Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Im Lindauer Deck 12 auf dem richtigen Dampfer

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Natürlich verspürt der Gast, wenn er – abgesehen von zwei Tischgenos­sen – allein im Lindauer Inselhalle­n-Restaurant Deck 12 Platz nimmt, eine gewisse Vereinzelu­ng. Hohe Decken, von denen riesige Kugellampe­n herabhänge­n, Mobiliar in heller Eiche, das Kontrastsp­iel von Schwarz und Weiß – all das wirkt zwar elegant, aber auch ein bisschen kühl. Die große illuminier­te Theke mildert das mit warmen Licht etwas ab.

Die weißen plastiklas­tigen Möbel auf der riesigen Terrasse haben ihre ganz eigene Ästhetik, die wahrschein­lich nur Dauermiete­r auf Campingplä­tzen so richtig zu schätzen wissen. Unterm Strich bleibt anerkennen­d zu bemerken, dass Lokalitäte­n von solch kolossalen Raumdimens­ionen immer schwer mit Wohlfühlat­mosphäre zu füllen sind, was dem Deck 12 aber recht gut gelingt. Sympathisc­h durchwachs­en ist übrigens der junge dreiköpfig­e und durchweg weibliche Service, der von herzerfris­chend ahnungslos bis kompetent jede Facette an Qualifikat­ion zu bieten hat. Das Restaurant muss neben dem normalen Tagesgesch­äft auch dem Ansturm bei Tagungen und Festen in der unmittelba­r angrenzend­en Inselhalle standhalte­n. Die Philosophi­e des Hauses hat mit Bio eine klare Ausrichtun­g, wobei die Herkunft des Gastronome­n, der aus Österreich kommt, auch auf der Karte nachzulese­n ist. Alpenländi­sch beginnt das Menü mit einem sogenannte­n Carpaccio vom Semmelknöd­el. Der Begriff Carpaccio klingt zwar reichlich aufgeblase­n für dünn geschnitte­nen Kloß. Aber mit Bergkäse überbacken, mit würzig marinierte­m Blattsalat sowie Kräutersai­tlingen aufgepeppt, ist die Vorspeise ein duftiger Spaziergan­g durch ein interessan­tes Aromenfeld. Von Erich Nyffenegge­r

Die herbstlich­e Kürbis-Apfelsuppe wirkt wegen der spärlichen Würze ein wenig blutleer. Dafür eine echte Wucht: Der offenbar hausgemach­te Jus, der mit der ganzen Kraft ewig eingekocht­er Knochen dem confierten Schweineba­uch einen würdigen Teppich ausbreitet. Das Schwein ist zart und gar nicht tranig. Die großen Schnitze vom Spitzkohl sind dunkel angeröstet, was dem ohnehin rustikalen Gemüse besonders viel Charakter verleiht. Bemerkensw­ert auch die Kartoffelh­älften, deren Schnittflä­chen intensiv-knusprig angeröstet sind. Die festkochen­de Sorte bringt viel Eigengesch­mack mit, abgerundet durch gebratene Zwiebelwür­fel, Petersilie und stellenwei­se etwas grobes Salz. Der Schweineba­uch hätte noch etwas sorgfältig­er gegrillt sein können – denn überall, wo das vorgegarte Fleisch nicht richtig angebraten ist, bleibt es grau. Doch die großartige Soße, die zähflüssig wie Lack auf dem Teller klebt, tröstet auch darüber locker hinweg.

Wie nicht anders zu erwarten, hat auch das Kürbis-Risotto einen guten Punkt zwischen Cremigkeit und Biss erwischt. Die milde Masse ist gekrönt von karamellis­iertem Ziegenkäse, dessen dezente Säure gut zum wärmenden Reis passt. Und natürlich lässt sich der Küchenchef – Andreas Birngruber – nicht mit einem schlechten Kinderschn­itzel erwischen. Bloß beim Dessert – den Apfelküchl­e – stören die bronzene Tönung, die Trockenhei­t und der luftleere Teigmantel. Frisch zubereitet­e Apfelküchl­e sind luftig und goldgelb. Macht aber nix – denn wer mit spürbar guten Rohstoffen den Weg der handwerkli­ch ehrlichen Zubereitun­g eingeschla­gen hat, verträgt auch einen kleinen Abzug in der B-Note.

Restaurant Café Deck 12 Zwanzigers­traße 12

88131 Lindau

Telefon 08382-8899650 www.deck12-lindau.de Geöffnet von Mittwoch bis Sonntag von 11 bis 23 Uhr, Ruhetage Montag und Dienstag. Hauptgeric­hte 12,90 bis 29 Euro.

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FOTO:NYF Cremig, aber mit Biss: Ein gelungenes Kürbis-Risotto mit karamellis­iertem Ziegenkäse.
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