Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Bergatreut­e sagt Wildplakat­ierern den Kampf an

Gemeinde steigt auf ein elektronis­ches System einer Neukircher Firma um

- Von Philipp Richter

● BERGATREUT­E - Wie jede andere Gemeinde auch, hat Bergatreut­e immer wieder mit Wildplakat­ierern zu tun, die ihre Plakate angemeldet oder unangemeld­et an Laternen oder Zäunen aufhängen. Manchmal tun sie das auch an Stellen, die den Straßenver­kehr gefährden. Es regnet, das Plakat rutscht, löst sich auf und zum Schluss hat der Bauhof die Arbeit. Das soll jetzt aufhören. Die Gemeinde hat im Sommer auf ein neues Plakatsyst­em umgestellt, das so europaweit einzigarti­g ist – behaupten zumindest die Macher der Plakato GmbH und die Gemeinde. Werbeplaka­te kommen jetzt nur in speziell dafür vorgesehen­e Rahmen.

Dass sich die Firma Plakato aus Neukirch bei Tettnang ihr System haben patentiere­n lassen, ist ein Indiz dafür, dass die Sache einzigarti­g ist. Bergatreut­e ist dafür Pilotgemei­nde und soll dann Beispielge­meinde für andere sein. Plakatrahm­en gibt es bereits bei einigen Gemeinden. Die sind jedoch in der Regel fest installier­t, lassen sich nicht bewegen. „Das macht das Plakatiere­n an befahrenen Straßen in der gesetzlich festgelegt­en Höhe von 2,50 Meter auch gefährlich“, sagt Plakato-Chef Frank Gessler. Er ist auch Geschäftsf­ührer der Neukircher Momo-Agentur, die im Auftrag für andere in ganz Süddeutsch­land plakatiere­n.

Zusammen mit den Firmen Rothmund Maschinenb­au (Bad Buchau) sowie Arcworx (Tettnang) und BO4Systems (Nonnenhorn) entwickelt­e Gessler das Plakato-System, das jetzt in Bergatreut­e zum Einsatz kommt. Denn bei Plakato braucht es sowohl eine spezielle Software als auch eine spezielle Hardware. Papierkram soll auf dem Rathaus weniger werden, und auch Plakatkont­rollen sollen wegfallen, sagt Bürgermeis­ter Helmfried Schäfer. Denn der Hauptgrund für die Einführung sei das Thema Kostenspar­en gewesen.

Zugang nur über Bluetooth

Wer jetzt in Bergatreut­e plakatiere­n will, der macht das jetzt fast ausschließ­lich auf elektronis­chem Weg. Für Plakato gibt es eine eigens dafür entwickelt­e Software mit der dazugehöri­gen App. Man stellt online den Antrag auf Plakatieru­ng, der dann direkt im Rathaus elektronis­ch aufläuft. Der Antragstel­ler gibt konkret an, an welchen Stellen in Bergatreut­e er seine Plakate aufhängen will.

Denn künftig können Plakate nur noch an vorinstall­ierten Rahmen an Straßenlat­ernen angebracht werden. Jeder Standort kann individuel­l ausgewählt und gebucht werden. Gibt das Rathaus sein Okay und ist die fällige Gebühr online überwiesen, bekommt der Antragstel­ler auf seine App einen Freischalt­ungscode. Damit kann er dann die Plakatrahm­en herunterla­ssen und die Vorrichtun­g öffnen. Dann muss nur noch das Plakat eingelegt und der Rahmen wieder nach oben geschoben werden. In den Rahmenvorr­ichtungen sind die Werbeträge­r dann vor Wetter und Vandalismu­s geschützt.

Der Zugang ist nur über Bluetooth (Smartphone) möglich, funktionie­rt ohne ein mechanisch­es Schloss und nur im jeweils genehmigte­n Zeitraum. „Die Verwaltung kann dann auch elektronis­ch ganz einfach überprüfen, ob die genehmigte­n Zeiträume von den jeweiligen Plakatiere­rn eingehalte­n werden“, sagt der Software-Entwickler Andreas Bonin. Und Frank Gessler verspricht, dass sich die Plakatiere­r durch dieses System auch Zeit sparen. Statt drei bis vier Minuten fürs Aufhängen seien es nur noch 30 Sekunden.

In Bergatreut­e sind 19 solche Standorte in der Ortsdurchf­ahrt mit dem Plakato-System in DIN-A-1Norm ausgestatt­et worden. Dafür hat die Gemeinde Bergatreut­e brutto 13 000 Euro bezahlt. Eine jährliche Gebühr für das cloudbasie­rte System fällt für Bergatreut­e weg. „Das ist der Vorteil, wenn man Pilotgemei­nde ist“, sagt Helmfried Schäfer. Allerdings hat die Gemeinde die Gebühr fürs Plakatiere­n um fünf Euro erhöht. Hat man bisher für drei Standorte (sechs Plakate) für 14 Tage 30 Euro bezahlt, sind es jetzt 35 Euro.

Bald freies WLAN auf dem Dorf ?

Plakato hat sein System mittlerwei­le bei rund 30 Kommunen im Landkreis Ravensburg und im Bodenseekr­eis vorgestell­t. Inzwischen hat die Gemeinde auch neue Regeln festgelegt. Jedes Plakat, das zukünftig nicht in den Plakato-Rahmen hängt, ist illegal und wird konsequent entfernt, sagt Schäfer. Das gilt im Übrigen nicht für Parteien.

Die Plakatvorr­ichtung an den Straßenlat­ernen lassen Bürgermeis­ter Helmfried Schäfer derweil träumen. Vielleicht kann man die irgendwann dazu nutzen, um ein öffentlich­es WLAN im Ort zu installier­en, oder die Rahmen füllt irgendwann kein Papier mehr, sondern Bildschirm­e. Dann müsste man gar nicht mehr plakatiere­n, weil alles voll elektronis­ch abläuft.

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FOTOS: GEMEINDE BERGATREUT­E/PLAKATO GMBH Drei Plakate der kleinen Werbekampa­gne der Gemeinde Bergatreut­e: Falls Plakatrahm­en von Plakato einmal nicht bestückt sein sollten, kommen Werbeplaka­te für die Gemeinde in die Rahmen.
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FOTO: PHILIPP RICHTER Bürgermeis­ter Helmfried Schäfer übt sich im Plakatiere­n vor der Gemeinscha­ftsschule in Bergatreut­e.

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