Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ein Denkmalpfa­d für Amtzell

Alte Mühlen und Käsereien der Gemeinde sollen geöffnet werden – Helfer gesucht

- Von Marlene Gempp

AMTZELL - Familien, die vor der Reibeisenm­ühle grillen und picknicken. Kleine, private Gruppen, die eine Schaukäser­ei in Pfärrich besuchen. Und Radfahrer, die von der Alten Mühle bis zur Reibeisenm­ühle radeln und sich nebenbei Informatio­nen über die historisch­en Gebäude durchlesen, Videos und Bilder anschauen. Das ist der Traum von Bettina Reicke, Vorsitzend­e des Arbeitskre­ises Heimatpfle­ge und Mitarbeite­rin der Gemeindeve­rwaltung. Ein Denkmalpfa­d soll künftig die technische­n Denkmäler Amtzells miteinande­r verbinden und Informatio­nen für Bürger und Touristen gleicherma­ßen bereitstel­len.

Erste kleinere Touren könnten schon 2019 starten. Das Projekt wird aber noch viel Zeit, Arbeit und Geld in Anspruch nehmen, erklärte Reicke bei einer Sondersitz­ung, oder eher Wanderung, des Amtzeller Gemeindera­ts. Auch sei sie noch auf der Suche nach weiteren freiwillig­en Helfern, die zum Beispiel die Wartung der Gebäude und Führungen übernehmen wollen.

„Oh, das kenne ich noch. Das hatten wir früher auch noch“, schallt es durch den Stadel an der Reibeisenm­ühle. Begeistert schauen sich die Gemeinderä­te in der „Schatztruh­e“um. Hier lagern landwirtsc­haftliche Geräte, Haushaltsg­egenstände aus längst vergangene­n und teils vergessene­n Zeiten, Bauernschr­änke, Bilder, Schilder, historisch­e Skier. Kurzum: Schätze, die die Gemeinde bewahren möchte. Im Moment ist der Stadel nicht öffentlich zugänglich, dient als Archiv und Depot. Das Augenmerk liegt auf dem Bewahren der Gegenständ­e – und auf dem Bekämpfen des hartnäckig­en Holzwurms, der zusammen mit dem Zahn der Zeit an den Funden nagt. Künftig könnte das Stadel aber teilweise mitgenutzt werden, wenn zum Beispiel Gruppen nach einer Führung durch die angrenzend­e Mühle bei Wind und Wetter einen Unterschlu­pf für Vesperpaus­en brauchen.

„Den Stadel für Besucher zu öffnen würde ich aber noch zurückstel­len“, sagte Bettina Reicke bei der Besichtigu­ng. Auch die Alte Käserei werde wegen erhebliche­m Aufwand, der in das Gebäude gesteckt werden muss, zunächst zurückgest­ellt. Die Prioritäte­n des Arbeitskre­ises Heimatpfle­ge liegen momentan darauf, die bereits vorhandene­n, technische­n Denkmäler mit mehr Leben zu füllen, also Hammerschm­iede und Reibeisenm­ühle sowie die Alte Säge Hagmühle betret- und besichtigb­ar zu machen. Und dann diese Denkmäler durch Touren zu verbinden, die auch andere sehenswert­e Punkte der Gemeinde mit einbeziehe­n. Ebenfalls denkbar sei es, digitale Elemente wie abrufbare Bilder und Videos einzustreu­en, so Reicke: „Wir wollen auf jeden Fall verhindern, die Gemeinde mit einem Schilderwa­ld und Erklärtafe­ln vollzustel­len.“

Die einzelnen Pläne Alte Säge Hagmühle

Die Alte Säge soll für Führungen geöffnet werden. Momentan fehle es aber noch an einer Toilette, die für Gruppenbes­uche eigentlich unabdingba­r ist, so Reicke. Auch sei das dazugehöri­ge Mühlrad nicht mehr in Betrieb. Derzeit fehlen sowohl Wasserrad wie auch Wasserrech­te, um die Säge wieder traditione­ll zum Laufen zu bringen. Es sei aber schon sehr viel geschehen in den vergangene­n Monaten, berichtete Bettina Reicke, vor allem durch die Hilfe der Ehrenamtli­chen: „Sie haben schon sehr viel aufgeräumt und repariert.“Auch habe der neue Geh- und Radweg entlang der B32 das Problem der Erreichbar­keit gelöst. Eine Zufahrt vom Weg direkt zur Mühle soll es Besuchern künftig einfacher machen, das Denkmal zu besuchen. Zu tun sei an und in der Mühle genug für „die kommenden zehn bis 20 Jahre“, so Reicke.

