Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Elf Jahre ohne Führerschein unterwegs
Amtsgericht Lindau verurteilt 64-Jährigen zu Geldstrafe – Zum sechsten Mal wegen gleichen Delikts vor Gericht
LINDAU (pem) - Seit elf Jahren ist der Mann ohne Führerschein unterwegs, fünfmal wurde er wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt. Dem ließ das Amtsgericht Lindau jetzt eine weitere Verurteilung folgen: Der Mann muss 1800 Euro Strafe zahlen.
Der 64-Jährige hatte im Frühjahr schlicht Pech. In der Bregenzer Straße in Weiler-Simmerberg geriet er in eine Kontrollstelle, die die Lindenberger Polizei im Rahmen einer Lasermessung eingerichtet hatte. Der Mann war zwar nicht zu schnell unterwegs, wurde aber trotzdem überprüft. Wie sich herausstellte, hatte er keinen Führerschein und zwar schon seit Jahren nicht mehr. „Dumm gelaufen“, kommentierte Richter Klaus Harter das Geschehen im März.
Der Mann, der in Baden-Württemberg lebt, ist bei der Justiz kein unbeschriebenes Blatt. Er saß bereits mehrere Jahre in Haft und brachte mehr als zwei Dutzend Vorstrafen mit ins Gericht. Allein fünfmal war er wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden, zuletzt im Jahr 2010. In Lindau tischte er eine Begründung für sein Verhalten auf, die zumindest die Staatsanwältin stark in Zweifel zog. Demnach hätte das Landratsamt Ravensburg dem 64Jährigen schon vor mehr als zehn Jahren wieder eine Fahrerlaubnis ausstellen müssen. Er habe alle dafür nötigen Voraussetzungen erfüllt, sagte der Angeklagte. Aus persönlichen Motiven hätten leitende Mitarbeiter der Behörde die Ausgabe eines Führerscheins verhindert, behauptete der 64-Jährige.
Insolvenz angeblich Schuld an Verlust
Verloren hatte der Mann seinen Führerschein nach eigenem Bekunden im Jahr 2007 in Zusammenhang mit der Insolvenz seiner Firma. Einige Autos, die auf ihn angemeldet waren, seien länger im öffentlichen Raum abgestellt gewesen. Alle Punkte in Flensburg seien dann bei ihm „gelandet“, insgesamt genug, um den Führerschein zu verlieren.
Ob die Geschichte des Angeklagten stimmt oder frei erfunden ist, spielte für das Gericht keine Rolle. „Für uns ist entscheidend, haben Sie eine Fahrerlaubnis oder haben Sie keine“, sagte Richter Klaus Harter. Sollte eine
Behörde ihm die Ausstellung eines Führerscheins widerrechtlich verweigert haben, müsse er vor dem Verwaltungsgericht klagen. Die Frage, warum er das noch nicht längst getan hatte, begründete der Angeklagte mit einem längeren Haftaufenthalt, in dessen Verlauf er „kurz vor dem Abnippeln“gewesen sei.
Die Staatsanwältin forderte angesichts der wiederkehrenden Verstöße des Angeklagten vier Monate Freiheitsstrafe. Und zwar ohne Bewährung. „Die nutzt bei dem Angeklagten nichts“, so die Anklagevertreterin. Der Angeklagte, dessen Verteidiger sein Mandat kurz vor der Verhandlung niedergelegt hatte, bat dagegen um ein mildes Urteil. Er brauche „Bewährung, um auf die Beine zu kommen“. Nach eigener Aussage habe er sich eine Wohnung nahe an einem Bahnhof gesucht, um künftig die Bahn nutzen zu können.
Richter Klaus Harter beließ es bei einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 15 Euro. Die Zahl der Tagessätze entspricht den vier Monaten Freiheitsstrafe, die S=die Staatsanwältin gefordert hatte. Die Höhe des Tagessatzes orientiert sich am Einkommen des Verurteilten.