Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Seifenkiste: schnell sein reicht nicht
Familie Ederle tritt bei Schussenrieder Seifenkistenrennen an – altbewährte Tradition
BAD SCHUSSENRIED - Baujahr '78, Aluminiumgestell, Ein-Gang-Getriebe – aber ein echter Flitzer: Die Seifenkiste der Familie Ederle kommt seit Beginn des Magnusfestes regelmäßig zum Einsatz. Erfolgreich: Mehrere Generationen haben schon Siege eingefahren. Am Samstag sitzt Noemi Ederle am Steuer – zum letzten Mal.
Mit Noemis Großvater fing alles an. Vor 40 Jahren baute er die Seifenkiste, seitdem wurde sie immer wieder ausgebessert. Bei genauem Hinschauen werden einzelne Macken unter dem roten Lack sichtbar. In der Seifenkiste der Familie Ederle steckt jede Menge Handarbeit.
Oswin Ederle, Noemis Papa, hat zum letzten Mal vor zehn Jahren so richtig an der Seifenkiste geschraubt. Seitdem fährt sie ohne Probleme. „Die Seifenkisten brauchen eine funktionierende Lenkung und Bremse. Außerdem muss ein Sicherheitsüberrollbügel angebracht sein“, erklärt Organisator Franz Mayerföls. Für die Teilnehmer gelte auch Helmpflicht. Eine weitere Voraussetzung: Das Gesamtgewicht von Seifenkiste und Fahrer darf 130 Kilo nicht überschreiten. „In den Boden der Seifenkiste legen wir noch Stahlplatten“, erklärt Oswin Ederle. Hinter dem Sitz ist ein Sack mit Gewichten verstaut, die ebenfalls an den Fahrer angepasst werden.
Mit sieben Jahren saß Noemi zum ersten Mal hinter dem Steuer der Seifenkiste. Zuvor hatten sie nur männliche Familienmitglieder gefahren. Da verpassten Noemi und ihre Schwester Leonie der Seifenkiste erst einmal einen Neuanstrich: „Rot war sie schon vorher, das mochten wir. Und unsere Mama hatte dann die Idee mit den bunten Blumen.“
Ansonsten bereite sie sich nicht großartig auf das Rennen vor. „Am Samstag vor dem Rennen laufe ich mit meinem Papa noch einmal die Strecke ab.“Außerdem gebe es nach der Anmeldung einen Probelauf, sagt Noemi. Die Aufwärmrunde reicht ihr. „Früher haben wir immer noch geübt.“
Die Rennstrecke in Bad Schussenried führt über 500 Meter durch die Gartenstraße. Die Steigung liege bei 20 Prozent sagt Franz Mayerföls. Noemi hat sich 2016 ihren erst Titel beim Seifenkistenrennen geholt. Welche Tipps sie für das Rennen hat? „Nicht zu stark einlenken, Vollgas geben und erst kurz vor dem Ziel bremsen.“Bis zu 40 Stundenkilometer erreichten die Seifenkisten.
Doch es kommt nicht nur auf Schnelligkeit, sondern auch auf Geschick an. Zählt im ersten Durchlauf die Zeit, müssen die Teilnehmer in Runde zwei einen Hindernisparcours zurücklegen und zwischen Kegeln Slalom fahren. „Wenn ein Kegel umfällt, bekommt der Starter fünf Strafsekunden“, erklärt Franz Mayerföls. In der Gesamtwertung werden die Zeitwerte beider Durchläufe addiert. Der Sieger erhält einen Wanderpokal. Ein Exemplar ist schon fest in den Besitz der Familie Ederle übergegangen. „Wer drei Mal gewinnt, kann den Wanderpokal behalten“, erklärt Franz Mayerföls.
Wer etwas später ins Ziel fährt, kann für die schönste Seifenkiste ausgezeichnet zu werden. Dabei komme es auf echtes Handwerk an, erklärt Mayerföls. „Man muss sehen, dass die Kinder Arbeit reingesteckt haben, es muss nicht perfekt sein.“
Für Noemi Ederle ist es das letzte Rennen. Im kommenden Jahr ist sie bereits zu alt für das Seifenkistenrennen. Schon jetzt stößt sie mit den Knien gegen das Lenkrad. Richtig traurig ist sie darüber nicht. „Das ist halt so“, sagt sie nüchtern. Schließlich bleibt die Seifenkiste ja auch in der Familie. Wer Noemis Nachfolge antritt, ist aber noch unklar.