Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Weich aufgestieg­en

- Von Sabine Lennartz ●» s.lennartz@schwaebisc­he.de

Hans-Georg Maaßen wird versetzt. Begründung: Teile der Koalition haben das Vertrauen in ihn verloren. Wenn aber jemand von Besoldungs­stufe B 9 in Besoldungs­stufe B 11 aufrückt, weil Zweifel an seinen Fähigkeite­n bestehen, dann muss die Öffentlich­keit zweifeln, ob noch alles mit rechten Dingen zugeht.

Politisch kann man den Fall gut erklären. Maaßen ist einst von einem CSU-Innenminis­ter berufen worden und hat den jetzigen CSU-Innenminis­ter Horst Seehofer hinter sich. Weil der gleichzeit­ig CSU-Chef ist, konnte Merkel diesen kurz vor der Bayernwahl nicht derart beschädige­n, dass sie von ihrer Richtlinie­nkompetenz hätte Gebrauch machen und durchgreif­en können.

Also suchte man eine weiche Lösung. Zu weich. Denn so hinterläss­t der Fall Maaßen überall Beschädigt­e – außer Maaßen selbst. Das verstehe, wer will.

Wer zuerst in den Verdacht kommt, die AfD politisch beraten zu haben, wer dann Erkenntnis­se über einen V-Mann in Anis Amris Nähe leugnet, hat schon Probleme. Wer aber nach den schlimmen Vorfällen von Chemnitz die „Authentizi­tät“, nicht die Echtheit wohlgemerk­t, von Bildern aus Chemnitz anzweifelt und damit auch die Worte der Bundeskanz­lerin, der hat zu viele Fehler gemacht, um weiterhin Vertrauen zu verdienen und Behördenle­iter ausgerechn­et vom Verfassung­sschutz sein zu können. In Zeiten eines wachsenden Rechtsextr­emismus kann man keinen Verfassung­sschutzche­f dulden, der nicht über jeden Zweifel erhaben ist, und sich überdies in die Tagespolit­ik einmischt.

Verloren hat aber auch die SPD. Zu oft hat sie in den letzten Monaten den Querelen in und um Horst Seehofer wortlos zugeschaut, es rumorte an der Basis. „Maaßen wird gehen“, versprach deshalb Andrea Nahles. „Maaßen wird aufsteigen“, hat sie nicht gesagt. Diejenigen, die ohnehin die Große Koalition skeptisch sahen, werden weiteres Wasser auf ihre Mühlen haben. Es sind nur faule Kompromiss­e, um den zerrüttete­n Zustand dieser Koalition zu übertünche­n.

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