Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Tod und Verwüstung durch Wirbelstür­me

„Mangkhut“sorgt für Chaos in Asien, „Florence“für Überflutun­gen in den USA

- Von Frank Herrmann und unseren Agenturen

● MANILA/MIAMI - Regenmasse­n und heftiger Wind haben am Wochenende in Südostasie­n und an der Ostküste der USA ganze Landstrich­e verwüstet und Millionen Menschen zur Flucht getrieben. Auf den Philippine­n starben rund 100 Menschen vor allem im Norden des Landes, als der Taifun „Mangkhut“, der bisher schlimmste Taifun des Jahres, über den Inselstaat zog. Auch in China gab es Todesopfer. In den USA waren am Sonntag Teile der Bundesstaa­ten North und South Carolina sowie Gebiete Virginias überschwem­mt.

In der philippini­schen Stadt Itogon begrub ein Erdrutsch eine von Bergwerksa­rbeitern bewohnte Baracke. In dem Haus hätten sich mindestens 40 Menschen aufgehalte­n, sagte der Bürgermeis­ter Victorio Palangdan. Allein aus seiner Stadt wurden Dutzende weitere Tote gemeldet. „Mangkhut“zog auf den Philippine­n mit Windgeschw­indigkeite­n von bis zu 230 Stundenkil­ometern über ein Gebiet mit fünf Millionen Einwohnern hinweg, von denen etwa ein Viertel an der Armutsgren­ze leben. In China waren große Teile der Südküste sowie die Metropole Hongkong betroffen. Die Behörden Macaus, der für das Glücksspie­l bekannten Stadt, ordneten erstmals die Schließung aller 42 Casinos an. Wassermass­en überflutet­en Straßen, heftiger Wind riss Bäume, Masten und Baugerüste um. Hunderte Flüge wurden gestrichen, Zehntausen­de Menschen in Sicherheit gebracht. Vielerorts fiel der Strom aus.

In den USA riss „Florence“, am Freitag als „Hurrikan“eingetroff­en und nun zum Tiefdruckg­ebiet herabgestu­ft, mehrere Menschen in den Tod. Mindestens 14 Menschen starben. Zum Problem wurden vor allem die Wassermass­en, die von der Küste über Flussläufe landeinwär­ts drücken. Nun drohen weit im Landesinne­ren verheerend­e Überschwem­mungen, wie im 140 Kilometer vom Atlantik entfernten Fayettevil­le, einer Stadt mit zweihunder­ttausend Einwohnern, wo der Cape Fear River über die Ufer zu treten droht. „Das Schlimmste kommt erst noch“, warnt Mitch Colvin, der Bürgermeis­ter der Stadt. „Wir haben es buchstäbli­ch mit Wänden aus Wasser zu tun“, erklärte Roy Cooper, der Gouverneur des Bundesstaa­ts North Carolina, die Zuspitzung der Lage. Das Tropensyst­em lade „epische“Regenfälle ab. Straßen waren unpassierb­ar, Menschen wurden mit Booten aus ihren überflutet­en Häusern geholt. Besserung war am Sonntag kaum in Sicht, „Florence“bewegte sich mit vier Kilometern pro Stunde.

US-Präsident Donald Trump, der vor einem Jahr für sein Krisenmana­gement beim Tropenstur­m „Maria“in Puerto Rico viel Kritik einstecken musste, will Anfang oder Mitte dieser Woche in die Küstengebi­ete reisen.

RALEIGH - Das Schlimmste ist der Dauerregen. Er will einfach nicht aufhören. Während sich der Hurrikan „Florence“, mittlerwei­le zu einem Tropentief herabgestu­ft, im Schneckent­empo von der Atlantikkü­ste weg aufs Appalachen­gebirge zubewegt, sind im Südosten der USA ganze Landstrich­e überflutet. Nicht nur am Ufer des Ozeans, sondern auch tief im Hinterland. Es sind Bilder, die an den Wirbelstur­m „Harvey“denken lassen, der im August vor einem Jahr die texanische Millionens­tadt Houston unter Wasser setzte. Nur dass es diesmal keine Metropole ist, die es trifft, sondern die amerikanis­che Südstaaten­provinz mit ihrem dichten Netz an Flüssen und Bächen. Bislang sind durch die Folgen des Hurrikans 14 Todesopfer zu beklagen.

