Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Wer anderen hilft, bereichert sein Leben
Peter Niedergesäss berichtet von seinem sozialen Engagement in Uganda.
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BAD WALDSEE - Die Menschen sind egoistischer geworden. Das hat die jüngste SZ-Umfrage unter Bad Waldseern und Aulendorfern ergeben (die SZ berichtete). Aber es gibt auch Gegenbeispiele. Menschen, die anderen gerne helfen und auf das Wohl ihres Umfelds oder weit entfernter Kulturen bedacht sind. Peter Niedergesäss ist einer von ihnen.
Drei Wochen verbrachte Niedergesäss zuletzt in Uganda. Der Bad Waldseer ist Teil eines internationalen Teams der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) und setzt sich für die Belange der Menschen vor Ort ein. Mal ist es eine finanzielle Unterstützung einer Privatperson, mal ein großangelegtes Engagement innerhalb eines Gemeinschaftsprojekts. Sein Antrieb dabei: „Es ist die Nächstenliebe und der Grundgedanke der Gerechtigkeit – aus dem Glauben heraus. Für mich wird Gerechtigkeit Gottes da deutlich, wo unterdrückten Menschen, wie in Uganda, Recht verschafft wird. Gerechtigkeitshandeln ist für mich ein wesentlicher Bestandteil der Glaubensverkündigung beziehungsweise aus dem Glauben heraus zu leben.“Mit diesen Wertvorstellungen vor Augen hat er vom 26. Juli bis 16. August viele Begegnungen mit Ugandern erlebt, die ihn auch prägten.
Da war zum Beispiel eine junge Mutter mit sieben Kindern. Ihr Mann kam bei Angriffen der Regierungssoldaten ums Leben. Der Tod war ein Schock für die Familie. Mithilfe der Spenden der KAB Bad Waldsee konnte Niedergesäss ihr eine Ausbildung zur Näherin verschaffen und das Schulgeld ihrer Kinder für ein Jahr übernehmen. Weiteres Geld wurde in ein sogenanntes Konfliktberatungsprogramm investiert. Dabei wurden rund 2000 Ugander darin geschult, wie mit Konflikten umgegangen werden kann und wie sie verhindert Solidarität und Mitmenschlichkeit werden können. Grund dafür war ein Massaker im Jahr 2016.
Als Freunde ins Herz geschlossen
Seine Beweggründe, Hilfe in einem fernen Land zu leisten, fasst Niedergesäss so zusammen: „Man bekommt von den Menschen sehr viel zurück geschenkt – beispielsweise Lebensfreude und Lebensmut.“Exemplarisch nennt er den Alltag eines Kindes, das um 6.30 Uhr aufsteht, rund eine Stunde zur nächstgelegenen Wasserstelle läuft, den 20-Liter-Kanister auf dem Kopf nach Hause trägt und dann in die Schule geht. „Diese enorme Energieleistung ist anerkennenswert.“Außerdem habe er in den vergangenen 16 Jahren viele Ugander als Freunde ins Herz geschlossen. „Man kennt deren Lebenswege und möchte sie nicht alleine lassen“, erklärt der KAB-Diözesansekretär.
Hilfe würde das Land aktuell aufgrund des verhandelten Wirtschaftspartnerschaftsabkommens zwischen der EU-Kommission und den Ländern Ostafrikas benötigen. Wie Niedergesäss ausführt, wäre Uganda dann gezwungen, seinen Markt schrittweise für europäische Produkte zu öffnen: „Das nimmt den Bauern jegliche Chance, sich weiterzuentwickeln. Hühnchenteile aus Europa sind wesentlich billiger, als heimische Hühner.“Mit einer Petition möchte die KAB Ende September auf die verheerenden Auswirkungen aufmerksam machen. „Ohne unsere Solidarität werden sie auf dem Weltmarkt gegen ein Gebilde wie die EU nicht ankommen“, betont Niedergesäss.
Dass es ganz unterschiedliche Wertvorstellungen auf der Welt gibt, wird dem Bad Waldseer bei seinen Reisen immer wieder deutlich vor Augen geführt. So stellt Pünktlichkeit in Uganda keinen Wert dar. „Ein Ugander hat einmal zu mir gesagt: die Europäer haben die Uhren, aber wir haben die Zeit.“Entsprechend langsamer seien die Schritte und unbürokratischer das Zusammenleben. Während den Deutschen das gute Organisationstalent zugesprochen wird, könne den Ugandern die Improvisationsgabe attestiert werden. Und noch weitere positive Bescheide kann der Bad Waldseer ausstellen: Die Flüchtlingsarbeit in Uganda bezeichnet Niedergesäss als vorbildlich. So würde jedem registrierten Geflüchteten ein 30 auf 30 Meter großes Stück Land zugesprochen, das mithilfe einer bestimmten Grundausrüstung beackert werden könne.
Gefragt nach seinem persönlichen Mehrwert seiner sozialen Tätigkeit, muss er nicht lange überlegen: „Ich leiste in Uganda einen Beitrag für den Weltfrieden.“Darüber hinaus erweitern seine Reisen den eigenen Horzizont. „Ich könnte nie erzählen, dass die Ugander einfacher leben und trotzdem eine größere Lebensfreude haben als wir, wenn ich es nicht mit den eigenen Augen gesehen hätte.“Seine Einblicke in die andere Kultur haben sein Leben bereichert.
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