Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Fasnet ist mehr als ein Besäufnis

Franz Mosch blickt im Interview auf seine Zeit als Zunftmeist­er zurück.

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BAD WALDSEE (sz) - Zehn Jahre lang hat sich Franz Mosch als Zunftmeist­er der Narrenzunf­t Waldsee engagiert. Vor Kurzem hat er diese in der Kurstadt so prestigetr­ächtige Rolle an Roland Haag übergeben. Wolfgang Heyer hat mit dem 64Jährigen über die Entscheidu­ng, die Fasnet und eine Bombendroh­ung gesprochen.

Herr Mosch, wie schwer ist es Ihnen gefallen, sich nicht mehr zur Wiederwahl als Zunftmeist­er zu stellen?

Nicht schwer. Meine Amtszeit war abgelaufen, und weitere fünf Jahre waren mir einfach zu lang. Man muss auch sein Alter berücksich­tigen und irgendwann Platz für die Jüngeren machen. Es war also keine dramatisch­e Entscheidu­ng. Und das Landschaft­streffen war ein schöner Abschluss, der auch dem neuen Zunftmeist­er den Druck nimmt, gleich mit einer großen Veranstalt­ung starten zu müssen.

Wie haben Sie die diesjährig­e Fasnet erlebt – mit dem Wissen, dass es Ihre letzte fünfte Jahreszeit als Zunftmeist­er sein wird?

Eigentlich wie jede andere Fasnet auch. Ich bin nicht der sentimenta­le Typ, der da in Tränen ausbrechen würde. Als Ingenieur denkt man einfach technische­r (lacht). Natürlich war ein bisschen Wehmut dabei, aber es war eine Entscheidu­ng, die man eben irgendwann zu treffen hat.

Sie sind bei der nächsten Fasnet also mit dabei?

Auf jeden Fall. Oft fällt man in ein Loch, wenn man in einer aktiven närrischen Gruppe aufhört. Aber ich bin ja immer noch Zunftrat und habe da meine Aufgaben. Auch gehe ich mit dem Sammlervöl­kle weiterhin mit viel Freude zum Sammeln.

Mehr als 40 Jahre haben Sie bei der Narrenzunf­t führende Rollen und Verantwort­ung übernommen. Gab es einen Höhepunkt?

Ein Höhepunkt war die Zeit im Jungelferr­at und als Oberelfer. Damals haben wir die kleine Eselgruppe und die Hennengrup­pe wieder eingeführt und auf die Straße gebracht. Aber das größte Ereignis war mit Abstand das Große Narrentref­fen 2008. Allein der Organisati­onsaufwand und die vielen Menschen in der Stadt sind mir noch gut im Gedächtnis. Natürlich gehören auch die 26 Jahre als Büttl dazu, das war jedes Jahr aufs Neue ein Highlight.

Ist Ihnen noch ein anderes Ereignis besonders im Gedächtnis geblieben?

Ende der 90er-Jahre hat es beim Zunftball eine Bombendroh­ung gegeben. Da haben wir eng mit der Polizei zusammenge­arbeitet und den Ball flach gehalten, damit keine Panik ausbricht. Das war schon eine nervenbela­stende Situation.

Und was war die größte Herausford­erung?

Die organisato­rischen Gegebenhei­ten, die es zu bewältigen galt und gilt. Sei es bei der Maskenvero­rdnung, die den Maskenträg­ern Regeln auferlegt hat oder bei den ständig neuen Vorschrift­en der Obrigkeite­n. Nach dem Loveparade-Unglück in Duisburg haben sich die Regeln spürbar verschärft. Das war für uns als Verein eine große Herausford­erung – auch den Spaß an der Sache nicht zu verlieren.

Im SZ-Interview 2016 haben Sie das Entgegenko­mmen der Stadt kritisiert. Hat sich daran etwas geändert?

Damals gab es Reibungspu­nkte, weil wir die Ballfasnet kurzfristi­g aus der Stadthalle ins Haus am Stadtsee und in die Viehverste­igerungsha­lle verlegen mussten. Die Unterstütz­ung damals war schlecht. Aber das ist mittlerwei­le ausgeräumt. Wir haben viel miteinande­r gesprochen.

Wie nehmen Sie die Unterstütz­ung und Wertschätz­ung vonseiten der Stadt heute wahr?

Wir arbeiten gut zusammen und die gegenseiti­ge Wertschätz­ung ist gegeben. Klar, hätten wir es als Verein manchmal gerne einfacher und schneller gelöst, wo die Stadt dann auf Vorschrift­en achten muss. Aber das ist bestimmt kein Gegeneinan­der. Verschiede­ne Meinungen und Diskussion­en gehören dazu. Dann findet man eben einen Kompromiss.

Die Waldseer Fasnet ist beliebt und die Besucher strömen aus der ganzen Region in die Kurstadt. So mancher Waldseer sieht diese Ent- wicklung skeptisch und wünscht sich wieder mehr „Waldsee-Fasnet“zurück. Wie sehen Sie das?

Wir freuen uns über alle Besucher. Aber wir haben auch festgestel­lt, dass es Gäste gibt, die den Gruppen, die in den Bars und Restaurant­s etwas aufsagen, nicht zuhören. Das ist ein Problem. Da wird dem Lokalkolor­it zu wenig Respekt entgegenge­bracht. Aber was sollen wir machen? Wir können die Stadt ja nicht zusperren. Und das wollen wir auch nicht.

Was bedeutet Fasnet für Sie?

Fasnet bedeutet nicht, die Sau rauslassen und sich volllaufen zu lassen. Fasnet bedeutet, Tradition und Brauchtum wahrzunehm­en, fortzuführ­en und an die nächsten Generation­en weiterzuge­ben.

Was sagen Sie zu Fasnetsver­anstaltung­en im Sommer?

Das geht gar nicht. Da habe ich auch schon mit verschiede­nen Gruppen darüber gesprochen, aber sie verstehen das nicht. Die Fasnet existiert aus dem Kirchenkal­ender heraus und ist am Aschermitt­woch beendet. Außerdem ist die Fasnet Unesco Weltkultur­erbe und das bedeutet, das man bestimmte Dinge achten muss. Wir feiern Weihnachte­n doch auch nicht an Ostern (lacht).

Welchen Ratschlag können Sie Ihrem Nachfolger Roland Haag mit auf den Weg geben?

Es sollten immer verschiede­ne Meinungen gehört und daraus dann ein eigenes Urteil gebildet werden. So habe ich das jedenfalls immer gehandhabt.

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FOTO: WOLFGANG HEYER
 ?? FOTO: WOLFGANG HEYER ?? Beim Narrenrech­tabholen wird Franz Mosch wohl auch bei der nächsten Fasnet wieder dabei sein – dann eben nicht mehr als Zunftmeist­er, sondern als Zunftrat.
FOTO: WOLFGANG HEYER Beim Narrenrech­tabholen wird Franz Mosch wohl auch bei der nächsten Fasnet wieder dabei sein – dann eben nicht mehr als Zunftmeist­er, sondern als Zunftrat.
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FOTO: HEYER Franz Mosch

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