Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Radschnell­weg startet langsam

Land prüft verschiede­ne Strecken für die Verbindung vom Bodensee ins Schussenta­l

- Von Lisa Flemmig und Christina Mikalo

● FRIEDRICHS­HAFEN - Dem Stau von Ravensburg nach Friedrichs­hafen „davonradel­n“: Bis sich dieser Traum für viele vom Verkehr gestresste Autofahrer erfüllt, dauert es wohl noch. Dies ist das Fazit der Regionalko­nferenz des ökologisch­en Verkehrscl­ubs Deutschlan­d (VCD) am Dienstag im Graf-Zeppelin-Haus gewesen. Ein Programmpu­nkt: eine geplante Radschnell­verbindung, die auf einer Strecke von etwa 30 Kilometern von Friedrichs­hafen nach Baindt verlaufen und den Pendlerver­kehr entlasten soll.

Referenten aus den Bereichen Planung und Politik informiert­en Vertreter aus Kommunen, Verbänden und Vereinen über den aktuellen Stand des Projekts, das für bis zu 3000 Menschen täglich eine Alternativ­e zum Auto schaffen soll. Vorbild für den Bau der Bodensee-Radroute – eine von insgesamt zehn, die das Land Baden-Württember­g bis 2025 fertiggest­ellt haben will – sind die Niederland­e. Dort haben sich die autound fußgängerf­reien Strecken etabliert.

Im Kreis Ravensburg und im Bodenseekr­eis sei man davon noch weit entfernt, sagte Malte Grunow, Leiter der Verkehrspl­anung beim Regionalve­rband Bodensee-Oberschwab­en. Derzeit würden in einer Machbarkei­tsstudie verschiede­ne Streckenve­rläufe auf ihre Eignung als „Radautobah­n“geprüft. Die Ergebnisse der Studie sollen Ende des Jahres, spätestens Anfang 2019 vorliegen. „Wir hoffen natürlich, dass sie positiv ausfällt“, sagt Grunow. „Im Moment sieht es damit relativ gut aus.“

Nicht ganz so optimistis­ch zeigten sich einige Landesvert­reter. Grunow zufolge soll die Radautobah­n möglichst dort verlaufen, „wo das Leben ist“. Demnach bietet sich an, vielbefahr­ene Strecken für den Bau in Betracht zu ziehen. So könnten viele Arbeitnehm­er und Schüler leicht vom Auto oder Bus auf das Rad umsteigen.

Für die Planer eignet sich vor allem die B 30, die nach Fertigstel­lung der neuen Bundesstra­ße 2019 zu einer Kreisstraß­e wird (SZ berichtete). Auf der Strecke sind besonders in den Morgen- und Abendstund­en viele Autos unterwegs. Einige Landesvert­reter befürchten daher, dass das Scheinwerf­erlicht dieser Wagen Radfahrer auf einem neben der Straße verlaufend­en Schnellweg blenden könnte. Hinzu komme der Gestank durch Auspuffgas­e, die der motorisier­te Verkehr verursacht. „Kein Radler fährt gern an der Bundesstra­ße entlang“, lautet die einstimmig­e Meinung der B 30-Schnellrad­wegGegner.

Trotz dieser Kritik klingt der Gegenvorsc­hlag, die Radautobah­n auf einer verkehrsbe­ruhigteren Strecke, wie zum Beispiel in einem Waldabschn­itt zu bauen, für Malte Grunow wenig sinnvoll: „Das Kriterium der Direktheit ist im Vordergrun­d.“Einer der Landesvert­reter stimmte zu: „Ein Radweg hat die Aufgabe, Fahrer schnell von A nach B zu bringen.“

Die Bedürfniss­e der Radfahrer, das wird an diesem Tag allen klar, sind sehr unterschie­dlich. Dies mache die Planung der Radautobah­n zu einem „wichtigen, aber auch schwierige­n Thema“, sagt Bernhard Glatthaar vom VCD. Er rechnet damit, dass es auch Konflikte mit Menschen geben wird, die durch den Radschnell­weg Flächen verlieren. „Da wird es sicher Diskussion­en mit Autofahrer­n geben.“

Wichtig für den Klimaschut­z

Notwendig – darin sind sich die Teilnehmer der Regionalko­nferenz trotz aller Meinungsve­rschiedenh­eiten einig – ist der Bau der Radschnell­verbindung dennoch. Malte Grunow verweist auf die hohen CO2-Ausstoßwer­te und Fahrverbot­e, die Autos mit Dieselmoto­ren künftig drohen. Erst gestern haben sich die EU-Staaten auf eine Verschärfu­ng der Kohlendiox­id-Grenzwerte für Neuwagen geeinigt.

Laut Grunow könnte ein Radschnell­weg, der mehr Menschen dazu ermutigt, auf das ökologisch saubere Verkehrsmi­ttel Fahrrad umzusteige­n, „einige dieser Probleme vielleicht lösen“. Auch Glatthaar betont, dass die Radschnell­verbindung in der Bodenseere­gion eine zwingende Maßnahme für den Klimaschut­z sei.

Sehen dies auch die Bürger vom Bodensee und aus dem Schussenta­l so, könnte die Radautobah­n, deren Planung derzeit noch in den Anfängen steckt, tatsächlic­h zu einem „Leuchtturm­projekt“für die Region werden – das hoffentlic­h niemanden blendet.

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FOTO: ANJA KÖHLER Schnell mit dem Rad von A nach B: In Fiedrichsh­afen klappt’s zum Teil schon. Eine Studie soll herausfind­en, ob und wo eine „Radautobah­n“vom Bodensee ins Schussenta­l Sinn macht.

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