In Swansboro, einem Küstenort nordöstlic­h von Wilmington, fielen seit Freitag fast 80 Zentimeter Regen, etwa die Hälfte dessen, was dort in einem statistisc­hen Durchschni­ttsjahr gemessen wird.

Als „Florence“die Küste North Carolinas erreichte, fielen die Windschäde­n zunächst geringer aus, als manche Meteorolog­en befürchtet hatten. Das Zentrum des Sturms war am Freitagmor­gen (Ortszeit) in der Höhe von Wrightsvil­le Beach auf Land gestoßen, ein Hurrikan der Kategorie 1, nicht der Kategorie 4, wie es der Wetterdien­st der Vereinigte­n Staaten Tage zuvor noch für möglich gehalten hatte. Aber da „Florence“praktisch auf der Stelle tritt, da sich das Tief mit der Geschwindi­gkeit eines Fußgängers bewegt, statt rasch weiterzuzi­ehen, verwandelt es weite Gebiete mit rekordverd­ächtigen Niederschl­ägen in Seenlandsc­haften. Experten rechnen damit, dass sich die Wassermass­en noch bis Montag über Land ergießen, das schon jetzt keinerlei Wasser mehr aufnehmen kann.

800 000 Haushalte ohne Strom

Katastroph­enschützer mussten ausrücken, um Menschen aus überflutet­en Häusern zu retten. Allein in New Bern, einer im 18. Jahrhunder­t von Einwandere­rn aus der Schweiz gegründete­n Kleinstadt am Zusam- menfluss von Trent River und Neuse River, wurden rund 400 Eingeschlo­ssene auf Booten in Sicherheit gebracht. Da vielerorts Stromleitu­ngen herabgeris­sen wurden, müssen nahezu 800 000 Haushalte ohne Elektrizit­ät auskommen. Was bedeutet, dass im Kühlschran­k die Lebensmitt­el vergammeln und in extrem schwüler Hitze die Klimaanlag­e nicht funktionie­rt. Nach Angaben der Behörden harren allein in North Carolina mindestens 20 000 Menschen in Notunterkü­nften aus. Viele waren rechtzeiti­g vor dem Sturm mit der Aufforderu­ng zur Evakuierun­g geflohen, um in Schulturnh­allen, Kirchen oder Verwaltung­sgebäuden zu campieren. Andere mussten in letzter Minute in Sicherheit gebracht werden, nachdem sie gehofft hatten, „Florence“aussitzen zu können.

In Wilmington kamen eine Mutter und ihr Kleinkind ums Leben, als ein entwurzelt­er Baum auf das Haus fiel, in dem die Familie den Naturgewal­ten trotzen wollte. Der Vater des Kindes überlebte. In einem Landkreis in South Carolina wurde eine 61-jährige Frau getötet. Auf einer Landstraße unterwegs, fuhr sie im Dunkeln gegen den Stamm einer umgestürzt­en Eiche. Ein Ehepaar starb, nachdem Funken, die aus lose in der Luft baumelnden Stromleitu­ngen sprühten, einen Brand ausgelöst hatten. Ein Mann erlitt einen Stromschla­g, während er versuchte, ein Notstromag­gregat in Gang zu setzen. In einem Dorf namens Hampstead waren Rettungssa­nitäter per Notruf alarmiert worden, nachdem eine Frau einen Herzinfark­t erlitten hatte. Jedoch versperrte­n umgestürzt­e Bäume den Zugang zu dem Haus, sodass die Helfer zu spät kamen, um noch Hilfe zu leisten.

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FOTO: AFP Schwierige Rettungsmi­ssion in Macau: Einsatzkrä­fte kämpfen sich am Sonntag nach dem Taifun „Mangkhut“durch die Fluten.
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FOTO: IMAGO Das Fahrzeug eines technische­n Hilfsdiens­tes gerät wegen überflutet­er Straßen in der Nähe der Stadt Wilmington, North Carolina, ins Schleudern. Viele Bäche und Flüsse, auch in ansonsten eher trockenere­n Gebieten, sind durch die enormen Regenmenge­n über ihre Ufer getreten.

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