt das pakistanische Teppichbügeleisen, sogenannte Gniddelsteine (Glättgläser), eine chinesische Bügelpfanne, in die man heißen Sand oder Kohlen für die Hitze gelegt hat, spezielle Geräte für Puffärmel, aber auch Krawattenpressen oder Fingerweiter für die Lederhandschuhe der feinen Dame.
Wer Ilona Krambrock über die Bügelkultur sprechen hört, der beginnt zu staunen, welche Industrie hinter der Kultur und dem Schick der Menschheit stand – angefangen von den schön verzierten Mangeln und Mangelbrettern aus dem 18. Jahrhundert bis zum modernen elektrischen Gerät. (Moderne Bügeleisen sind allerdings nicht in ihrer Sammlung.) Früher waren Bügeleisen etwas Besonderes. Sie wurden mit den Initialen des Brautpaares eingraviert zur Hochzeit geschenkt. Es waren richtige Schmuckstücke. Oder es gab zum Beispiel den französischen Bügelofen, der gleich mehreren Bügeleisen in einem Ofen Platz bot, damit immer eines heiß ist. „So etwas hat man zum Beispiel in Wäschereien gebraucht“, weiß Wolfgang Krambrock zu berichten. Der Ehemann ist nämlich für die Pflege der Geräte zuständig und mittlerweile genauso begeistert von der Thematik wie seine Frau.
Er ist letztlich auch der Grund für die Sammelleidenschaft seiner Frau. 1978 war der Ingenieur beruflich in der damaligen Tschechoslowakei und bekam seine Spesen in Kronen ausbezahlt. „Es hatte dort so schöne Antiquitätenläden gegeben, aber man durfte quasi nichts ausführen. Dann habe ich gefragt, was ich denn mitnehmen darf“, berichtet der heute 77-Jährige. Das waren zufälligerweise zwei Bügeleisen, die er seiner Frau gekauft hat, die dann ihren Platz auf dem Kaminbrett im Wohnzimmer fanden. „Dann beginnt man, sich einzulesen, erfährt immer mehr, erfreut sich daran und möchte immer noch mehr erfahren“, erzählt Ilona Krambrock. Die Sammlung war gegründet.
Weltweite Sammlerszene
Was viele nicht wissen: Es gibt tatsächlich eine weltweite BügelgeräteSammlerszene. In diversen Ländern sind sie sogar vereinsmäßig organisiert. Von Deutschland über die Niederlande, Frankreich und Schweiz bis hin in die USA und nach Kanada. Ausgerechnet im Vereinsland Deutschland gibt es aber keinen solchen Verein. „Man kennt sich und trifft sich lose zu Stammtischen“, berichtet Krambrock. Wie viele Sammler es in Deutschland und weltweit wirklich sind, weiß man allerdings nicht ganz genau. „Wir haben so 250 Adressen“, sagt sie. Und so gibt es beinahe jährlich nationale Treffen der Sammler. Und alle drei Jahre ein internationales Treffen, das in jeweils anderen Ländern stattfindet. Ausrichter ist der „Zirkel der Sammler und Freunde früher Bügel-Instrumente“.
Allerdings haben die Bügelgeräte-Sammler die gleichen Probleme, wie sie viele Vereine haben: Der Nachwuchs fehlt. „Wir werden immer weniger“, sagt Ilona Krambrock. Das zeigt sich bei den Stammtischen oder auch bei Treffen wie diesen im September in Lindau. Dort findet nämlich in der Inselhalle von 6. bis 9. September das 16. Internationale Bügelgeräte-Sammlertreffen statt. Das vergangene war im amerikanischen Newton (New Jersey). Man tauscht sich aus, es gibt Sachvorträge für die Spezialisten und ein touristisches Programm für die rund 120 Gäste aus aller Welt. Organisiert wird das diesjährige Treffen Ilona und Wolfgang Krambrock – ein echter Kraftakt. Das erste nationale Treffen war 1983 in München, das erste internationale Treffen war 1972 in Frankreichs Hauptstadt Paris.
Solche Treffen oder Konferenzen sind wichtig für die kleine Szene. Denn dort gibt es die echten Schmuckstücke und Raritäten. Die Liebhaber können tauschen, kaufen und/oder verkaufen. „Auf Flohmärkten finde ich schon lange nichts mehr. Es gibt mittlerweile unglaublich viele Fälschungen“, sagt sie. Trotzdem ist Ilona Krambrock auf jedem Flohmarkt unterwegs. „Denn wenn ich nicht gehe, habe ich immer das Gefühl, dass ich etwas verpasse.“
Übrigens: Bügeln mag Ilona Krambrock nicht.
Das 16. Internationale Bügelgeräte-Sammlertreffen findet vom 6. bis 9. September in Lindau statt. Für die Öffentlichkeit gibt es am Sonntag, 9. September, von 10 bis 12 Uhr in der Inselhalle eine Ausstellung der Bügelgeräte. Darunter sind sowohl Händler als auch ausschließlich Aussteller. Die Organisatoren rechnen mit einigen Hundert Bügelgeräten, die man bestaunen kann. Der Eintritt beträgt zwei Euro pro Person. Für das Treffen haben die Organisatoren eine Internetseite eingerichtet: