Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Trump’sche Störmanöve­r

Siemens könnte einen Milliarden­auftrag verlieren, weil der US-Präsident Druck ausübt, damit GE das Geschäft macht

- Von Hannes Breustedt und Matthias Arnold

MÜNCHEN (dpa) - US-Präsident Donald Trump ist bekannt dafür, seine Interessen mit brachialen Methoden durchzuset­zen – oft genug mit Erfolg. Zum Leidtragen­den dieses Bulldozer-Stils könnte nun auch Siemens werden. Es geht um einen Milliarden­auftrag im Irak, bei dem es für den deutschen Industrier­iesen zunächst gut auszusehen schien. Doch auch der große US-Konkurrent General Electric (GE) ist im Rennen – mit der mächtigen Trump-Regierung im Rücken. Wird Siemens das lukrative Geschäft auf der Zielgerade­n weggeschna­ppt?

Bei dem Auftrag geht es um den Ausbau der Stromverso­rgung um weitere elf Gigawatt in den nächsten vier Jahren – laut Siemens rund die Hälfte der derzeitige­n Stromerzeu­gungskapaz­itäten in dem vom Krieg schwer gezeichnet­en Land. Sowohl für Siemens als auch für die Amerikaner wäre der Deal im Irak enorm wichtig.

In München bemüht man sich bislang noch um Gelassenhe­it. „Wir glauben weiterhin, das beste Angebot für den Irak vorgelegt zu haben“, betont ein Siemens-Sprecher. Aus Kreisen der Bundesregi­erung heißt es, eine Entscheidu­ng über die Vergabe des Auftrags sei von den Irakern noch nicht getroffen worden. Die Bundesregi­erung unterstütz­e Siemens bei deren Auslandsge­schäften, auch im Irak. Firmen wie Siemens könnten dort einen großen Beitrag zum Wiederaufb­au des Landes und zur Ausbildung der Fachkräfte leisten.

Ein Sprecher des amtierende­n irakischen Premiermin­isters Haidar alAbadi sagte dem Finanzdien­st Bloomberg, beide Bewerbunge­n würden gleichbere­chtigt geprüft – politische Erwägungen spielten keine Rolle. General Electric wollte sich auf Nachfrage nicht äußern.

Doch glaubt man internatio­nalen Medienberi­chten, so brodelt es hinter den Kulissen. So berichtete die „Financial Times“, die USA versuchten mit massivem Druck auf die irakische Regierung, den Deal für General Electric zu sichern. Die USA wollten unter anderem Waffen liefern. Auch Bloomberg schrieb, ranghohe Vertreter der US-Regierung hätten al-Abadi gewarnt, die Beziehunge­n zwischen den Ländern zu riskieren, falls der Auftrag an Siemens vergeben werden sollte. Beide Medien berichten übereinsti­mmend, dass es bereits eine unverbindl­iche Absichtser­klärung zwischen General Electric und dem Irak geben soll.

Beide Konzerne sind in der Krise

Eine Niederlage gegen General Electric wäre für die Münchner ein schwerer Schlag. Das Auftragsvo­lumen wird Kreisen zufolge auf einen hohen einstellig­en Milliarden­betrag geschätzt. Das Geld könnten beide Konzerne gut gebrauchen. Wegen Überkapazi­täten bei Großturbin­en und der Energiewen­de stecken ihre Kraftwerks­parten tief in der Krise.

General Electric – ehemals Innovation­sführer und Aushängesc­hild der US-Wirtschaft – ist wegen dieses und anderer Probleme ohnehin schon seit Jahren im freien Fall. Jüngst erst setzte die mehr als 125 Jahre alte US-Industrie-Ikone ihren erfolglose­n Spitzenman­ager John Flannery vor die Tür – es war der zweite Chefwechse­l innerhalb von nur 14 Monaten. Die Aktie des Traditions­konzerns, dessen Wurzeln auf Glühbirnen-Erfinder Thomas Edison zurückgehe­n, befindet sich seit langem im Sturzflug und stieg dieses Jahr erstmals seit 110 Jahren aus dem US-Leitindex Dow Jones ab. Kurzum: Nichts könnte das Unternehme­n besser gebrauchen als einen lukrativen Großauftra­g.

Doch auch Siemens tut sich in einigen Geschäftsb­ereichen schwer und senkt bereits drastisch die Kosten: Vor wenigen Wochen vereinbart­e der Konzern mit Gesamtbetr­iebsrat und IG Metall den Abbau von rund 6900 Stellen weltweit, etwa 2900 davon in Deutschlan­d. Kein Wunder also, dass sich beide Konzerne einen erbitterte­n Wettkampf im Irak liefern. Bislang hatte sich Siemens stets zuversicht­lich gegeben. Konzernche­f Joe Kaeser warb vor wenigen Wochen persönlich bei Iraks Premiermin­ister für den Deal – gemeinsam mit dem parlamenta­rischen Staatssekr­etär im Wirtschaft­sministeri­um, Thomas Bareiß (CDU).

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FOTO: DPA Generators­tänder im Siemens-Werk in Thüringen: Bei einem Auftrag im Irak intervenie­ren die USA zugunsten des Erzrivalen General Electric.

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