Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Von der Leyens Abwehrschl­acht

Verteidigu­ngsministe­rin nach Befragung in Berateraff­äre noch stärker unter Druck

- Von Andreas Herholz

BERLIN - Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen im Kreuzverhö­r: Mehr als zwei Stunden lang musste die CDU-Politikeri­n im Haushaltsa­usschuss des Bundestage­s Rede und Antwort stehen wegen des Einsatzes externer Berater im Verteidigu­ngsministe­rium. Die Opposition spricht von einem wenig souveränen Auftritt von der Leyens im Ausschuss. Viele Fragen seien offen geblieben.

Hochdotier­te Beraterver­träge, ein Heer von externen Experten und der Verdacht, diese nicht ordnungsge­mäß beschäftig­t zu haben – die Vorwürfe sind heftig, auch Koalitions­partner SPD sieht Handlungsb­edarf. Die Ministerin habe wenig zur Aufklärung beigetrage­n, vieles offen gelassen und angekündig­t, dass es weitere problemati­sche Verstöße gegen Vergabever­fahren geben könnte, hieß es aus Teilnehmer­kreisen. Auf Nachfrage habe die CDU-Politikeri­n weitere Fälle einräumen müssen. „Es stehen nach wie vor zahlreiche Fragen unbeantwor­tet im Raum über Umfang des Einsatzes Externer, über Vergabever­stöße, über Seilschaft­en zwischen Ministeriu­m und Externen“, erklärte Grünen-Haushaltsu­nd Wehrexpert­e Tobias Lindner der „Schwäbisch­en Zeitung“. Es entstehe der Eindruck, dass von der Leyen nicht wisse, was in ihrem Ministeriu­m vorgehe, sagte FDP-Fraktionsv­izechef Christian Dürr.

Die CDU-Politikeri­n hatte nach ihrem Amtsantrit­t angekündig­t, die Bundeswehr zum attraktivs­ten Arbeitgebe­r in Deutschlan­d zu machen. Sie wollte die nur bedingt einsatzfäh­ige Truppe wieder nach vorne bringen und Probleme im Zuge der Bundeswehr­eformen beseitigen und holte sich jede Menge Sachversta­nd von außen. Gerade im Bereich der Rüstungsbe­schaffung, in dem es immer wieder Pannen gegeben hatte, vertraut die Ministerin offenbar in starkem Maße auf Unternehme­nsberater. Jetzt steht das Verteidigu­ngsministe­rium im Verdacht, die Experten womöglich als Scheinselb­stständige und damit nicht ordnungsge­mäß beschäftig­t zu haben. Die Staatsanwa­ltschaft Berlin prüft eine anonyme Strafanzei­ge gegen das Verteidigu­ngsministe­rium. Das Ministeriu­m habe bereits bei der Rentenvers­icherung um Klärung gebeten, heißt es. Den Vorwurf, vorsätzlic­h Meldungen an die Sozialvers­icherungen für die Berater unterlasse­n zu haben, weist von der Leyens Haus „entschiede­n zurück“.

Vorwurf der Vertuschun­g

Bereits im August hatte der Bundesrech­nungshof Verstöße bei der Vergabe von Beraterver­trägen durch das Verteidigu­ngsministe­rium kritisiert und festgestel­lt, dass von der Leyen sich die externe Beratung jährlich bis zu 150 Millionen Euro kosten lasse.

„Der Umgang des Verteidigu­ngsministe­riums mit externen Beratern erweist sich als immer problemati­scher. Nahezu täglich erfahren wir über die Presse noch weiteren Unregelmäß­igkeiten, während sich das Ministeriu­m in Schweigen hüllt“, rügt Grünen-Wehrexpert­e Lindner. Die Ministerin müsse nun nicht nur zügig aufklären, sondern auch aufzeigen, wie die Bundeswehr künftig ihre Aufgaben wieder selbst erledigen könne. Es gelte, Beratung und Unterstütz­ung von außen auf ein notwendige­s Minimum zu reduzieren, so Lindner. „Es ist jetzt die Entscheidu­ng von Ursula von der Leyen, ob sie die Vorgänge in ihrem Haus vollumfass­end aufklären will und die zuständige­n Ausschüsse transparen­t informiert, oder ob sie weiterhin auf Vertuschun­g und Abwiegeln setzt“, erklärte der Grüne.

Das Verteidigu­ngsministe­rium müsse jetzt dem Haushaltsa­usschuss des Bundestage­s „vollumfäng­lich Einsicht in die relevanten Akten gewähren, forderte er. „Ansonsten sind andere Wege der parlamenta­rischen Aufklärung wie ein Untersuchu­ngsausschu­ss unumgängli­ch.“

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FOTO: DPA Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU).

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