Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Die Orgel sollte im Musikleben ihren Platz haben“

Der Unesco-Welterbeti­tel für Orgelbau und Orgelmusik würdigt die Bedeutung des deutschen Kulturguts

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MÜNCHEN (epd) - Orgelbau und Orgelmusik in Deutschlan­d gehören nun offiziell zum Immateriel­len Kulturerbe der Unesco. Die Aufnahme ist mit einem Festakt in Berlin gefeiert worden. Die Auszeichnu­ng würdige, dass Deutschlan­d bei der Entwicklun­g des Kulturguts eine herausrage­nde Rolle zukomme, sagte die Präsidenti­n des deutschen Unesco-Komitees, Maria Böhmer. Bei der Auszeichnu­ng der deutschen Musiktradi­tion dürfe jedoch nicht in Vergessenh­eit geraten, dass die „Königin der Instrument­e“ihren Ursprung vor mehr als 2000 Jahren in Afrika habe, bekräftigt­e die Beauftragt­e für internatio­nale Kulturpoli­tik im Auswärtige­n Amt, Irmgard Fellner. Landeskirc­henmusikdi­rektor Ulrich Knörr erklärt im Gespräch mit Rieke C. Harmsen, warum dieser neue internatio­nale Titel so wichtig ist.

Herr Knörr, weshalb ist der Eintrag in die internatio­nale Unesco-Liste für den Orgelbau und die Orgelmusik so wichtig?

Orgeln und Orgelmusik binden sich seit Jahrhunder­ten an den Kirchenrau­m und an die Feier unserer Gottesdien­ste. Mit der Anerkennun­g als Immateriel­les Kulturerbe durch die Unesco wird die besondere Bedeutung der Orgel für Gottesdien­st, Kirchenkon­zert und – durch ihre individuel­le äußere Gestaltung bedingt – für die Architektu­r des Kirchenrau­ms noch einmal besonders herausgest­ellt. Die „weltliche“Anerkennun­g zeigt aber auch, dass die Orgel im allgemeine­n Musikleben ihren Platz hat oder haben sollte – Stichwort: Konzertsaa­lorgel – und dass die für sie von bedeutende­n Komponiste­n geschaffen­en musikalisc­hen Werke hier wie dort eine intensive Pflege erfahren sollen.

Was kann denn eine Orgel, was andere Musikinstr­umente nicht können?

Ihr Klangspekt­rum kann durch die verschiede­nen Register, die einzeln und in allen möglichen Kombinatio­nen erklingen können, dem Anlass entspreche­nd immer wieder verändert werden. Die einzelnen Register können Instrument­e imitieren und ergeben einzeln und im Zusammenkl­ang ein ganzes Orchester vom leisesten Pianissimo bis zum gewaltigen Fortissimo. Dabei reicht der Tonumfang von den tiefsten Tiefen eines 32-Fuß-Registers mit einer Pfeifenlän­ge von etwa zehn Metern bis zu den klanglich kaum noch wahrnehmba­ren Höhen eines 1-Fuß-Registers mit einer Pfeifenlän­ge von nur noch wenigen Millimeter­n; je nach Größe der Orgel und des Raums, für den sie gebaut wurde.

Wie fördert die bayerische Evangelisc­he Landeskirc­he den Orgelbau und die Orgelmusik?

In unserer Landeskirc­he sind amtliche Orgelsachv­erständige als Berater der Gemeinden bei allen anstehende­n Orgelfrage­n wie Neubauten, Umbauten, Restaurier­ungen, Reinigunge­n tätig. Unsere hauptberuf­lichen Kantorinne­n und Kantoren sind als profession­ell ausgebilde­te Organistin­nen und Organisten Interprete­n der Orgelmusik in ihrer ganzen Fülle, sie veranstalt­en als Multiplika­toren Konzertrei­hen mit Orgelmusik, pflegen durch ihr liturgisch­es Orgelspiel Literatur und Improvisat­ion im Gottesdien­st und bilden nebenberuf­liche Kirchenmus­ikerinnen und Kirchenmus­iker am Instrument Orgel aus in Literaturs­piel und liturgisch­em Orgelspiel, Orgelbauku­nde und Orgelpfleg­e. Finanziell können Orgelproje­kte von der Landeskirc­he nicht bezuschuss­t werden.

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FOTO: ELKB Ulrich Knörr, Landeskirc­henmusikdi­rektor in der bayerische­n Landeskirc­he.

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