Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kita-Azubi wegen sexuellem Missbrauch vor Gericht
Opfer waren nicht älter als drei Jahre – Öffentlichkeit bei Prozess in Stuttgart außen vor
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STUTTGART (lsw) - Ein ehemaliger Azubi einer privaten Kita steht in Stuttgart wegen sexuellen Missbrauchs von mindestens sieben Kleinkindern vor Gericht. Der heute 21 Jahre alte Mann soll sich zwei Jahre an Kindern in Schwieberdingen bei Ludwigsburg vergangen haben. Sie waren alle nicht älter als drei Jahre. Nach Angaben des Landgerichts Stuttgart hat der Angeklagte die Taten zum Teil auch gefilmt und fotografiert. Er hat sie demnach bereits eingeräumt.
Medien und Zuschauer wurden am Dienstag für den Verlauf des Verfahrens ausgeschlossen. Zwar sei das Interesse der Öffentlichkeit an dem Fall berechtigt und groß, sagte die Vorsitzende Richterin Cornelie Eßlinger-Graf. Es überwiege aber der Schutz der Opfer, wie auch des heranwachsenden Angeklagten. Der 21Jährige leide unter einer AutismusForm, dem Asperger-Syndrom, womit es ihm kaum möglich sei, sich in der Öffentlichkeit zu äußern.
21-Jähriger hat Asperger-Syndrom
Im blauen T-Shirt, mit Vollbart und schulterlangen, blonden Haaren nahm der Angeklagte am Dienstag im Gericht Platz. In der Kita machte der Deutsche zunächst ein Praktikum, ab dem Schuljahr 2016/2017 absolvierte er hier eine Ausbildung zum Erzieher. Am 6. April 2018 wurde er festgenommen. Vor Gericht gab er am Dienstag an, eine Ausbildung an einem Berufskolleg für Elektronik aufgenommen zu haben.
Als der Fall im April bekannt wurde, tauchte zunächst die Zahl von 16 möglicherweise betroffenen Kleinkindern auf. Angeklagt ist der 21-Jährige jetzt wegen teils schweren sexuellem Missbrauch von sieben Kindern im Alter von unter drei Jahren. Passiert sein soll das Ganze zwischen März 2016 und März 2018. Laut Gericht hat er die Taten zum Teil auch gefilmt und fotografiert. Auf seinem Computer wurden etliche Kinderpornos gefunden. Deren massenhafte Verbreitung im Internet ist nach Ansicht eines Experten oft Auslöser von sexuellem Missbrauch an Kindern. „Menschen, die die Fantasie entwickeln, ein Kind zu missbrauchen, nutzen oftmals auch Missbrauchsabbildungen beziehungsweise Kinderpornografie“, sagte Professor Frederic Vobbe von der SRH-Hochschule Heidelberg. „Sie senken so ihre eigenen Tathemmungen. Es gibt einen Gewöhnungseffekt. Eigens verübte Übergriffe werden bagatellisiert.“
Die Kita, in der die Taten geschahen, wird von einer großen Firma bezahlt, die dort ihren Mitarbeitern Plätze für deren Kinder anbietet. Aktuell werden dort 75 Kinder bis drei Jahre betreut, im Kindergarten darüber sind es 35 Kinder bis sechs Jahre. Direkt nach den Vorfällen habe es drei Abmeldungen gegeben, sagte ein Firmensprecher. Ermittlungen gegen die ehemalige Leiterin wegen möglicher Beihilfe durch Unterlassen wurden laut Staatsanwaltschaft eingestellt. Der Verdacht habe sich nicht erhärtet. Inzwischen gibt es einen neuen Betreiber. Die Vorfälle würden mit dem neuen Betreiber, den Eltern und externen Experten aufgearbeitet.