Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Polizeieinsatz im Hambacher Forst geht weiter
Linke-Fraktionschefin Wagenknecht ruft zur Unterstützung der Aktivisten auf
KERPEN (dpa) - Im Hambacher Forst hat die Polizei am Freitag mit der Räumung einer der größten Baumhaussiedlungen begonnen. Die Bewohner des Dorfes „Oaktown“mit etwa acht Baumhäusern kündigten gewaltlosen Widerstand etwa durch Festketten an. Sie warfen der Polizei vor, mindestens 20 Bäume, darunter auch einige sehr alte, gefällt zu haben, um Platz für die Räumfahrzeuge zu schaffen.
Die Polizei gab einzelne Fällungen zu. Sie beschuldigte die Baumhausbewohner, sie mit Exkrementen und einem brennenden Holzscheit beworfen zu haben. Verletzt wurde niemand. Mindestens zehn Aktivisten wurden in Gewahrsam genommen.
Die Baumhausbewohner warnten die Polizei, dass sich unter „Oaktown“Tunnel mit Menschen darin befänden, deshalb müsse man vorsichtig sein. Eine Polizeisprecherin sagte, man habe keine Hinweise auf Tunnel, aber die Räumfahrzeuge müssten sowieso nicht so nah an die Bäume heranfahren.
Der Energiekonzern RWE will im Herbst weite Teile des Waldes abholzen, um weiter Braunkohle baggern zu können. Die Baumhäuser der Besetzer gelten als Symbol des Widerstands gegen die Kohle und die damit verbundene Klimabelastung. In ihm stehen Jahrhunderte alten Buchen und Eichen. Zudem gibt es Vorkommen geschützter Arten wie der Bechsteinfledermaus.
Am Wochenende wollen Aktivisten weiter protestieren, so ist für Sonntag das Anpflanzen Hunderter junger Bäume geplant. Auch LinkeFraktionschefin Sahra Wagenknecht unterstützt die Aktionen. „Ich rufe alle, die das jetzt sehen, auf, sich auf den Weg zu machen um den Hambacher Forst für uns alle zu bewahren“, sagte sie in Berlin. Die Menschen müssten das Schicksal des Waldes selbst in die Hand nehmen. Gleichzeitig kritisierte sie Horst Seehofer (CSU): „Aber wo ist denn unser Heimatminister, wenn ein 12 000 Jahre alter Wald fallen soll? Was sind das für Konservative, denen die Rodung des letzten Altwaldes auf deutschem Boden gleichgültig ist?“
Blockade vor NRW-Vertretung
Der Protest erreichte am Freitag auch die Hauptstadt. Etwa 20 Kohlegegner blockierten vorübergehend die NRW-Landesvertretung in Berlin. Nach einem Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs trugen Polizisten sie aus dem Gebäude.
Das Oberverwaltungsgericht in Münster lehnte einen Stopp der Räumungen ab. Die Baumhäuser seien Rückzugsorte für gewaltbereite Waldbesetzer, hieß es. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) bezeichnete die Waldbesetzer als „kriminelles Personal auch vom Ausland“.