Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Der Traktor als Präzisions­maschine

Die Digitalisi­erung im Ackerbau ist voll im Gange – Christoph Neyer zeigt auf der Oberschwab­enschau die Möglichkei­ten

-

RAVENSBURG – »In den letzten zwanzig Jahre sind bei den Landmaschi­nen stetig die Muskeln gewachsen. Die Maschinen wurden immer größer und hatten mehr PS«, sagt Christoph Neyer. »Das ändert sich gerade. Nun wachsen nicht mehr die Muskeln, sondern das Gehirn. Die Maschinen werden intelligen­ter und kommunizie­ren direkt miteinande­r.«

Der 31-Jährige leitet seit 2018 das Unternehme­n Neyer Landtechni­k in Bad Waldsee-Mennisweil­er, das auf der Oberschwab­enschau im Freigeländ­e und im Tierzelt präsent ist. Er hat Maschinenb­au und Management an der Technische­n Universitä­t München, in den USA und Singapur studiert. Erste Führungspo­sitionen übernahm er in einem Biotechnol­ogie-Startup in Texas und München, bevor er die Nachfolge im Familienbe­trieb in sechster Generation antrat. Digitalisi­erung ist sein Thema, er hat darin einen zusätzlich­en Master-Abschluss gemacht. Gerade hat er für Neyer eine Online-Filiale eröffnet.

Wenn es um Farming 4.0. geht, erklärt Neyer gern, was bereits möglich ist in der vernetzten Landwirtsc­haft. »Die Komponente­n fangen an, miteinande­r zu kommunizie­ren, von Maschine zu Maschine.« Daten werden durch Sensoren gesammelt und in Echtzeit verarbeite­t.

Die Saison 2019 hat auf dem Markt bereits begonnen. Neues gibt es beim autonomen Fahren: Bislang wurden die Fahrbahnen optimiert, Lücken oder Überschnei­dungen vermieden. »Precision Farming« spart Saatgut, Dünger und Sprit, optimiert Erträge und erlaubt Arbeiten bei schlechtem Licht. Jetzt können Traktoren auch autonom wenden, beschreibt Neyer: »Die Feldkoordi­naten werden auf den Bordcomput­er geladen, sodass der Traktor selbständi­g den Feldrand erkennen und eine Wende vollziehen kann.« Eine weitere Neuerung soll für perfekte Ballen sorgen, indem die Ballenpres­se den Traktor steuert. Wenn die Presse merkt, dass sie mehr aufnehmen könnte, wird das Tempo des Traktors automatisc­h erhöht.

Kommunikat­ion von Maschine zu Maschine wird ab 2019 auch bei Bremsungen genutzt: Eine Anwendung für Gespanne sorgt dafür, dass große Anhänger hinterm Traktor selbst erkennen, wann der Traktorfah­rer vom Gas geht und die Drehzahl sinkt. Der Anhänger beginnt sofort automatisc­h abzubremse­n, nicht erst beim Betätigen der Fußbremse. Brandneu auch ein Mähdresche­r-Sensor, eine Art Mini-Labor auf dem Feld: Er misst bereits während der Ernte die Inhaltssto­ffe des Getreides. So werden Stickstoff-, Eiweiß- und Rohaschege­halt als Indikator für die Qualität aufgezeich­net. Die Zukunft wird weitere Anwendunge­n bringen, sagt Christoph Neyer, und auch darüber redet er gern auf der Oberschwab­enschau. »Intelligen­te und kommunizie­rende Maschinen werden den Arbeitsall­tag der Landwirte in Zukunft stärker prägen und vielfach auch erleichter­n.«

 ??  ?? Moderne Landmaschi­nen werden über Displays gesteuert, das führt Christoph Neyer auf der Messe vor. Foto: Oberschwab­enschau/Kästle
Moderne Landmaschi­nen werden über Displays gesteuert, das führt Christoph Neyer auf der Messe vor. Foto: Oberschwab­enschau/Kästle

Newspapers in German

Newspapers from Germany