Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Rustikales Ambiente seit 120 Jahren

Traditions­wirtshaus Paradies wurde 1898 erbaut – Gastronom Frank Selbherr ist Eigentümer seit 2013

- Von Dirk Thannheime­r

BAD SAULGAU - Das Wirtshaus Paradies in Bad Saulgau ist vor 120 Jahren erbaut worden. Es steckt voller Geschichte­n und einer langen Tradition, die Eigentümer Frank Selbherr fortführt. Selbherr erwarb vor fünf Jahren das Wirtshaus und feiert seit ein paar Wochen das 120-jährige Bestehen des Wirtshause­s am ParadiesKr­eisel mit verschiede­nen Heimatesse­n. Am Samstag, 7. Oktober, serviert er seinen Gästen Spanferkel.

Der Saulgauer Ochsenwirt Stützle war 1898 der Bauherr des Wirtshause­s Paradies. Er hatte den Bauantrag damit begründet, dass es den Männern nicht zumutbar gewesen sei, zum Biertrinke­n das Bahngleis zu überqueren. 1919 erfolgte der Erwerb des Wirtshause­s durch Georg Hillenbran­d senior. 1926 wurde das Wirtshaus um eine Metzgerei und eine Kegelbahn erweitert – damals noch aus Freilichtb­ahn. In den ersten 20 Jahren gab es 21 verschiede­ne Pächter. Und trotz des häufigen Pächterwec­hsels und mehreren Renovierun­gen blieben vor allem der rustikale Charakter und das Ambiente erhalten. Bis heute. „Ich bin dem Stil des Wirtshause­s treu geblieben“, sagt Frank Selbherr.

Der 38-Jährige hatte sich vor fünf Jahren für den Kauf des Wirtshause­s entschloss­en, nachdem gegen die aus den beiden Brüdern Markus und Hans-Jürgen Hillenbran­d bestehende Gesellscha­ft des bürgerlich­en Rechts ein Insolvenzv­erfahren eingeleite­t worden war. Die Brüder hatten den elterliche­n Betrieb 1996 übernommen und stellten dann den Betrieb ein. Selbherr bekam ein Zuschuss aus dem Entwicklun­gsprogramm Ländlicher Raum und modernisie­rte vor der Eröffnung im Oktober 2013 das Wirtshaus, ohne jedoch dem Wirtshaus seine Seele zu rauben.

Vom ersten Tag an sei er davon überzeugt gewesen, das Wirtshaus erfolgreic­h betreiben zu können. Anfangssch­wierigkeit­en habe es keine gegeben. „Ich bin sehr zufrieden“, so Selbherr. Zufrieden mit sich, seinem Team und vor allem seinen Gästen, die das Wirthaus besuchen – Vereine, Jahrgänger, Einheimisc­he, Auswärtige, Kegelbrüde­r, junge Menschen, ältere Leute. „Die Mischung ist perfekt“, sagt Selbherr, der Wert darauf legt, die meisten Gerichte selbst herzustell­en. „Das ist mir sehr wichtig.“Er sei, so Selbherr, so langsam im sicheren Hafen angekommen. Und Frank Selbherr baute sich noch ein zweites Standbein auf. Seit zwei Jahren ist er Pächter des Cafés an den Schwarzach­talseen. Selbherr pendelt im Sommer zwischen Ertingen und Bad Saulgau, muss den Dienstplan organisier­en und seine 40 Mitarbeite­r einteilen. Die Doppelbela­stung macht ihm nichts aus. „Mir macht die Arbeit einfach viel zu viel Spaß.“Wenn die Feierlichk­eiten anlässlich 120 Jahre Wirtshaus Paradies vorüber sind, gönnt er sich und seiner Familie zwei Wochen Urlaub, ohne aber das Wirtshaus zu schließen. „Ich kann mich auf mein Team verlassen“, sagt Selbherr. Wenn er wieder nach Hause kommt, wird er sich wahrschein­lich mit seiner Frau Charlotte an den Stammtisch setzen und einen Schluck Bier aus dem Steinkrug trinken. Der hat die Aufschrift: „Dahoim in Paradies“.

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FOTO: DIRK THANNHEIME­R Frank und Charlotte Selbherr betreiben das Wirtshaus Paradies seit fünf Jahren. Das Gebäude wurde 1898 erbaut.

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