Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Ein Vogel, der bellt und Motorrad fährt
Papagei Bibo ist ein pfiffiger Bursche bei Familie Wenzel in Wolfegg
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WOLFEGG - Nichts Ungewöhnliches sind Kanarienvögel oder Wellensittiche, die in vielen Familien beliebte Haustiere sind und in der Regel in Käfigen gehalten werden. Außergewöhnlich ist dagegen Bibo, ein Gelbbrustara bei Familie Wenzel in der Gemeinde Wolfegg, der nicht nur die Käfighaltung ablehnt, sondern auch sonst ein bemerkenswerter Vogel ist.
Ein lautes gekrächztes „Hallo“begrüßt den erstaunten Besucher von Familie Wenzel, wenn Bibo gerade gut drauf ist. Der Gelbbrustara thront hoch oben auf seinem großen Käfig wie der Vogelkönig höchstselbst. Im Käfig ist er selten zu finden. Schon vor neun Jahren, als er zu Familie Wenzel kam, fand er den wirklich großen Käfig wohl nicht ausreichend für sein behagliches Wohnraumgefühl. Zum großen Erstaunen seiner menschlichen Umgebung öffnete er flugs die Käfigtüre, warf die daran aufgehängten Futterschalen aus dem Käfig und setzte sich darauf. Auch die daraufhin angebrachte Verschraubung war kein Problem für ihn. In Windeseile wurden die Schrauben mit Schnabel und Zunge aufgedreht. Daraufhin beschloss die Familie, Bibo seine Freiheit im Familienbereich zu geben und so ist es bis heute geblieben, die Käfigtüre bleibt auf.
Fliegen mag oder kann Bibo nicht. Vermutlich habe er es als junger Vogel nicht gelernt oder wurde zu früh von seiner Vogelmutter getrennt. „Im früheren Leben war Bibo bestimmt Schlosser“, erzählt sein Ziehvater lachend. Alles Metallische übe eine magische Anziehung auf ihn aus. Sobald Walter Wenzel mit Werkzeug arbeitet, ist Bibo dabei. „Am besten geht das, wenn Bibo das gleiche Werkzeug wie ich bekommt, dann ist er zufrieden“, erzählt er. Das ist aber keineswegs das einzig Ungewöhnliche an diesem Haustier.
Liebt es rasant
Er hat eine Vorliebe für rasante Geschwindigkeiten. Beim Fahrradfahren mit Susanne Wenzel sitzt er auf deren Schulter. Noch beliebter ist allerdings bei ihm die Mitfahrt auf der schweren 850er BMW von Walter Wenzel. Es ist ein grandioser Anblick, wenn er vorne auf dem Lenker hinter dem Windschild sitzt und sich duckt. Kaum merkt er, dass ein Familienmitglied aufbricht, ist er auch bereit. „Wenn wir ihm dann erklären, dass er nicht mitkommen kann und zu Hause bleiben muss, kommt ein „Also Tschau“von ihm,“berichtet Susanne Wenzel. Dann liegt er auf dem Bauch an seinem Lieblingsplatz auf dem Sofa und kuschelt sich dort ein. Wenn die Sonne scheint, ertönt von Bibo ein lautes schwäbisches „Willsch naus?“, und er tut damit kund, dass er nach draußen möchte. Das kräht er allerdings auch, wenn er wieder ins Haus zurück will. Und zwar in verschiedenen Tonlagen, um seiner Forderung den nötigen Nachdruck zu verleihen.
„Er ist ein Feinschmecker“, erzählen Wenzels. Bibo liebt zwar Kerne und Nüsse, mag jedoch keine Haselnüsse oder Kürbiskerne. „Die wirft er raus“. Auch süßes, reifes Obst, besonders Trauben, werden von ihm gerne genascht. Morgens beim Frühstück trippelt er um den Tisch und bettelt wie ein Hund. Und wie dieser kann er auch täuschend echt bellen. Bei der Pflege hat Bibo ebenfalls besondere Vorlieben. „Das Wasserbecken im Garten oder die Dusche lehnt er ab. Dafür liebt er das Waschbecken im Badezimmer. Wenn er dort gebadet hat, sieht das Bad aus wie die Sau und Bibo wie ein gerupfter Geier“, berichtet Susanne Wenzel.
Sehr verwöhnt
Bibo ist der absolute Liebling der Familie und wird sehr verwöhnt. Tochter Selina, die vor Bibo Wellensitti- che hatte, war untröstlich, als der letzte Wellensittich, der ebenfalls in der Wohnung frei fliegen durfte, durch eine Dachlawine im Winter so erschrak, dass er gegen ein Fenster knallte und sich das Genick brach. Danach wollte die Familie erst nach zwei Jahren wieder einen Vogel. „Aber da die Kinder schon größer waren, haben wir gedacht, dass wir auch einen größeren Vogel halten könnten“, erzählt Walter Wenzel und lacht. Er machte sich im Internet kundig und wurde auch fündig. So zog Bibo, ein knappes Jahr alt, bei Wenzels ein. „Er kam sofort ganz zutraulich auf meine Hand. Es war Liebe auf den ersten Blick“, lächelt seine Ziehmutter.
Inzwischen ist Bibo zehn Jahre alt und der Tierarzt ist ganz begeistert, wie gut er aussieht. Bibo hat aller Voraussicht nach noch ein langes Leben vor sich, denn die Altersjahre eines Gelbbrustaras entsprechen ungefähr dem Menschenalter. „Es gibt Vögel, die sind über 80 Jahre alt“, meint Susanne Wenzel. So wird Bibo seine menschlichen Eltern wohl überleben. Aber da er auch eine besonders innige Beziehung zu Tochter Selina hat, die ebenfalls am 11. November geboren ist, an dem Bibo aus dem Ei schlüpfte und die in der Nähe wohnt, ist für ihn auch in weiter Zukunft noch gesorgt.