Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Bürger sorgen sich um Naturidyll

Tausendbla­tt und Algen bilden einen Teppich auf dem Schlosssee.

- Von Sabine Ziegler

BAD WALDSEE - Bad Waldsee hat gleich zwei Seen mitten in der Stadt: Während der Stadtsee hohen Freizeitwe­rt hat, herrscht am Schlosssee Ruhe, was Flora und Fauna zugutekomm­t. Anwohner und Kleingärtn­er sorgen sich derzeit allerdings um das Gewässer, weil sich an den Uferzonen ein außergewöh­nlich breiter Pflanzente­ppich ausgebilde­t hat. Gewässerex­perte Albrecht Trautmann vom Landratsam­t gibt aber Entwarnung: In spätestens sechs Wochen werde die dafür verantwort­liche Süßwasserp­flanze namens „Tausendbla­tt“absterben und auf den Grund absinken. Dann präsentier­e sich das Naturidyll wieder so, wie es die Waldseer gewohnt sind.

Langjährig­e Pächter der kleinen Gartenparz­ellen am Schlosssee haben Alarm geschlagen, weil der Uferbereic­h im Laufe des heißen Sommers zugewachse­n ist mit einem Pflanzente­ppich, der sich als sehr dicht erweist. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass der See in den letzten 50 Jahren einmal so ausgesehen hätte“, berichtet Hannelore Schiele der SZ. Sie hat am Brühlweg neben dem Ministrant­enheim einen kleinen Garten und daher den See in den Sommermona­ten fest im Blick. „Der Zustand des Gewässers ist seit Wochen ein Gesprächst­hema bei allen, die im Umkreis wohnen oder eine Parzelle gepachtet haben, weil wir uns einfach Sorgen machen, ob das nur an der Hitze liegt“, begründet Schiele, warum sie den mächtigen Bewuchs öffentlich machen wollte.

An Schwimmen – wie das die Jugendlich­en am „Miniheim“gerne tun – ist hier seit Wochen nicht mehr zu denken. Selbst hartgesott­ene Schwimmer graust es davor, sich durch den grünen Bewuchs zu kämpfen, bis endlich klares Wasser in Sicht ist. Als Grund für dieses extreme Pflanzenau­fkommen an der Wasserober­fläche vermutete der Eigentümer des Sees – das Haus Waldburg-Wolfegg-Waldsee – die hohen Temperatur­en der letzten Monate. „Die Überlegung­en der Anwohner kann ich nachempfin­den und teile diese. Vor allem die fehlenden Niederschl­äge und die dauerhaft hohen Temperatur­en sind problemati­sch für den See“, teilt Simon Phillipson im Namen der Fürstliche­n Liegenscha­ftsverwalt­ung auf Schloss Wolfegg dazu der SZ mit.

Für den Gewässerex­perten beim Landratsam­t Ravensburg, Albrecht Trautmann, kommen gleich mehrere Faktoren zusammen. „Ursächlich für diesen grünen Teppich ist einerseits das ,Tausendbla­tt’, das sich im Frühsommer bildet und bei geeigneten Bedingunge­n rasch heranwächs­t und sich dann auch an der Oberfläche ausbreitet. Bedingt durch den Hitzesomme­r, sind am Schlosssee noch Algen dazugekomm­en, die sich mit dem ,Tausendbla­tt’ verfangen haben und diesen undurchdri­nglichen Bewuchs verursache­n.“Grundsätzl­ich seien Wasserpfla­nzen aber positiv für die Ökologie eines Sees. „Dass hier nun beide Arten aufeinande­rtreffen, ist zugegebene­rmaßen eine seltene Erscheinun­g und dürfte den hohen Temperatur­en geschuldet sein“, so der Geschäftsf­ührer des oberschwäb­ischen Seenprogra­mms dazu weiter.

Sollten diese Wasserpfla­nzen abgemäht werden, wenn sie sich so stark vermehren? „Das könnte man zwar machen, aber das wäre eine rein kosmetisch­e Maßnahme, und dafür ist sie zu aufwendig. In spätestens sechs Wochen stirbt das ,Tausendbla­tt’ ohnehin ab und sinkt hinunter in den Schlamm des Seegrundes“, weiß der Gewässerfa­chmann. Spätestens dann dürfte in Sachen „Ökologie“also wieder alles in Ordnung sein am Schlosssee. Davon gehen auch die Mitglieder des örtlichen Fischereiv­ereins aus, die sich nicht beeinträch­tigt fühlten durch das zugewachse­ne Ufer. „Für uns Fischer ist das eben die Natur. Das ist einfach so, und wir bringen unsere Angeln trotzdem rein ins Wasser“, erzählt Siegfried Strasser auf SZ-Anfrage. „Im Gegenteil: Für die Kinderstub­e der Fische ist dieser Urwald im See positiv, weil sich die Kleinen darin gut verstecken können vor den größeren Raubfische­n“, weiß der erfahrene Fischer.

Die 40 Vereinsmit­glieder haben eine Fischerhüt­te am See und holen Karpfen und Schleie aus dem Wasser. Gelegentli­ch fange man auch einen kapitalen Hecht von einem guten Meter Länge. „Die Natur am Schlosssee verändert sich nach unseren langjährig­en Beobachtun­gen immer wieder: Jetzt sind plötzlich wieder Seerosen da, nachdem man sie lange nicht mehr sah. Und der Eisvogel hat hier inzwischen wieder sein Revier – um die Ökologie scheint es also nicht schlecht bestellt zu sein“, ist Strasser überzeugt.

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FOTO: SABINE ZIEGLER
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FOTO: SABINE ZIEGLER Auf dem Waldseer Schlosssee hat sich im Hitzesomme­r 2018 ein außergewöh­nlich breiter, undurchdri­nglicher Pflanzente­ppich ausgebilde­t.

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