Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Bei den Emmys siegt die Tradition

„Game of Thrones“beste Serie – Wenig Vielfalt bei US-Fernsehpre­is

- Von Christian Fahrenbach

LOS ANGELES (dpa) - Gleich zu Beginn haben sich die Produzente­n der

70. Emmy Awards selbst ihr Zeugnis gegeben: „Wir haben’s gelöst“(„We solved it“) hieß es in einer Tanznummer mit Stars mehrerer Minderheit­en, die in Film und Fernsehen immer noch unterreprä­sentiert sind. Die schwarzen Schauspiel­er und Comedians Sterling K. Brown („This is Us“) und Kenan Thompson („Saturday Night Live“), Latinosäng­er Ricky Martin und die kanadisch-koreanisch­e Schauspiel­erin Sandra Oh waren zu sehen und bemühten sich, dem Abend einen Anstrich von Vielfalt mitzugeben – doch in den folgenden drei Stunden machten die Juroren der Television Academy diesem Verspreche­n einen Strich durch die Rechnung. Es siegten alte – und vorwiegend weiße – Bekannte.

Melancholi­e aus den 50er-Jahren

In den Comedykate­gorien mussten beispielsw­eise die innovative­n Schwarzen-Dramadies „Atlanta“und „Insecure“zurückstec­ken. Weder in den Darsteller- noch in den Hauptkateg­orien gewannen sie, stattdesse­n war die melancholi­sche 50er-Jahre-Serie „The Marvelous Mrs. Maisel“der große Abräumer. Neben dem Preis als beste Comedyseri­e gewann auch Rachel Brosnahan in der Titelrolle als aufstreben­de Comedian Midge Maisel im New Yorker East Village den Emmy als beste Schauspiel­erin in einer Comedyseri­e. Weitere Preise gab es für Regisseuri­n und Autorin Amy Sherman-Palladino und Nebendarst­ellerin Alex Borstein. Die charmante Serie kam auf insgesamt acht Preise; sie läuft in Deutschlan­d im StreamingA­ngebot von Amazon.

In den Dramakateg­orien wurde die Fantasyrei­he „Game of Thrones“zum dritten Mal als beste Serie ausgezeich­net. Der Schauspiel­er des „Gnoms“Tyrion Lennister, Peter Dinklage, gewann auch den Preis als bester Nebendarst­eller in einer Dramaserie. Insgesamt kam die Serie auf neun Auszeichnu­ngen, viele davon allerdings in den kleineren Sparten wie Make-up und Spezialeff­ekte.

Großer Verlierer bei den Dramen war der Vorjahress­ieger „The Handmaid’s Tale“: 20 Mal war das dystopisch­e Drama über eine nahe Zukunft, in der Frauen brutal unterdrück­t werden, nominiert, nur drei Siege gab es. Auch der komplexe Sci-FiWestern „Westworld“gewann nur vier Preise bei 21 Nominierun­gen – beide wären mutigere Sieger als „Game of Thrones“gewesen.

Gewohnt gut lief es dagegen für „Saturday Night Live“mit acht Auszeichnu­ngen. Künstleris­ch muss das Team um Produzent Lorne Michaels sich aber Kritik gefallen lassen: Zum ersten Mal seit den späten 80er-Jahren wurden sie für die Gags und Laudatione­n der chronisch quotenschw­achen Emmys angeheuert, doch die dreistündi­ge Show litt unter einigen Hängern, die beim Star-Publikum im Microsoft Theater sichtliche Ratlosigke­it hinterließ­en.

Auffällig auch die Abwesenhei­t des derzeit häufigsten unsichtbar­en Gasts bei US-Award-Zeremonien: Donald Trump. Hatte Robert de Niro noch beim Theaterpre­is Tony „Fuck Trump!“in die Mikrofone geschrien, so blieben die Fernsehsta­rs ungewohnt zahm. Einzig Late-Night-Moderatori­n Samantha Bee gönnte sich einen bissigen Seitenhieb und sagte: „Ich schaue gerade immer dieses sehr schockiere­nde dystopisch­e Drama namens ,Die Nachrichte­n’. Aber sie müssen wirklich mal die Hauptrolle neu besetzen.“

Mehr Eindruck hinterließ da schon Regisseur Glenn Weiss. Er gewann einen Preis für die Inszenieru­ng der Oscarverle­ihung und nutzte seine Dankesrede für einen Heiratsant­rag. An seine im Publikum sitzende Freundin Jan Svendsen gerichtet, sagte er: „Du fragst dich, warum ich dich nicht ,meine Freundin’ nenne. Ich will dich ,meine Frau’ nennen.“Sie nahm an.

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FOTO: IMAGO Preisträge­r Peter Dinklage aus „Game of Thrones“.

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