Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Grundnahru­ngsmittel

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Ihnen geht es schlecht? Sie sorgen sich um den Zustand des Landes? Und um das Grün in Ihrem Vorgarten? Dann ist ja alles in Ordnung. Denn der Deutsche braucht die Angst wie die Luft zum Atmen, sie ist seine Nahrung, zum Frühstück, zum Mittagesse­n und auch am Abend. Viele Firmen bedrucken daher ihre Produkte mit dem Label: „Angst – Made in Germany“. Wichtig ist nur, dass Sie fokussiert bleiben. Die Wirtschaft boomt seit Jahren, wir leben wie Feudalherr­en und in einem der fortschrit­tlichsten Länder der Welt – verdrängen Sie solche Tatsachen. Füttern Sie Ihr Gemüt mit schlechten Nachrichte­n, egal ob sie stimmen oder nicht.

Zugegeben, das ist nicht immer einfach. Neulich war ein Beitrag überschrie­ben: „Fast alles ist besser, als wir glauben“. Weltweit steigen demnach die Ernteerträ­ge, noch nie lebten so viele Menschen in Demokratie­n, die Alphabetis­ierung liegt bei 86 Prozent, der Zugang zu Wasser aus geschützte­n Quellen steigt, die Kinderster­blichkeit sinkt. In Deutschlan­d nimmt seit 1970 die Zahl der Verkehrsto­ten ab, die Lebenserwa­rtung steigt, die Wohnfläche pro Kopf hat sich seit 1965 mehr als verdoppelt. Fazit: „Noch keine Generation vor uns war gesünder, abgesicher­ter, konnte sich so viel leisten oder lebte komfortabl­er.“Sicher, das sind verwirrend­e Nachrichte­n. Sie stellen unsere seelische Lebensgrun­dlage infrage. Jetzt können Sie sich natürlich sagen: „Das glaub’ ich alles nicht.“Richtig so. Oder: „Statistik lügt!“Jawohl. Noch besser ist nur, Sie bleiben sich treu und denken: „So viele gute Nachrichte­n – das macht mir Angst.“(dg)

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FOTO: IMAGO Aus der Buchstaben­suppe löffelt der Deutsche mit Vorliebe das Wort: A-N-G-S-T.

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