Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Ein bisschen zu viel Eis gegeben
Ravensburg Towerstars kassieren beim EC Bad Nauheim ein 5:7 – Die erste Niederlage der DEL2-Saison
BAD NAUHEIM (sz) - Es soll Menschen geben, die scheuen Wiedersehensfeste: zu viele Sentimentalitäten mitunter, zu viel los fast immer. Das Gastspiel der Ravensburg Towerstars bei den Roten Teufeln des EC Bad Nauheim hatte durchaus etwas von einem Wiedersehensfest: Radek Krestan, Dennis Reimer und Maximilian Brandl waren auch schon in Oberschwaben auf dem Eis aktiv, gehören nun aber bereits die dritte (Krestan) beziehungsweise zweite Saison (Reimer, Brandl) zum puckbearbeitenden Personal der Hessen.
Insofern: kaum Sentimentalitäten vorab. Aber extrem viel los, gleich vom Eröffnungsbully an. Das erste Drittel beim Ravensburger DEL2Gastspiel am Sonntagabend vor 1680 Zuschauern im Colonel-Knight-Stadion war eines fürs Publikum, keines für beide Trainer. Sieben Tore, Spektakel satt also, aus dem die Towerstars wohl gerne konzentrierter, defensiv zupackender hervorgegangen wären. Das misslang, und weil die Offensive nicht mehr allzu viel Effizienz zeigte in den folgenden 40 Minuten, auf der Gegenseite aber Andrej Bires einen Tag zum Einrahmen erwischt hatte, hieß es am Ende 7:5 (4:3, 2:1, 1:1) für die Hessen. Erstmals verloren, die Chance auf die Tabellenführung (nach der Lausitzer 2:6-Niederlage gegen die Löwen Frankfurt eineinhalb Stunden zuvor) nicht genutzt: Trainer Jiri Ehrenberger dürfte einiges nachjustieren die kommenden Tage.
Keine Minute war vorbei, da hätte es 0:2 heißen können. Zunächst Ilkka Pikkarainen, alsbald Robin Just standen Nauheims Schlussmann Jan Guryca Aug’ in Aug’ gegenüber, zielten jedoch vorbei. Die dritte Möglichkeit war die erste der Gastgeber, ein Break, zwei auf eins, fein quergelegt von Andrej Bires, humorlos vollendet von Cody Sylvester. Die Towerstars lagen zurück – um exakt 90 Sekunden später zu führen: Erst nutzte Thomas Merl den – wenigen – Platz am kurzen Eck, um mittels einer Pirouette die Scheibe ins Tor zu tanzen, dann war David Zucker Nutznießer einer schnellen Puckstafette über Olivier Hinse und Tim Brunnhuber. Die beste Ravensburger Phase war eingeleitet, fortan liefen Spieler und Spielgerät.
Dem 4:4 folgt die Bires-Gala
Bis zur Drittelmitte sah man quasi Einbahnstraßenhockey, nach einer Strafe für Maximilian Kolb allerdings ging es in die andere Richtung. Und das schließlich mit Macht: An der blauen Line nahm Mike Dalhuisen Maß. Viel Verkehr, wenig Sicht, 2:2. Topscorer Andreas Driendl hatte beim ersten Gäste-Powerplay die rasche, richtige Antwort parat, wieder lagen die Towerstars auf Kurs. Bis Andrej Bires abermals mit viel Übersicht auflegte, Marcel Kahle verwertete, gerade als Daniel Pfaffenguts Strafe überstanden war. Dass EC-Kapitän Brandl danach auch noch die Lücke zwischen Torhüter Jonas Langmanns Schonern fand, passte irgendwie ...
Passend wohl auch die Kabinenansprache von Towerstars-Coach Ehrenberger. Fünf Sekunden waren im Mittelabschnitt von der Uhr, da hieß es 4:4. Ondrej Pozivils Schlenzer war keiner Marke „unhaltbar“, weshalb der düpierte Jan Guryca vom Eis ging. Hendrik Hane kam für ihn, der 18-jährige etatmäßig dritte Torhüter der Kurstädter. Ein bemerkenswert abgebrühter 18-Jähriger, was später vor allem Olivier Hinse bei einigen veritablen Chancen registrieren musste. Zunächst aber: die Gala des Andrej Bires. Daniel Schwambergers Strafzeit animierte ihn zu einem Überzahlsolo aus der eigenen Zone, die WeißBlauen hatten da etwas von Statisten. So richtig aufhalten konnte den Torschützen niemand. Das wirkte nach, sodass erneut Bires Maß nahm. Zum 6:4. Wenn es läuft, dann läuft es.
Wenn nicht, dann endet ein „Wechselbad der Gefühle“(Jiri Ehrenberger) wie das vom Sonntag in einer Niederlage. Robbie Czarniks Anschlusstreffer – bedingt durch den einzigen Patzer von Hüter Hane, der dem Torjäger den Puck auf den Schläger legte – ließ nochmals Hoffnung aufkeimen, eine Strafe für James Livingston steigerte diese noch. Überzahl, das musste doch das Remis werden. Es wurde das 5:7 aus TowerstarsSicht, weil Dustin Sylvester seinen verdeckt-frechen Schuss geschickt verzögerte. Von „sehr guten Phasen, auch nicht so konsequenten Phasen“sollte Jiri Ehrenberger später sprechen. „Wir haben ab und zu ein bisschen zu viel Eis gegeben.“