Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Schach ist nichts für schwache Nerven
Im Hofgartentreff in Aulendorf sollen bald Schachfiguren übers Brett ziehen.
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AULENDORF - König, Dame, Läufer, Turm, Springer und Bauer: klar, die Rede ist von Schachfiguren. In Aulendorf sollen sie ab kommenden Donnerstag im neuen Familien- und Integrationszentrum über die schwarzen und weißen Felder der Spielbretter ziehen. Denn dort startet der Kurs „Schach im HofgartenTreff“. Die Teilnahme ist kostenlos und steht allen Interessierten offen. Dabei ist das Brettspiel in Aulendorf nicht unbekannt; die Grundschule legte vor ein paar Jahren eine Schach-AG auf, mit Marius Deuer, der in diesem Sommer in Riga bei der Jugendeuropameisterschaft im Schach antrat, kommt ein erfolgreiches Nachwuchstalent aus Aulendorf – und den Aulendorfer Schachclub gibt es bereits seit mehr als 70 Jahren.
„Schach ist sehr abwechslungsreich. Es gibt zig Eröffnungsvarianten“, sagt einer, der in seinem Leben schon seit mehr als 40 Jahren begeistert Schach spielt. Mit 16 Jahren lernte Siegfried Abt die Grundregeln in der Schach-AG des Aulendorfer Gymnasiums, heute ist der 59-Jährige Vorsitzender des Aulendorfer Schachclubs, der bereits 1947 gegründet wurde, seit rund fünf Jahren aber inaktiv ist. „Uns ist es mangels Zeit und Spielern entglitten“, berichtet er. Dabei traten Aulendorfer Schachspieler früher sogar in der Bezirksklasse an.
Schachclub war in der Bezirksliga
Jährlich wurde in Aulendorf ein Stadt- sowie ein Vereinsmeister ausgespielt. Der Schachclub hatte bis zu zwei Mannschaften sowie zwei Jugendmannschaften für den Ligabetrieb angemeldet. Und als höchste Klasse spielte der SC eben über viele Jahre in der Bezirksklasse mit. Dort spielen acht Spieler gegeneinander, Brett 1 bis Brett 8. Es wird nach der Spielstärke von Brett 1 absteigend aufgestellt. Wer jetzt an endlose Denkpausen und ein langsames Spiel denkt, der irrt. Der Zeitdruck spielt beim Schach immer mit.
„Man kann nicht bei jedem Zug zehn Minuten lang überlegen“, erklärt Abt, der selbst auch Turniererfahrung hat. „Gespielt wird immer auf Zeit mit einer Schachuhr. Bei Turnierpartien spielt man normalerweise zwei Stunden für 40 Züge, dann eine weitere Stunde für den Rest der Partie. Wer das Zeitlimit nicht einhält, hat sofort verloren“, berichtet er. Die Uhr im Blick behalten, die Züge vorausdenken, nebenbei seine Züge mitschreiben und taktisches Geschick walten lassen: da kommt der Kopf ganz schön auf Touren. „Es ist wie bei allen Sportarten, wenn man tief drin ist, wird es spannend, es ist ein Nervenkitzel und man kommt ins Schwitzen“, beschreibt Abt.
Blitzschach ist eine Sonderform
Was für das normale Schach gilt, gilt erst recht für eine in Aulendorf seinerzeit besonders beliebte Form: das Blitzschach. Dabei stehen jedem Spieler nur fünf Minuten Bedenkzeit für die ganze Partie zur Verfügung. In Aulendorf fanden viele Blitzschachturniere statt – an Neujahr, Drei-König, zu Ostern, Pfingsten, Weihnachten und Silvester sowie ein monatliches Turnier –, zu denen sich gerne Spieler aus der ganzen Region gesellten hätten, berichtet Abt. „Auch unser Gründungsmitglied Paul Schulz hat in hohem Alter noch sehr gut Blitzschach gespielt.“ Abt selbst kann sich noch gut an sein wohl nervenaufreibendstes Spiel erinnern, auch wenn es schon einige Jahre her ist. Beim internationalen Blitzschachturnier in Rankweil mit mehr als 100 Teilnehmern entging ihm um Haaresbreite der Turniersieg. Die Entscheidung fiel in einer Partie mit einem Drei-Minuten-Zeitlimit. Es wurde spannungsmäßig ein Schach-Krimi. „Ich hatte die Figur schon in der Hand, dann fehlte mir eine halbe Sekunde, um sie ab- und meinen Gegner matt zu setzen.“
Noch etwas, was für das Schachspiel spricht: „Wenn man zu sehr unter Druck gerät und keinen kühlen Kopf bewahrt, wenn es eng wird, verliert man“, sagt Abt und kann daraus durchaus etwas für das Leben neben dem Spielfeld ableiten: „Man lernt beim Schach, auch in stressigen Situationen cool zu bleiben.“