Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
So päppelt Familie Graf kranke Igel auf
Das Ehepaar gibt Tipps, wie Igelsäuglinge und kranke Igel zu versorgen sind
HOCHDORF - Igel stehen seit 25 Jahren unter Naturschutz. Trotzdem geht es den Tieren seit einigen Jahren zunehmend schlechter. Der Grund: Es fehlt an Lebensraum und richtiger Nahrung. Glück haben jene Igel, die es nach Hochdorf zu Gerda und Hubert Graf schaffen. Die beiden sind große Igelfreunde und kümmern sich mittlerweile schon seit 15 Jahren um die kleinen Stachelträger.
Mit einem einzelnen Igel, den sie bei sich aufgenommen hat, habe es angefangen, erzählt Gerda Graf. Das habe sich herumgesprochen – und immer mehr hilfsbedürftige Igel fanden den Weg nach Hochdorf. Durch einen Kontakt zum Tierheim in Biberach habe sie dann begonnen, auch die dort abgegebenen Igel zu übernehmen. Tatkräftig unterstützt wird sie dabei von ihrem Mann Hubert.
„So ein Igel braucht eigentlich 24 Stunden Beobachtung und Versorgung“, erklärt Gerda Graf. „Wenn wir einen Igel bei uns aufnehmen, wird zuerst der Gesundheitszustand protokolliert. Er wird gewogen, auf äußerliche und innerliche Parasiten untersucht und – wenn nötig – mit Medikamenten behandelt oder mit speziellen Zusätzen gebadet“. „Junge Igel werden von ihrer Mutter bis zu einem Gewicht von 200 Gramm gesäugt“, erklärt Hubert Graf. „Diese Versorgung übernehmen wir und füttern die jungen Igel alle paar Stunden mit Esbilak, einer besonderen Welpenmilch“. Da Igel nachtaktiv sind, ist klar, dass so manche Stunde Schlaf der Leidenschaft der Grafs zum Opfer fällt.
Tipp 1: Igelbabys in Not
Höchste Alarmstufe sei geboten, wenn man tagsüber auf einen Igel träfe, sagen sie. „Dann ist er ziemlich sicher in Not“. Es könne sich um Igelbabys handeln, die vom Hunger getrieben das Nest verlassen, weil die Igelmutter verunglückt ist. „ Sie würden nie aus dem Nest gehen, wenn die Mutter noch da wäre.“Mutterlose Igelsäuglinge bräuchten schnelle und fachkundige Hilfe, genau so wie größere Igel, die verletzt oder geschwächt sind. Jede Stunde Verzögerung entscheide über Leben und Tod.
Tipp 2: Wie ein Igel aussehen soll
Habe der Igel zu wenig Nahrung gefunden oder sei er von Innenparasiten befallen, sei das am Körper zu sehen. „ Ein gesunder Igel ist rundlich und hat glänzende Augen und eine feuchte Nase. Ein kranker Igel erscheint eher lang gezogen und birnenförmig, hat eine Einbuchtung hinter dem Kopf, die sogenannte Hungerfalte, und eher schlitzförmige Augen“. Ganz wichtig sei bei der Versorgung, dass die hilfsbedürftigen Igel, etwa mit einer Wärmflasche und einem Frotteehandtuch, warmgehalten werden. Die Bauchseite müsse sich warm anfühlen. Dann erst dürfe auch gefüttert werden, da sonst die Verdauung nicht funktioniere.
Tipp 3: Keine Mähroboter
Gerda und Hubert Graf ist es wichtig, mehr Menschen darüber aufzuklären, wie man einem Igel im eigenen Garten helfen kann, damit er erst gar nicht in Not kommt. Dazu seien naturnahe Gärten notwendig, die dem Igel einen Unterschlupf und Nahrung gewähren (siehe Kasten). Eine Gefahr gehe auch von den immer beliebter werdenden Mährobotern aus, warnen Gerda und Hubert Graf. Zum einen zerhäcksle das Gerät Käfer, Würmer und Schnecken und entzöge somit den Igeln die Nahrungsgrundlage. Zum anderen könnten Igel durch die Messer des Rasenroboters verletzt werden. Zum Schutz des nachtaktiven Igels sei es wichtig, diese nur bei Tag laufen zu lassen. Damit ein Igel gut durch den Winter kommt, sollte er Anfang Oktober mehr als 400 Gramm und Anfang November mehr als 600g Gewicht haben.
Tipp 4: Was Igeln schmeckt
Mit Futter- und Wassergaben, etwa in einem Untersetzer oder einer Vogeltränke, kann dem im heimischen Garten ansässigen Igel geholfen werden, das erforderliche Winterschlafgewicht zu erreichen. Der Igel sei kein Vegetarier, sondern ein ausschließlicher Fleischfresser. Dem ausgehungerten Igel könne man Katzennass- oder Trockenfutter oder – und das ist die Ausnahme – ungewürztes Rührei als Futter anbieten.
Tipp 5: Der Tierarzt
Die Grafs haben sich in den vergangenen Jahren zu wahren Spezialisten entwickelt, wenn es darum geht, sich um kleine, verletzte oder kranke Igel zu kümmern. Dabei hätten sie auch festgestellt, dass manchen Tierärzten die Kenntnisse über richtige Igelhilfe fehlen. So würden oft ungeeignete Medikamente, wie „Spot-on- Präparate“gegen Hautparasiten, wie Flöhe oder Zecken, gegeben, die zwar für Katzen und Hunde angebracht seien, aber für Igel tödlich enden können. Eine Entwurmung sollte nur, wenn notwendig und nach vorheriger Kotuntersuchung unter dem Mikroskop erfolgen.
Wünschen würden sich Gerda und Hubert Graf noch mehr Menschen und Tierärzte, die sich informierten, wie man richtig Igelhilfe leistet und die auch bereit sind, selber aktiv zu werden und in Not geratene Igel bei sich aufzunehmen. Bei aller Tierliebe dürfe aber auch nicht vergessen werden, dass der Igel ein geschütztes Wildtier sei, dem man die Freiheit lassen muss. „Ein Igel ist kein Haustier und kein Spielzeug für Kinder. Nicht jeder Igel benötigt menschliche Hilfe, aber jede Hilfe muss richtig sein, “sagen die Grafs.