Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Jetzt gehen sie sogar übers Wasser
Bei der Tipoff-Gala wandeln die Ulmer Basketballer auf unsicherem Terrain
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ULM - Nach der vergangenen und reichlich verkorksten BundesligaSaison wird von den Basketballern von Ratiopharm Ulm in der neuen Spielzeit eine Menge erwartet. Dass sie übers Wasser gehen, das gehört eigentlich nicht dazu.
Bei der festlichen Tipoff-Gala zur Saisoneröffnung vor 400 geladenen Gästen im Restaurant Lago mussten sie aber genau diese Herausforderung bestehen. Einzeln und mit vorsichtigen, bisweilen unsicheren Schritten kamen die Profis und ihre Trainer über den wackeligen Steg auf dem Natursee vor der Terrasse ins Lokal, wo sie von Moderator Marc Herrmann zu ihren sportlichen Kernkompetenzen und ihren Erwartungen befragt wurden.
Am weitesten lehnte sich dabei Ismet Akpinar aus dem Fenster. Einen Tag, nachdem die deutsche Nationalmannschaft in Leipzig mit einem 112:98-Sieg nach Verlängerung gegen Israel die WM-Qualifikation perfekt gemacht hatte, sagte der möglicherweise noch ein wenig euphorisierte Ulmer Nationalspieler zu seinem Saisonziel: „So viele Spiele wie möglich gewinnen. Und wenn man jedes Spiel gewinnt, dann wird man bekanntlich Meister.“
Trainer Leibenath dankbar, dass er weitermachen durfte
Das erwarten aber wohl ernsthaft nicht einmal die größten Optimisten von den Ulmern. Auch in der neuen Saison dürfte kein Weg am Meister und Pokalsieger Bayern München vorbeiführen, gleichzeitig der erste Gegner am ersten Spieltag der Bundesliga am 28. September in Ulm. Die Favoritenrolle der Münchner wird umso größer, wenn man weiß, dass der bisherige Erzrivale Bamberg finanziell abgespeckt hat.
Das Mitleid des Ulmer Geschäftsführers Andreas Oettel mit der Basketball-Großmacht aus Oberfranken hält sich allerdings in Grenzen: „Wenn die Bamberger ihren Etat von 25 auf 15 Millionen Euro reduzieren, dann sind sie immer noch klar die Nummer 2 in der Liga. Wenn wir um zehn Millionen reduzieren, dann sind wir nicht mehr da.“
Die Ulmer ihrerseits haben in der vergangenen Saison erstmals in der Amtszeit von Thorsten Leibenath die Play-offs verpasst. In seiner Aufarbeitung sagte der Trainer rückblickend: „Ich rechne es dem Management hoch an, dass es mir das verziehen hat. Das darf nicht noch einmal passieren.“
Diesmal also ist das Erreichen eines Platzes unter den Top-Acht der Hauptrunde Pflicht und Leibenath gibt sich durchaus optimistisch: „Die Hoffnung ist berechtigt, meine Erwartung ist das auch.“Was dem Trainer bei seiner bisherigen Arbeit mit der Mannschaft Mut gemacht hat: „Diese Saison ist deutlich mehr Zug dahinter und deutlich mehr Begeisterung dabei.“
Diese Begeisterung muss die Ulmer irgendwie auch über den ersten Spieltag tragen, an dem es am Freitag der kommenden Woche ausgerechnet gegen die Bayern geht. Leibenath blickt dieser Ansetzung mit gemischten Gefühlen entgegen. „Wenn wir mit 30 Punkten verlieren, dann ist das auch nur eine Niederlage und trotzdem wird der Abgesang beginnen“, sagte der Trainer: „Aber so ein Spiel kann auch eine Signalwirkung entwickeln, wenn wir uns gut verkaufen und vielleicht sogar gewinnen.“
Während die Tipoff-Gala vor einem Jahr im Neu-Ulmer Wiley-Club noch zu einer penetranten Werbeveranstaltung für den Orange-Campus geriet, spielte das Thema diesmal nicht die dominierende Rolle. Das Nachwuchsleistungszentrum am Donauufer ist nach gewaltigen kommunalpolitischen Verwerfungen in den vergangenen Monaten schließlich inzwischen beschlossene Sache, in wenigen Wochen sollen die viel zitierten Bagger anrollen. Und in zwei Jahren, hofft man bei Ratiopharm Ulm, wird die Tipoff-Gala dann auf dem Gelände des OrangeCampus über die Bühne gehen.