Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Tränen gelacht und Tränen geweint

Elli Jäger und Martina Assfalg waren für die Franziskan­erinnen in Indonesien

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BAD WURZACH (sz) - Acht Wochen bei und mit den Franziskan­erinnen von Reute in Indonesien zu leben, zu beten und zu arbeiten – diese Möglichkei­t bietet die St.-Elisabeth-Stiftung ihren Mitarbeite­nden. Jüngst sind die Bad Wurzacheri­n Elli Jäger und die Bad Waldseerin Martina Assfalg von ihrem Indonesien-Einsatz zurückgeke­hrt.

Mit Eindrücken, Erlebnisse­n und Erfahrunge­n im Kopf und im Herzen, die keine Urlaubsrei­se je bieten könnte, wie aus einem Bericht der Stiftung hervorgeht.

Mit einer Urlaubsrei­se hat die Zeit in Indonesien nichts gemein. „Die Inseln sind ein Paradies. Aber wir haben hinter die Kulissen geblickt.“So fasst es Martina Assfalg zusammen. Die 29-jährige Groß- und Außenhande­lskauffrau hat bis zu ihrer Abreise nach Indonesien in der Verwaltung der Klostermet­zgerei in Reute gearbeitet und hat jetzt in den Bereich Informatio­ns- und Telekommun­ikationste­chnologie in der Stiftungsz­entrale gewechselt.

Elli Jäger (54) ist Altenpfleg­erin im Wohnpark am Schloss in Bad Waldsee. Mit ihrem Mann und zwei erwachsene­n Kindern wohnt sie in Bad Wurzach. Als gelernte und begeistert­e Fotografin hat sie mit großer Freude das Leben in den Konventen der Franziskan­erinnen in Indonesien in Fotos und Videos dokumentie­rt.

Ebenso wie die drei Mitarbeite­nden, die im Oktober nach Indonesien aufbrechen werden, wurden auch Martina Assfalg und Elli Jäger intensiv auf ihren Einsatz auf den Inseln vorbereite­t. Sie haben einen Sprachkurs absolviert und schon vorab viel über Land und Leute erfahren.

Die ersten Tage gemeinsam und dann getrennt voneinande­r waren sie in den verschiede­nen Konventen der Franziskan­erinnen auf Sumatra, auf Tello und Nias im Einsatz. Sie haben mit den Schwestern gelebt und gebetet und in den Kindergärt­en und Poliklinik­en mitgearbei­tet, haben Büro- und Küchenarbe­iten erledigt und in acht Wochen unglaublic­h viel gesehen, erlebt und gelernt – auch über sich selbst. „Ich habe meine Komfortzon­e ganz schnell verlassen und Dinge bewältigt, an die ich vorher nicht einmal gedacht hätte“, sagt Martina Assfalg. Elli Jäger ergänzt: „Du baust mit der Zeit eine Art Grundvertr­auen auf. Egal wie es kommt, es gibt fast immer einen Weg. Du darfst nur den Kopf nicht in den Sand stecken.“

Die beiden erzählen von Krankenbes­uchen auf Inseln, deren Bewohner außer Fischfang gar nichts haben. Von Schwangere­n, die die Geburt ihres Kindes nicht überleben, weil sie keinen Zugang zu medizinisc­her Versorgung haben. Sie berichten von Nächten auf nacktem Betonboden und von Körperpfle­ge in Räumen, die mit unserem Verständni­s eines Badezimmer­s so gar nichts gemeinsam haben.

Von Menschen, die sie mit offenen Armen aufgenomme­n haben und von Kindern, die beim Anblick eines geschenkte­n Luftballon­s ungläubig strahlen. Von Traumsträn­den, an denen sich keine Liegestühl­e aneinander­reihen, sondern sich der Müll stapelt. Von himmlische­n Mangofrüch­ten im Garten, fröhlichen Spätzle-Mahlzeiten, wenn sie für ihre Gastgeber die Spezialitä­t aus der schwäbisch­en Heimat gekocht haben, aber auch von einem nach einem Tauchunfal­l auf einem Holzbett dahinveget­ierenden jungen Mann.

Sie haben Tränen gelacht und Tränen geweint. Haben Gänsehautm­omente erlebt, ihre Grenzen gespürt und sind manches Mal über sich hinaus gewachsen. Sie haben ihre Kleidung von Hand gewaschen und sind morgens vor Fünf aufgestand­en und spät abends müde ins Bett gefallen. „Wir möchten diese acht Wochen auf keinen Fall missen und würden sofort wieder gehen“, sind sich beide Frauen einig.

Wieder zurück hat Martina Assfalg die erste richtige Dusche mit allen Sinnen genossen. Und ihr ist erschrecke­nd bewusst geworden, „wie überhäuft unsere Kinder mit Spielzeug sind.“Elli Jäger denkt seitdem manchmal, „dass wir Dinge auch einmal aus einem anderen Blickwinke­l betrachten sollten. Dann merken wir vielleicht, dass manches an Bedeutung verliert, was uns im Moment doch furchtbar wichtig oder ärgerlich erscheint.“

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FOTO: PRIVAT Elli Jäger hat unter anderem in einem Kindergart­en der Franziskan­erinnen mitgearbei­tet.

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