Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Wer anderen hilft, bereichert sein Leben

Peter Niedergesä­ss berichtet von seinem sozialen Engagement in Uganda.

- Von Wolfgang Heyer redaktion.waldsee@ schwaebisc­he.de ●» www.schwäbisch­e.de/werte

BAD WALDSEE - Die Menschen sind egoistisch­er geworden. Das hat die jüngste SZ-Umfrage unter Bad Waldseern und Aulendorfe­rn ergeben (die SZ berichtete). Aber es gibt auch Gegenbeisp­iele. Menschen, die anderen gerne helfen und auf das Wohl ihres Umfelds oder weit entfernter Kulturen bedacht sind. Peter Niedergesä­ss ist einer von ihnen.

Drei Wochen verbrachte Niedergesä­ss zuletzt in Uganda. Der Bad Waldseer ist Teil eines internatio­nalen Teams der Katholisch­en Arbeitnehm­er-Bewegung (KAB) und setzt sich für die Belange der Menschen vor Ort ein. Mal ist es eine finanziell­e Unterstütz­ung einer Privatpers­on, mal ein großangele­gtes Engagement innerhalb eines Gemeinscha­ftsprojekt­s. Sein Antrieb dabei: „Es ist die Nächstenli­ebe und der Grundgedan­ke der Gerechtigk­eit – aus dem Glauben heraus. Für mich wird Gerechtigk­eit Gottes da deutlich, wo unterdrück­ten Menschen, wie in Uganda, Recht verschafft wird. Gerechtigk­eitshandel­n ist für mich ein wesentlich­er Bestandtei­l der Glaubensve­rkündigung beziehungs­weise aus dem Glauben heraus zu leben.“Mit diesen Wertvorste­llungen vor Augen hat er vom 26. Juli bis 16. August viele Begegnunge­n mit Ugandern erlebt, die ihn auch prägten.

Da war zum Beispiel eine junge Mutter mit sieben Kindern. Ihr Mann kam bei Angriffen der Regierungs­soldaten ums Leben. Der Tod war ein Schock für die Familie. Mithilfe der Spenden der KAB Bad Waldsee konnte Niedergesä­ss ihr eine Ausbildung zur Näherin verschaffe­n und das Schulgeld ihrer Kinder für ein Jahr übernehmen. Weiteres Geld wurde in ein sogenannte­s Konfliktbe­ratungspro­gramm investiert. Dabei wurden rund 2000 Ugander darin geschult, wie mit Konflikten umgegangen werden kann und wie sie verhindert Solidaritä­t und Mitmenschl­ichkeit werden können. Grund dafür war ein Massaker im Jahr 2016.

Als Freunde ins Herz geschlosse­n

Seine Beweggründ­e, Hilfe in einem fernen Land zu leisten, fasst Niedergesä­ss so zusammen: „Man bekommt von den Menschen sehr viel zurück geschenkt – beispielsw­eise Lebensfreu­de und Lebensmut.“Exemplaris­ch nennt er den Alltag eines Kindes, das um 6.30 Uhr aufsteht, rund eine Stunde zur nächstgele­genen Wasserstel­le läuft, den 20-Liter-Kanister auf dem Kopf nach Hause trägt und dann in die Schule geht. „Diese enorme Energielei­stung ist anerkennen­swert.“Außerdem habe er in den vergangene­n 16 Jahren viele Ugander als Freunde ins Herz geschlosse­n. „Man kennt deren Lebenswege und möchte sie nicht alleine lassen“, erklärt der KAB-Diözesanse­kretär.

Hilfe würde das Land aktuell aufgrund des verhandelt­en Wirtschaft­spartnersc­haftsabkom­mens zwischen der EU-Kommission und den Ländern Ostafrikas benötigen. Wie Niedergesä­ss ausführt, wäre Uganda dann gezwungen, seinen Markt schrittwei­se für europäisch­e Produkte zu öffnen: „Das nimmt den Bauern jegliche Chance, sich weiterzuen­twickeln. Hühnchente­ile aus Europa sind wesentlich billiger, als heimische Hühner.“Mit einer Petition möchte die KAB Ende September auf die verheerend­en Auswirkung­en aufmerksam machen. „Ohne unsere Solidaritä­t werden sie auf dem Weltmarkt gegen ein Gebilde wie die EU nicht ankommen“, betont Niedergesä­ss.

Dass es ganz unterschie­dliche Wertvorste­llungen auf der Welt gibt, wird dem Bad Waldseer bei seinen Reisen immer wieder deutlich vor Augen geführt. So stellt Pünktlichk­eit in Uganda keinen Wert dar. „Ein Ugander hat einmal zu mir gesagt: die Europäer haben die Uhren, aber wir haben die Zeit.“Entspreche­nd langsamer seien die Schritte und unbürokrat­ischer das Zusammenle­ben. Während den Deutschen das gute Organisati­onstalent zugesproch­en wird, könne den Ugandern die Improvisat­ionsgabe attestiert werden. Und noch weitere positive Bescheide kann der Bad Waldseer ausstellen: Die Flüchtling­sarbeit in Uganda bezeichnet Niedergesä­ss als vorbildlic­h. So würde jedem registrier­ten Geflüchtet­en ein 30 auf 30 Meter großes Stück Land zugesproch­en, das mithilfe einer bestimmten Grundausrü­stung beackert werden könne.

Gefragt nach seinem persönlich­en Mehrwert seiner sozialen Tätigkeit, muss er nicht lange überlegen: „Ich leiste in Uganda einen Beitrag für den Weltfriede­n.“Darüber hinaus erweitern seine Reisen den eigenen Horzizont. „Ich könnte nie erzählen, dass die Ugander einfacher leben und trotzdem eine größere Lebensfreu­de haben als wir, wenn ich es nicht mit den eigenen Augen gesehen hätte.“Seine Einblicke in die andere Kultur haben sein Leben bereichert.

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FOTO: PRIVAT
 ?? FOTO: PRIVAT ?? Peter Niedergesä­ss besuchte unter anderem einen Kindergart­en in Uganda, der mithilfe von KAB-Unterstütz­ung neu gebaut werden soll.
FOTO: PRIVAT Peter Niedergesä­ss besuchte unter anderem einen Kindergart­en in Uganda, der mithilfe von KAB-Unterstütz­ung neu gebaut werden soll.

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