Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Hymer-Mitarbeiter fürchten Heuschrecke
Hauptgesprächsthema in der Belegschaft ist der mögliche Mehrheitsverkauf
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BAD WALDSEE - Die Nachricht, dass der Caravan- und Wohnmobilhersteller Hymer nun doch eine Mehrheit am Familienunternehmen verkaufen könnte, ist von den Mitarbeitern in Bad Waldsee ganz unterschiedlich aufgenommen worden und wird dieser Tage heiß diskutiert. Die Gerüchteküche brodelt.
Es ist das Hauptgesprächsthema unter den Mitarbeitern. Der mögliche Mehrheitsverkauf ruft bei den Arbeitern unweigerlich Fragen hervor: Wie geht es weiter? Was passiert, wenn eine sogenannte Heuschrecke – also Investoren, die einen Ruf als gewissenlose FirmenPlünderer haben – das Unternehmen übernimmt? Werden die Verträge verlängert? Die Gedanken schweifen um die eigene Zukunft im Unternehmen sowie um die von Hymer selbst. Diese Gedanken beschreiben mehrere Angestellte der SZ sehr sachlich. Von Panik oder Hysterie ist nichts zu spüren.
Gleichwohl malen sich die Lohnempfänger die unterschiedlichen Szenarien genau aus und prüfen derweil ihre eigenen möglichen Konsequenzen und Taten. Da ist im Falle eines Verkaufs an eine Heuschrecke von Demonstrationen die Rede und im Falle eines seriösen Investors von Loyalität. Die Bindung zum Bad Waldseer Wohnmobilhersteller und die generelle Zufriedenheit im Unternehmen scheinen groß. Dass die Stimmung aktuell nicht überbordend negativ ist, hängt auch mit der aktuellen Auftragssituation zusammen.
So mancher Mitarbeiter betont die hervorragende Auftragslage im Nachgang zum Caravan-Salon. Andere machen auf Investitionen während der Betriebsferien aufmerksam und heben neue Regale und Umbauten in Werkshallen hervor. Doch am deutlichsten trägt ein Umstand zur derzeit noch ruhigen Lage bei: Es gab keine Kündigungen. Vielmehr habe es sogar einzelne Neueinstellungen gegeben, sagen Arbeiter, die anonym bleiben wollen.
Zeitpunkt der Bekanntgabe der neuen Pläne sorgte für Unmut
Kritische Töne gibt es aber auch: Dem Vernehmen nach hatte der Zeitpunkt der Bekanntgabe der neuen Pläne für Unmut gesorgt. Ausgerechnet während der vierwöchigen Betriebsferien wurde der potenzielle Mehrheitsverkauf offiziell. Und so erfuhren etliche Mitarbeiter über die Presse davon.
Ob die Abgabe eines Mehrheitsanteils auch den Komplettverkauf der Erwin-Hymer-Gruppe (EHG) an einen oder mehrere Interessenten und damit den Ausstieg der Eigentümerfamilie aus dem Unternehmen bedeuten könne, ließ EHGChef Martin Brandt gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“zuletzt offen. Ursprünglich wollte das Unternehmen nur einen Minderheitsanteil verkaufen. Diese Strategie hat sich im Prozessverlauf geändert. Neben dem Anteilsverkauf an einen strategischen Investor oder einen Finanzinvestor, befasst sich das Unternehmen weiterhin mit einem Börsengang.