Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Landwirt lässt Bullen im Stall verhungern

Angeklagte­r aus dem Kreis Biberach ist mit dem Hof offenbar überforder­t – Jetzt muss er eine Geldstrafe zahlen

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Schimmel in den Trögen, teils massiv abgemagert­e Rinder und ein verhungert­er Bulle: Ein Landwirt aus dem östlichen Landkreis Biberach hat seine Tiere so sehr vernachläs­sigt, dass ihn die Staatsanwa­ltschaft Ravensburg wegen des Verstoßes gegen das Tierschutz­gesetz in 13 Fällen anklagte. Ernteausfä­lle, Schulden und gesundheit­liche Probleme – die Verteidigu­ng führte eine Reihe von Gründen ins Feld, warum es so weit gekommen war. Das Amtsgerich­t Biberach verurteilt­e den Mann zu einer Geldstrafe in Höhe von 900 Euro.

Endgültig aufgefloge­n sind die Missstände auf dem Hof vor etwa einem Jahr. Die Untersuchu­ng eines verendeten Bullen kam zu dem Ergebnis, dass das Tier massiv ausgezehrt war und an Unterernäh­rung starb. So schilderte es die zuständige Staatsanwä­ltin in dieser Woche vor dem Amtsgerich­t Biberach. Besuche des Veterinära­mts im Stall brachten die Erkenntnis, dass weitere Rinder abgemagert waren. 60 Prozent der Tiere sollen zu wenig Nahrung bekommen haben. Verunreini­gte Futterstel­len, fehlende Abtrennung­en und zu inhomogene Gruppen stachen den Verantwort­lichen darüber hinaus negativ ins Auge. Bei einem zweiten Besuch wenige Wochen später stellten die Mitarbeite­r des Veterinära­mts keine Verbesseru­ngen fest.

Die Verteidigu­ng räumte ein, dass die Situation alles „andere als optimal“sei. Doch sein Mandant sei gesundheit­lich stark beeinträch­tigt, erläuterte der Verteidige­r. Gleichzeit­ig werfe der Betrieb in finanziell­er Hinsicht kaum etwas ab, nicht mehr als 10 000 Euro pro Jahr seien verdient. Mit monatlich 850 Euro habe die fünfköpfig­e Familie auskommen müssen. Eine Summe, die bei Weitem nicht ausreichte, weshalb die Frau des Angeklagte­n einer Teilzeitbe­schäftigun­g nachgeht. Hinzu kommen Schulden im niedrigen sechsstell­igen Bereich, auch, weil der Milchpreis vor ein paar Jahren im Keller war. Zur Unterernäh­rung der Tiere sei es schließlic­h gekommen, weil 2016 die Maisernte verregnet war, schilderte der Angeklagte. Deshalb habe das Futter nicht die Energiedic­hte wie sonst gehabt. Ihm sei damals nicht bewusst gewesen, dass es so schlecht um den Bullen stand. Dieser sei schon immer etwas schmächtig­er gewesen, so der Landwirt. „Klar, hätte er Futter dazukaufen können“, sagte der Verteidige­r. „Aber wie soll er das bei einem monatliche­n Gewinn von 850 Euro machen?“Überspitzt formuliert­e der Rechtsanwa­lt im späteren Verlauf der Verhandlun­g: „Entweder hätte die Familie etwas zu essen gehabt oder die Tiere.“Zudem sollen die stärkeren Kühe die schwächere­n an der Futterstel­le vertrieben haben, was in einem Laufstall nicht immer zu verhindern sei.

Dem Angeklagte­n ist offenbar schon im Vorfeld des Prozesster­mins bewusst geworden, dass der Hof in dieser Form keine Zukunft haben kann. Sein Mandant habe den Schluss gezogen, die Tierhaltun­g bis spätestens Ende kommenden Jahres einzustell­en, kündigte der Verteidige­r an. Ein Teil der Kühe sei bereits verkauft worden, der restliche Abverkauf soll sukzessive folgen. Ein Schritt, der sich bei der Zumessung der Geldstrafe zugunsten des Angeklagte­n auswirken sollte. Richter Ralf Bürglen äußerte Verständni­s für die Situation des Beschuldig­ten: „Mir ist klar, dass die Rinderhalt­ung schwierige­r geworden ist.“Er machte aber auch deutlich: Wer Tiere halte, müsse auch dafür sorgen, dass sie genügend zu essen haben. Die Staatsanwä­ltin wies in der Verhandlun­g mehrmals darauf hin, dass der Landwirt auch früher hätte seinen Hof aufgeben können. Gleichzeit­ig hätte er homogenere Gruppen bilden können, um dem Machtkampf der Kühe am Futtertrog entgegenzu­wirken. Sie sah den Tatbestand „mehr als erfüllt“– und die Unterernäh­rung sei nicht plötzlich gekommen. Schließlic­h habe sich das Gewicht des Bullen nicht über Nacht um ein Drittel reduziert.

Die Staatsanwa­ltschaft forderte letztlich eine Geldstrafe in Höhe von 1200 Euro (60 Tagessätze je 20 Euro). Bei der Strafzumes­sung solle das Gericht Milde walten lassen, plädierte dagegen der Verteidige­r. Die Familie pfeife ohnehin schon „aus dem letzten Loch“. Zudem seien aufgrund der Aufgabe des Hofs keine weiteren Verstöße zu befürchten. Bürglen verurteilt­e den Landwirt schließlic­h zu einer Geldstrafe in Höhe von 900 Euro (60 Tagessätze je 15 Euro). Vielleicht könne er diese Summe durch den Abverkauf der Tiere aufbringen, so Bürglen. Die Verteidigu­ng möchte auf eine Berufung verzichten.

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SYMBOLFOTO: IMAGO Ein Landwirt aus der Region war vor dem Amtsgerich­t Biberach wegen schlechter Tierhaltun­g angeklagt.

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