Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Unterwaldhausen ist kein Kuhnest mehr
Die letzte Kuh in der Gemeinde hat Anfang Oktober ihren Stall verlassen
UNTERWALDHAUSEN - Das war sie, die Rotbraune mit dem schwarzen Fleck am Kinn. Die letzte Kuh in der Gemeinde Unterwaldhausen hat Anfang Oktober ihren Stall verlassen. Jetzt gibt es in dem kleinen Straßendorf, wo es früher nur Höfe und Bauern gab, keine Kühe und keine Milch mehr. Der Hahn kräht zwar noch, aber mit dem Muh ist es aus. Es gibt noch zwei Vollerwerbslandwirte. Der eine hat Schweine und der andere bewirtschaftet nur noch seine Felder. Ansonsten gibt es laut Statistik noch fünf Nebenerwerbslandwirte mit Ziegen, Schafen, Hühnern, Mulis und Pferden.
Der strukturelle Wandel ist vollzogen und aus dem Kuhnest ist ein ländliches Wohndorf geworden. Die letzte Kuh war 14 Jahre alt und wurde von Rese Uhl jeden Tag zweimal gemolken, um die Familie mit Milchprodukten zu versorgen. Geboren in den 1930er-Jahren auf einem Hof in Billafingen bei Überlingen, hat sie die Entwicklung der Landwirtschaft in den vergangenen 80 Jahren hautnah miterlebt. Damals war es ein Luxus, eine Kuh zu besitzen und sich selbst versorgen zu können.
1964 kam sie auf den Hof nach Oberwaldhausen, wo sie zu Spitzenzeiten 16 Kühe gemolken hat. Mit den technischen Neuerungen stiegen auch zunehmend die Anforderungen an die Milchproduktion und die Tierhaltung mit automatischen Melksystemen und Freilaufställen. Investitionen, die kleine Betriebe nur schwer schultern können, sodass viele Landwirte zum Aufhören gezwungen und im Nebenerwerb die Auflagen zu hoch sind, um weiterzumachen. Am Schluss blieb nur noch die Rotbraune mit dem schwarzen Fleck am Kinn, die sich zwar nicht lohnte, doch Bestandteil des Bauernhofs war, bevor eine Ära zu Ende ging.