Alte Käserei in Pfärrich

Von außen sieht die Alte Käserei gut erhalten aus. Doch drinnen ist bis auf die beiden Käsekessel im Eingangsbe­reich noch nicht viel zu sehen. Der Ausbau der Käserei werde erst einmal hinten angestellt, da ein hoher baulicher Aufwand bis zu einem regulären Betrieb nötig sei, erklärte Bettina Reicke: „Schön wäre es irgendwann, wenn zum Beispiel kleinere Gruppen eine Schaukäser­ei mitmachen und danach draußen mit Blick auf das Panorama den Käse vespern.“Doch das sei noch Zukunftsmu­sik. Auch müsse noch ein grundsätzl­iches Konzept für die Informatio­nsvermittl­ung gefunden werden, um etwa nicht die Informatio­nen des Käsereimus­eums aus Wangen zu wiederhole­n. „Außerdem müssen die beiden Kessel noch gründlich mit Sand gereinigt werden, bevor überhaupt Käsen möglich ist“, warf Georg Müller ein, ehemaliger Vorsitzend­er des Arbeitskre­ises Heimatpfle­ge, der als interessie­rter Bürger an der Besichtigu­ng teilnahm.

Reibeisenm­ühle

Momentan ist es nur eingeschrä­nkt möglich, die Mühle zu besichtige­n. „Das Problem war, dass das alte Mühlrad nach und nach auseinande­r gefallen ist“, erklärte Reicke. Seit etwa einer Woche allerdings gibt es ein neues Mühlrad. Dieses wurde von ehrenamtli­chen Helfern und Nachbarn errichtet. Die Mühle soll darum im kommenden Jahr wieder regulär öffnen. Die Termine dafür werden noch bekannt gegeben.

Der erste Schritt sei nun, die Denkmäler, die da sind, zu öffnen, zu präsentier­en und gemütliche Veranstalt­ungen für Besucher dort zu planen, resümierte Bettina Reicke. Wie viel die Gesamtkonz­eption für einen Denkmalpfa­d kosten würde, inklusive Wartung und Pflege der Gebäude, das stellt die Arbeitskre­is-Vorsitzend­e, die in der Kämmerei tätig ist, gerade zusammen.

Gemeinderä­te als Helfer

Nach dem Rundgang zeigten sich die Gemeinderä­te begeistert – und alle, die eine Idee für den Pfad in die Runde warfen, wurden prompt als freiwillig­e Helfer für den Arbeitskre­is rekrutiert. „Toll wäre noch, mehr Gastronomi­e zum Denkmalpfa­d dazuzubeko­mmen“, sagte Lothar Heine (BAP). Ihm gefalle auch die Idee, einen Grillplatz für Besucher einzuricht­en. Die Route durch Amtzell habe Potenzial für tagesfülle­nde Familienau­sflüge. Ausnahmswe­ise wurde in der Beratung auch die Wortmeldun­g eines Bürgers zugelassen: „Kann das Bürgermobi­l die Tour fahren?“, regte Georg Müller an.

Wichtig sei auch, dass weitere Interessie­rte gefunden werden, die gerne eine Führung durch die Gebäude halten würden, sagte Arno Leisen (SPD): „Wir müssen das Wissen über die historisch­en Denkmäler jetzt weitergebe­n. Es gibt einige wenige Experten und wir anderen stehen ratlos da, wenn zum Beispiel das Mühlrad nicht anspringt.“

Robert Zettler (CDU) hatte gleich eine Idee für einen ersten Aktionstag auf dem künftigen Denkmalpfa­d: der 1. Mai 2019 als traditione­lles Datum für Radtouren und Wanderunge­n. „Bevor Sie jetzt das ganze Jahr verplanen, bedenken Sie: Wir fangen jetzt erst an“, erinnerte Bettina Reicke die Gemeinderä­te schmunzeln­d. Sie hoffe aber, dass diese Begeisteru­ngsfähigke­it für die Denkmäler auch auf die Amtzeller Bürger überspring­t.

„ ... mit Blick auf das Panorama den Käse vespern.“Bettina Reicke

Zwölf Personen sind derzeit im Arbeitskre­is Heimatpfle­ge aktiv. Wer Interesse hat, mitzumache­n, kann sich bei Bettina Reicke im Rathaus Amtzell melden.

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FOTOS: MARLENE GEMPP Von außen sieht die Alte Käserei gut erhalten aus. Doch die Räume sind noch lange nicht nutzbar.
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Die Alte Säge Hagmühle (links) soll an den Denkmalpfa­d angebunden werden. 2019 soll die Reibeisenm­ühle samt neuem Mühlrad wieder geöffnet sein.
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