Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Von den Größten lernen
Judokas des TSB Ravensburg waren in Japan zu Gast
- Der Judosport ist in Deutschland eine Randsportart. In Japan dagegen ist Judo dagegen Volkssport, die besten Kämpfer sind wahre Volkshelden. Einen Eindruck davon bekam jüngst auch eine Delegation des TSB Ravensburg. Elf Jugendliche und sechs Erwachsene verbrachten knapp zwei Wochen in Japan.
Einmal im Jahr werden Judokas aus der ganzen Welt nach Tokio eingeladen. „In den vergangenen Jahren habe ich nicht die Athleten gehabt, mit denen ich rüberfliegen wollte“, sagt Uli Rothenhäusler, Trainer des TSB Ravensburg. Denn klar war: „Nur die richtig leistungsbereiten Jugendlichen durften mit, anders macht es keinen Sinn.“Elf Nachwuchskämpfer der U16 und U18 sowie fünf erwachsene Betreuer des TSB flogen nach Tokio. „Das war ein unvergessliches Erlebnis“, schwärmt Rothenhäusler.
Judo spielt große Rolle
Denn in Japan ist in Sachen Judo alles ein paar Nummern größer als in Deutschland. Es gibt Turniere für den Nachwuchs mit mehr als 2000 Teilnehmern und vollbesetzten Tribünen in großen Hallen. Und es gibt die Tokai-Universität, die in den vergangenen Jahrzehnten mehr als 20 Judo-Weltmeister und drei Olympiasieger hervorgebracht hat. Etwa Yasuhiro Yamashita, eine der größten Judo-Legenden des Landes. Auch ihn, den Olympiasieger von 1984, der von 1977 bis zu seinem Rücktritt 1985 unbesiegt blieb, haben die Ravensburger in Tokio getroffen. „Er hat uns persönlich verabschiedet, und neben uns stand eine Widmung von Mutter Teresa, dahinter hing ein Bild von Yamashita mit Wladimir Putin“, berichtet Rothenhäusler. „Das war schon sehr beeindruckend, für mich ein Erlebnis wie für Fußballer ein Treffen mit Franz Beckenbauer und Pele.“
An den ersten Tagen in Tokio haben die 14- bis 17-jährigen TSB-Sportler mit japanischen Nachwuchsjudokas trainiert und sie waren in der Budokan-Halle. Das ist nicht irgendeine Trainingshalle in Tokio, sondern „der Wettkampfort im Weltjudo schlechthin“, wie Rothenhäusler sagt. Im Budokan werden 2020 die Judowettkämpfe während der Olympischen Spiele sein. Auch am Gründungsort des Judosports waren die Ravensburger und schauten sich dort alte Bücher und Skizzen über die Kampfsportart an. Trainiert wurde unter anderem auch um 7 Uhr morgens. An einem Sonntag. „Da wäre bei uns niemand auf der Matte“, sagt Rothenhäusler und lacht. In Japan dagegen ist das völlig normal. Auch, dass ehemalige Weltmeister als Trainer mit auf der Matte stehen. „Und alle sind so freundlich und hilfsbereit, das ist eine ganz andere Mentalität als in Deutschland.“
Die letzten Tage ihres Besuchs in Tokio verbrachten die TSB-Sportler dann auf dem Campus der TokaiUniversität. Dort gab es die TokaiOlympics, den Wettkampf von rund 3000 Studenten in verschiedenen Sportarten. „Die Eröffnungsfeier war wie bei den Olympischen Spielen“, erinnert sich Rothenhäusler. „Sie wurde sogar in eine andere Halle live übertragen. Das war schon irre.“Die weiblichen Nachwuchsjudokas des TSB durften sogar mitkämpfen. „Eine hat in ihrem Kampf geführt bis kurz vor Schluss, hat dann aber doch verloren“, sagt Rothenhäusler.
Ab September ist wieder ein Japaner als FSJler in Ravensburg
Einer, der mitgeholfen hat, die Reise der TSB-Kämpfer zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen, war Takahide Haraguchi. Der Judoka hat vor fünf Jahren sein Freiwilliges Soziales Jahr beim TSB absolviert und in dieser Zeit für die Ravensburger gekämpft und den Nachwuchs trainiert. Das hat nicht nur die Ravensburger weitergebracht, sondern hat ganz offensichtlich auch Haraguchi nachhaltig gefallen. Denn er hat nun auch mitgeholfen, dass in Kento Yazawa ab September wieder ein japa- nischer Judoka als FSJler nach Ravensburg kommen wird. Der Deutsche Judo-Bund und auch große Vereine wie der TSV München-Großhadern finden keine japanischen FSJler. „Da können wir schon stolz auf uns sein“, meint Rothenhäusler.
Stolz ist der TSB-Trainer auch auf die Eltern seiner Nachwuchskämpfer. Rund 2000 Euro kostete die Reise nach Japan jeden Teilnehmer. „Ich war überrascht, dass alle Eltern mitgemacht haben“, meint Rothenhäusler. Von der Stadt Ravensburg, von Rolf Engler und vom TSB gab es einen kleinen Zuschuss. „Vielleicht“, sagt Rothenhäusler, „bekommen die Kinder ein bisschen Geld wieder zurück.“Die Reise ins Geburtsland der Sportart werden die Judo-Kämpfer auf jeden Fall nie vergessen.