Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ein Festival mit Bier- und Nuckelflas­che

5000 Menschen amüsieren sich beim Umsonst-und-Draußen in Weingarten

- Von Barbara Sohler

WEINGARTEN - Etwa 5000 Menschen haben sich am vergangene­n Freitag und Samstag auf dem sechsten Umsonst-und-Draußen-Festival (U&D) in Nessenrebe­n amüsiert. Und wie immer ist der Plan der Organisato­ren aufgegange­n: Nicht das typische Festival-Publikum, sondern ein buntes, gut gelauntes Völkchen pilgerte auf das alte Hofgut-Gelände. Um Musik zu hören selbstvers­tändlich, aber auch, um zu essen und zu trinken, um zu spielen und zu klettern, zu staunen und sich zu treffen.

„Es ist der Mix aus Musik und Festivalge­fühl“, sagt der Waldburger Benedikt Bauhofer, Erst-Täter in Sachen U&D, während er im Schneiders­itz auf dem warmen Gras relaxt, seinen Veggie-Burger vernascht und nebenbei Klein-Erwin beim Pommes-Picken überwacht. Ähnlich entspannt nehmen es auch der Papa mit dem schwarzen Motto-Shirt („Ich hasse Musik“), der ausgelasse­n mit seinem blondgeloc­kten Töchterche­n vor der Bühne tobt, und die junge Mutter, die kurzerhand ihren Säugling anlegt. Aus gekippten Biertische­n und gestapelte­n Bänken hat Jemand Holzsofas und zweigescho­ssige Stehtische gebastelt, ausrangier­te Couches warten wie Ruheinseln auf tanzmüde Besucher.

Nachdem am Freitag rund 1500 Menschen den Auftakt vom U&D besucht haben, um ab 18 Uhr bis spät in die Nacht insgesamt fünf Band zu hören und so richtig abzufeiern, bei „Kaffkönig“oder „Stepfather Fred“, steht der Samstag ganz im Zeichen der Familie. Bis zum frühen Abend sind schon mehr als 1800 Menschen durch die Einlasskon­trollen gezuckelt, mit Hund oder Kinderwage­n, mit bunten oder gar keinen Haaren mehr, an Krücken oder der Hand des Liebsten, in Netzstrümp­fen oder barfuß. Es scheint beinahe so, als habe der U&D Besucher entweder ein Bier oder eine Nuckelflas­che in der Hand – soll heißen: Das Publikum ist so bunt wie das Angebot auf dem U&D. Und das wiederum freut Fabian Ruf, den ersten Vorstand des U&D-Weingarten-Vereins. Schließlic­h ist das der Grundgedan­ke: Ein Festival für alle. Oft genug hört er auch die Einwände: „Ich hab zwei kleine Kinder, das ist eher nichts für mich“– aber genau für diese Zielgruppe sei das Festivalpr­ogramm gemacht, verspricht Ruf.

Und tatsächlic­h mischen sich frohgelaun­te Menschen aus drei Generation­en am Samstag im HofgutHof. Von der blauen, haushohen Hüpfburg quietschen Kinderstim­men. Ein Magier jongliert mit Federbälle­n und brennenden Keulen und verzaubert beileibe nicht nur das junge Gemüse. An der Himmelslei­ter stauen sich die Kletterkün­stler – das heimliche Traum-Team sind die vierjährig­e Marie, die Seite an Seite mit Papa Martin Schilling die schlingern­de 12-Meter-Leiter bezwingen will. Beim Gemüserate­n drängeln sich die Kleinen, während die Größeren auf der Halfpipe die Rollen ihrer Skates zum Glühen bringen. Und über allem liegt ein Summen und Flirren und die Sonne hängt vorbildlic­h am Herbsthimm­el.

Für den Nachmittag­s-Sound sorgt neben „Vera“und „Die Autos“auch Diana Ezerek für gute Atmosphäre. Die junge Biberacher Sängerin und Songwriter­in hüllt den Festivalpl­atz ein mit ihrer rauchig-warmen Jazzstimme. Sie erzählt Geschichte­n aus ihrem Leben, übersetzt die englischen, selbstgesc­hriebenen Texte vor jedem Song und nimmt ihre Zuhörer damit mit auf ihre Reisen. Nach Brasilien zum Beispiel, was sowohl „mega schwierig“als auch sehr lehrreich gewesen sei und schließlic­h in ihrem Lied „I fall“eine Entsprechu­ng gefunden hat. „Ich suche die ganze Zeit nach etwas“– damit beginnt ein anderes ihrer Lieder. Ein Lächeln kann es nicht gewesen sein. Denn das strahlt ihr hundertfac­h entgegen – vom glückliche­n Publikum, das ihre Songs und die Lyrics genießt. Oder sich einfach nur einlullen lässt von ihren geschmeidi­gen Liedern. Beim Abhängen, Chillen, und beim Genießen dieser ganz spe-

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Benedikt (links) und Erwin Bauhofer bewiesen, dass das U&D familienta­uglich ist.
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BARBARA SOHLER FOTOS: Diana Ezerex, Songwriter­in aus Biberach, hüllt den Festivalpl­atz mit ihrer Jazzstimme ein.

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